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Ein ehemaliges Waldkitakind geht zur Schule: ein erster Ein- und Rückblick und Besuch des Dialogforum der Deutschen Wildtier Stiftung

Herbsttag mit Kindern im Wald, Foto: Till Budde
Herbsttag mit Kindern im Wald, Foto: Till Budde

Es ist nun drei Jahre her, dass unsere erstgeborene Tochter eingeschult wurde. Mittlerweile steht unsere jüngere Tochter in den Startlöchern für die Vorschule. Ich erinnere mich noch geut daran, welche Gedanken meinem Mann und mir im Frühjahr und Sommerurlaub vor der Einschulung durch den Kopf gingen. Wird es ihr schwer fallen, sich in der Schule einzuleben?  Sowohl zwischen dem Alltag in einer Regelkita als auch in einer Waldkita und dem Schulalltag bestehen bereits in der ersten Klassenstufe schließlich erhebliche Unterschiede, was die Tagesstruktur und die Anforderungen angeht. In meinem Beitrag schreibe ich der Kürze wegen von (Wald)Kitas, da einige Themen, die ich ansprechen werde, auf beide Kitaformen, also Regel- und Waldkitas zutreffen.

Unsere zwei großen Elternfragen, die uns vor der Einschulung unseres Kindes beschäftigten, lauteten:

Wie wird unsere Tochter mit dem Wechsel von der Waldkita in die Grundschule zurecht kommen?
Hat sie das nötige Rüstzeug mitbekommen?

Die Antworten auf diese und weitere Fragen in diesem Zusammenhang versuche ich Euch aus meiner nun gewonnenen persönlichen Erfahrung zu berichten.

Natur entdecken, Foto: Till Budde
Natur entdecken, Foto: Till Budde

Die Zauberhafte Waldkitazeit unseres Kindes

Unsere Tochter hat vier wundervolle Jahre in einem integrierten Waldkindergarten in Berlin verbracht. Ein integrierter Waldkindergarten ist an eine Hauskita angeschlossen. Das bedeutet, die Kinder sind sowohl im Wald als auch zu bestimmten Zeiten im Haus. Klassische Wald- und Naturkindergärten haben hingegen „nur“ eine Schutzhütte oder einen Bauwagen im Wald.

Unser Kind spielte in ihrer Waldkitazeit einen Großteil des Tages frei und an der frischen Luft: Blätter wurden zu Decken, auf den Waldboden gelegte Stöcker zu imaginären Zimmern und Tipis wurden selbstverständlich auch gebaut. An den Wochenenden führte sie uns in den Wald und zeigte uns ihre Lieblingsplätze, die fantasievolle Namen trugen und auch wrklich auf ihre Art einen Zauber ausstrahlten. Sie tobte, wühlte in Matsch, sammelte Mistkäfer (im Waldkitasprech auch „Mistis“ genannt) und andere Insekten auf und bastelte die irrsten Gerätschaften und Accessoires (auch wenn sie ein wenig an den US-amerikanischen Horrorfilm Blair Witch Project erinnern, gebe ich zu, die aber dennoch in unserem Garten baumeln). Sie baute und kletterte, sprang, rutschte, schwankte und fiel auch das ein oder andere Mal im Wald hin (jedoch nie so schlimm, wie auf dem Schulhof vor einiger Zeit – so viel zum Thema, dass der Wald für Kinder aufgrund erhöhter Verletzungsgefahr gefährlich wäre). Das alles war ein toller Gegenpart zu den vielen Prinzessinnenkleidern und Barbiepuppen, mit denen sie Zuhause gerne spielte.

Unser Kind erlebte in der Natur hautnah Wachstum, Entfaltung und auch das Sterben von Tieren und Pflanzen. Ein totes Wildschwein im Wald, ich erinnere mich noch gut an ihre aufgebrachten Schilderungen. Ich erinnere auch ihr Treffen mit dem Förster und dem Imker. Alles tolle Erlebnisse von denen sie uns erzählte. Gleichzeitig herrschten eine Ruhe und Konzentration bei den Spielen der Kinder in der Natur, wie ich sie in einem geschlossenen Kitaraum nur seltene erleben durfte. Das ist auch nicht verwunderlich. Denn im Wald findet sich für jedes Kind ein passender Stock zum Spielen. Es gibt (je nach Radius in dem sich die Kinder von ihrer Gruppe entfernen dürfen) nahezu unendlich viel Platz. Jedes Kind findet in der natur seinen Rückzugsraum, wenn es ihn braucht. Auch das so genannte magische Denken der Kinder findet in der Natur einen wahrhaftigen Resonanzboden. Da wir Eltern ab und an mit der Gruppe unserer Kinder mit in den Wald durften, hatte ich die Gelegenheit, den ein oder anderen erlebnisreichen Tag mitzuerleben und die Waldtrolle zu beobachten.

Tipis bauen im Wald, Foto: Till Budde
Tipis bauen im Wald, Foto: Till Budde

Spielerisch bekam unsere Tochter (und ich denke auch die Eltern der anderen Kinder ihrer Gruppe würden das mit unterschreiben) von ihren Erzieherinnen und Erziehern (mit und ohne theoretische waldpädagogische Ausbildung) auch Elementares über die Natur mit auf den Weg. Aber ohne, dass dabei das Ziel verfolgt wurde, einen Output nach dem Motto „Imitiere diese und jene Vogelstimmen“ oder „Welche Baumarten kennst Du?“ zu erwarten. Und dass genau das nicht stattgefunden hat, finde ich richtig so. Das Elementarste was Kinder in der Natur und auch in einem Waldkindergarten mit auf den Weg bekommen können und meiner Meinung nach auch sollen, ist schlicht und einfach die Wertschätzung der Natur und alles was darin Empfindsames kreucht und fleucht. Auch wenn manches Wesen auf den ersten Blick vielleicht nicht so hübsch aussieht.

Ich möchte nicht so dogmatisch wirken, wie der Text jetzt vielleicht klingen mag. Ich bin in der Stadt groß geworden. Und deshalb erkenne ich so manche Unterschiede zwischen unserer Tochter und mir. Sobald wir beispielsweise mit unserer Tochter im Urlaub wandernd die Umgebung erkunden, legt sich bei ihr ein Hebel um. Sie entspannt sich und fängt an, sich unglaubliche Geschichten auszudenken. Zum Beispiel über die Tiere, denen wir am Wegrand begegnen. Ihr wildes Denken setzt stets nur im Freien ein. Währenddessen merkt sie kaum, wie viele Kilometer wir gerade zurücklegen.

Nils zeigt Dir den Waldkindergarten, Verlag neuDenken, November 2016
Nils zeigt Dir den Waldkindergarten, Verlag neuDenken, November 2016

Kinderbuch zum Thema Waldkindergarten

By the way: Ein sehr schönes Vorlese- und Bilderbuch, „Nils zeigt Dir den Waldkindergarten“, hat die Eingewöhung eines Kindes und den Alltag eines klassischen Wald- bzw. Naturkindergärten zum Thema. Es ist diesen Winter bei neuDENKEN erschienen und wurde von der Deutschen Wildtier Stiftung unterstützt. Alle Eltern, die sich mit dem Thema beschäftigen und ihren Kindern einen Waldkindergarten näher bringen möchten, sei dieses schön aufbereitete Buch von mir sehr empfohlen.

Waldkitakinder im Winter
Waldkitakinder im Winter

Die Umstellung von Kita zur Schule

Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht verständlicher, was uns Eltern vor der Einschulung bewegte. Wir sollten unsere Tochter auf eine Regelschule schicken, die für sie schnell und ungefährlich erreichbar ist, die sie durch einen dort stattfindenden Tanzkurs bereits lange Jahre kennt und auf die auch die meisten ihrer Freunde gehen. Die Schule sieht schön aus. Sie ist hell und ist von Wald umgeben. Aber ein waldpädagogisches Konzept hat sie natürlich nicht auf dem Tableau. Auch in dieser Schule muss unser Kind längere Zeit stillsitzen können und ist die meiste Zeit in geschlossenen Räumen. Dies wissend, überlegten wir, ob ihr diese Umstellung leicht oder schwer fallen würde. Wir hatten allerdings keine Befürchtung, dass sie Berührungsängste mit der Schule als Institution haben würde. Die Kita hatte der Schule im Vorhinein einen Besuch abgestatte. Und sie kennt bereits einige ältere Kinder auf der Schule. Wir hatten nur Befürchtungen, dass sie es langweilen könnte, so viel auf dem Stuhl zu hocken und diese engeren und deshalb oftmals lauteren räumlichen Gegebenheiten –  ich schreibe es mal dramatisch – zu ertragen.

4. Dialogforum der Patenkindergärten der Deutschen Wildtier Stiftung

Angeregt von einem Blogbeitrag, in dem ich unsere elterlichen Gedanken ins World Wide Web vor einiger Zeit hinausließ, wurde ich und unser Kitaleiter im November 2016 von der Deutschen Wildtier Stiftung zu einem Dialogforum eingeladen. Diese Naturschutzstiftung, hat sich das Thema Naturbildung auf die Fahnen geschrieben und wünschte im Rahmen einer Diskussionsrunde unter anderem von mir zu erfahren, wie sich unser ehemaliges Waldkitakind in der Schule bisher zurecht gefunden und wie hat es den Übergang dort gemeistert hat, wie es uns als Elternteil damit erging und was aus meiner Sicht eine Kita tun könnte, um auch Kinder und Eltern in dieser Übergangsphase zu unterstützen.

Kindertagesstätten sind ja ganz allgemein gesagt eine freiwillige Veranstaltung. Die Bildungspläne dienen dort der Orientierung und das Alter der Kinder ist in den Gruppen durchmischt. Der Schulbesuch hingegen ist (richtigerweise) Pflicht, der Bildungsplan ist das Kernelement und die Gruppen sind altersmäßig homogen.

Vorschularbeit in einem Waldkindergarten
Vorschularbeit in einem Waldkindergarten

Was können (Wald)Kitas und Grundschulen dafür tun, um Kindern ihren Übergang in die erste Schulklasse zu unterstützen?

Miriam Buse, M.A. Berufs- und Wirtschaftspädagogik, schilderte uns in ihrem sehr interessanten Vortrag mit dem Titel „Miteinander reden – gemeinsam gestalten. Zur Kooperation am Übergang von der Kindertageseinrichtung in die Grundschule.“  fundiert, wie (Wald)Kitas und Grundschulen miteinander im Kontakt stehen, welche Kooperationsmöglichkeiten in der Praxis ausprobiert werden und zu welchen Ergebnissen dies beitragen kann. Hintergrund der Fragen ist, dass etwa vier bis fünf Prozent der Kinder innerhalb der ersten zwei Schuljahre Schwierigkeiten beim Einleben haben.

Ich war als Außenstehende ganz erstaunt, welche Wege zwischen Kitas und Schulen überhaupt möglich sind. Laut der Befragung von Erzieher/-innen und Lehrer/-innen stellt sich heraus, dass für eine funktionierende Kooperation zunächst einmal die Basics wie gegenseitige Anerkennung, Wertschätzung und Kommunikation auf Augenhöhe stimmen müssen. Hört sich ja ganz logisch an. Selbstverständlich ist dies aber trotzdem noch lange nicht und wird aufgrund von Vorurteilen auf beiden Seiten nicht überall so praktiziert.

Interessanterweise kam laut einer Untersuchung von Maike Sauerhering heraus, dass sowohl Lehrkräfte als auch Erzieher/-innen die gleichen Ziele haben, nämlich:

  • die Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen,
  • die Förderung des Selbstbewusstseins,
  • und die Förderung fachspezifischer Kompetenzen.

Die Erzieher sind der Meinung, dass die Lehrkräfte fachspezifische Kompetenzen am wichtigsten wären, obwohl der Befragung zur Folge dem nicht so ist. Hier zeigt sich laut Frau Buse, wie wichtig Kommunikation, besseres Kennenlernen und gemeinsames Arbeiten sind um Fremdbilder der jeweils anderen Profession zu überprüfen. Kennen wir das nicht alle auch aus unserer beruflichen Praxis?

Insofern die beiderseitigen Vorurteile erst einmal aus dem Weg geräumt sind, stehen einem gegenseitigen Informationsaustausch, einer Arbeitsteilung und Co-Konstruktionen, gemeinsamen Fortbildungen und Waldprojekten, Lernwerkstätten und Hospitationen nichts entgegen.

Wie viel Eurostücke sind zehn Euro?
Wie viel Eurostücke sind zehn Euro?

Möglichkeiten des Austauschs und der Kooperationen für (Wald)Kitas und Grundschulen

Natürlich ist für einen Austausch und eine Kooperation ganz besonders Zeit und Vertrauen auf beiden Seiten notwendig. Sowohl bei (Wald)Kitaerzieher/-innen als auch bei der Lehrerschaft ist allerdings von der wertvollen Ressource Zeit nicht viel vorhanden. Insofern zwischen den Bildungsinstitutionen dennoch die ersten Bande geknüpft sind, können zum Beispiel Schnuppertage der (Wald)Kitakinder in der Grundschule angeboten werden. Hier lesen beispielsweise die Schüler/-innen den Jüngeren etwas vor, sie basteln gemeinsam oder schauen sich die Schulbücher und -materialien an. Durch dieses Beschnuppern können Berührungsängste von zukünftigen ABC-Schützen gegenüber der Schule ganz spielerisch abgebaut werden.

Die Waldkita unseres Kindes hat in der Vorschulzeit einen Fahrradausflug in die Grundschule unternommen. Mehr Formen der Kooperationen gab es allerdings nicht. Von Seiten der Waldkita gab es Interesse an einem regeren Austausch mit der Lehrerschaft. Da unsere ansässige Grundschule allerdings nicht nur mit der Waldkita, sondern mit weiteren Kindertagesstätten in Kontakt steht, gab es für mehr Kommunikation mit unserer Waldkita keine Kapazitäten, obwohl sicherlich seitens der Schule hier der Bedarf da ist. Ich denke, die Hürden des Zeit- und Personalmangels, organisatorische Probleme und unterschiedliche pädagogische Ausrichtungen der Förderinstitutionen treffen mit Sicherheit auf viele weitere Grundschulen genauso zu.

Das Projekt PONTE

Die Sozialpädagogin Astrid Buffi berichtete während des Dialogforums über ihre praktischen Erfahrungen im Rahmen des PONTE-Projekts, das in Sachsen, Berlin und Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde. „Ponte“ ist Italienisch und heiß übersetzt „Brücke“ und steht für die Verbindung zwischen Kita und Grundschule. Laut Bildungsserver ist das Ziel von PONTE, dass „…es in Kindergärten und Schulen ein angemessenes und aufeinander abgestimmtes Bildungsverständnis zu erreichen. Dazu werden beide Institutionen bei der Schaffung und Gestaltung von Lernsituationen unterstützt, die den Ansprüchen des Kindes wie denen ambitionierter Pädagogik gleichermaßen entsprechen“. Frau Buffi schilderte uns den praktischen Ablauf des Projekts anhand von ihren Erfahrungen. Es ging los mit dem Aufbau von Lerntandems zwischen Erzieher/-innen und Lehrerschaft, um die jeweils andere Kultur zu reflektieren und daraus Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu entwickeln. Danach folgten viele intensive Diskussionen in denen es teilweise auch hoch her ging. Frau Buffi fiel dennoch auf, das die Ziele von Kita und Schule gar nicht so weit auseinander liegen, wie sie und ihre Kolleginnen annahmen. Im Laufe der folgenden Treffen wurde viel diskutiert und letztendlich wurde dadurch ein aufeinander abgestimmtes Arbeiten zwischen Kita und Schule ermöglicht.

1, 2, 3...4, Zahlen schreiben und lesen lernen in der Vorschule
1, 2, 3…4, Zahlen schreiben und lesen lernen in der Vorschule

Sind Waldkitakinder gegenüber Regelkitakindern in der Grundschule im Nachteil?

Laut der Dialogforumteilnehmer/-innen, die von der Stiftung aus den verschiedensten Bundesgebieten nach Berlin geladen wurden und die von ihren jeweils unterschiedlichen Waldkitakonzepten berichteten, besteht in der Elternschaft stets die Sorge, dass eine Waldkita ihren Kindern im Gegensatz zu einer klassischen Kita nicht die Fertigkeiten und das Vorwissen mit auf den Weg geben könnte, das die Grundschule erwartet. Dabei geht es den Eltern meist um das Halten des Stifts, das Ausschneiden, ein wenig Lesen, Schreiben und Rechnen. Viele Eltern machen sich bereits vor der Anmeldung ihres Kinder in einer Kita darüber eine Menge Gedanken.

Die Vorschularbeit in Regel- und Waldkindergärten

Zunächst einmal: Die typische Vorschule als Zwischenstufe zum Kindergarten und Grundschule gibt es in Deutschland kaum noch. In Berlin wurde sie abgeschafft. Fast immer sind die Vorschulklassen heute, in denen die Fünfjährigen auf die erste Klasse vorbereitet werden, den Kindergärten zugerechnet. Wie die Kindergärten die Vorschule gestalten bleibt ihnen überlassen. Da früher viel weniger Kinder eine Kita besuchten, diente die Vorschule einst dazu, diese Kinder auf die Schule vorzubereiten damit sie auf dem gleichen Level einsteigen konnten, wie die Kinder, die bereits eine Kitabiographie hinter sich haben.

Heute gehen viel mehr Kinder in die Kita und sind deshalb viel weiter, so dass die typische Vorschule überflüssig wurde. Genau wie eine Regelkita, so können auch Waldkindergärten ihre Vorschularbeit selbst gestalten. Allerdings nutzen integrierte Waldkitas rein räumlich betrachtet andere Möglichkeiten der Gestaltung in ihrer praktischen Vorschularbeit als klassische Wald- und Naturkindergärten, die kein festes Haus haben.

Schultüten für Vorschulkinder in der Waldkita
Schultüten für Vorschulkinder in der Waldkita

Radikales vesus klassisches Vorschulkonzept

In den Wortbeiträgen der Teilnehmer/-innen stellte sich heraus, dass die Waldkitas ihre Vorschularbeit mit den Kindern inhaltlich sehr unterschiedlich gestalten. Einige Waldkitas agieren freier beziehungsweise radikaler. Andere halten sich enger an das klassische Konzept. Die Waldkita unserer Tochter gehört ich zu letzter Gruppe. Die Vorschule findet dort zwei mal wöchentlich zu morgens festen Zeiten in einem extra dafür eingerichteten Raum statt. Es werden Lehrhefte und -materialien genutzt, die berühmten Schwungübungen werden geübt und die Kinder lernen die Zahlen kennen. Außerdem wird viel gemalt, ausgeschnitten und gebastelt. Die Ergebnisse der Kreativarbeit haben wir zum Ende des letzten Kitajahres mit nach Hause nehmen dürfen und sind nun in einer schicken blauen A2-Mappe gut und sicher verwahrt. Zum Abschluss gab es im Rahmes des so genannten Neptunfests auch eine Urkunde und eine kleine gefüllte Schultüte. Die Vorschulkinder schwebten an dem Tag mindestens zehn Zentimeter über dem Waldboden.

Was ist meine persönliche Meinung zur Vorschularbeit?

Ich muss zugeben, dass wir uns bei der Kitaanmeldung unseres Kindes nicht so viel Sorgen darüber gemacht haben, wie die Vorschularbeit wohl ablaufen würde. Zumindest erinnern wir uns jetzt nicht mehr daran und das heißt, es kann keine allzu große Rolle gespielt haben.

Unsere Priorität lag vielmehr darauf, dass unser Kind in der Kita ein liebvolles, respektvolles und aufmerksames Umfeld vorfindet, in dem es sich in Ruhe entfalten, seine Interessen ausleben und sich viel draußen bewegen kann und Berührung mit der Natur bekommt.

Ich kann die kritischen Gedankengänge der Eltern dennoch in beide Richtungen nachvollziehen. Es ist wichtig, dass wir Eltern uns bei der Leitung einer Waldkita oder klassischen Kita vorab darüber informieren, wie die dortige Vorschularbeit abläuft. Ansonsten gibt es hinterher nur Enttäuschungen. Ein Kind ein Jahr vor Schulbeginn aus dem Gruppenverband der Kita rauszureißen, um es in einer Kita anzumelden, wo das vermeintlich bessere Vorschulprogramm angeboten wird, halte ich für das Kind für sehr bedenklich. In diesem Alter sind bereits feste Bindungen zu anderen Kindern und zu den Erziehern entstanden, die so gekappt werden würden. Das Kind müsste sich dann nicht nur an die Vorschule, sondern auch an die Umgebung und Regeln der neuen Kita gewöhnen, um dann zwölf Monate später wieder davon getrennt zu werden, weil es dann eingeschult wird. Falls ein Kind für die angebotene klassische Vorschularbeit der Kita noch nicht reif genug erscheint, weil es zum Beispiel noch zu verspielt oder verträumt wirkt, ist die Verschiebung der Vorschule um ein Jahr eine Möglichkeit.

Ich bin persönlich für den berühmten Mittelweg der Vorschularbeit (auch in einer Waldkita), der sowohl viel Raum und Zeit für freies Spiel und die Auseinandersetzung mit Themen, die die Kinder selbst mitbringen vorsieht, als auch die klassiche Arbeit mit Stift und Schere am Tisch einbezieht. Außerdem bin ich der Auffassung, dass ein Kind im Vorschulalter noch nicht unbedingt rechnen, lesen und schreiben braucht. Viele Kinder wollen es aber lernen, haben Spaß daran und dann ist es in Orndung, weil es von ihnen selbst kommt und das ist die beste Motivation. Auf keinen Fall sollten wir Eltern unser Kind dorthin drängen. Ansonsten verliert unser Kind die Freude am Lernen bevor die Schule begonnen hat.

3, 4, 5, 6, 7, 8...
3, 4, 5, 6, 7, 8…

Was erwarten die Grundschulen von den Erstklässlern?

Wie ich in einer Informationsveranstaltung von unserer ansässigen Grundschule im Herbst vor der Einschulung erfuhr, reicht es vollkommen aus, wenn das Kind seinen Namen lesen und schreiben kann. Der Lehrerschaft ging es in der Tat vielmehr darum, dass die Kinder eine gute Portion Selbständigkeit mitbringen,  sich für den Sportunterricht und die Pausen auf dem Schulhof zu eigenständig an- und auszukleiden und sich einen Moment auf etwas konzentrieren, zuhören und ein Weilchen stillsitzen zu können.

Das Feedback der Klassenlehrerin zu unserer Tochter

Kurz vor Ende des ersten Schulhalbjahres berichtete uns die Klassenlehrerin unserer Tochter im Elterngespräch meinem Mann und mir, dass unser Kind sich problemlos in der Klasse und in der Schule eingelebt hat. Stillsitzen, zuhören, ausschneiden, konzentrieren fällt ihr leicht. Allerdings kommt sie an den Tagen an denen sie bereits um 8.15 Uhr Unterricht hat zu Beginn nicht so gut in die Gänge als an den Tagen an denen sie erst zur 2. Schulstunde kommt. Aber das wundert uns kaum. Nachweislich ist der Unterrichtsbeginn um 8.15 Uhr für Kinder auch nicht ideal. Der Meinung der Klassenlehrerin nach unterscheiden sich die Waldkitakinder in den Lern-Disziplinen nicht von den Kindern, die zurvor eine klassische Kita und damit in der Regel auch klassische Vorschule besucht haben. Ihr sei allerdings schon aufgefallen, dass die ehemaligen Waldkitakinder meist geerdeter und robuster seien, fester im Leben stehen und Konflikte eher durch Diskutieren lösen würden. Uns hat dieses Feedback sehr froh gestimmt.

Was können Eltern für einen besseren Übergang von der Kita zur Grundschule beitragen?

Natürlich können weder die (Wald)Kitaerzieher/-innen noch die Lehrerschaft die gesamte Verantwortung für einen weichen Übergang tragen, wie Miriam Buse richtig festhält. Wir Eltern können und müssen hier ebenfalls einen Beitrag leisten. Schließlich geht es hier um unsere Kinder. Insofern möglich können wir Eltern zum Beispiel gemeinsame Elternabende initiieren. Im Bundesland Nordrhein-Westfalen ist dies zum Thema Sprachförderung so gesetzlich festgelegt.

Wie ich bereits in meinem Blogbeitrag vom 6. August 2016 „Wie mache ich mein Kind fit für die Grundschule?“ schrieb, können Eltern mit ihren Kindern während der Vorschulzeit der Grundschule einen Besuch abstatten und ihren Kindern die dortigen Räumlichkeiten zeigen oder eine Verabredung mit dem oder der zukünftigen Klassenlehrer/-in treffen, sobald er oder sie feststeht. Außerdem gibt es viele Kinderbücher zum Thema Schule und Einschulung, die man kaufen oder in der Bücherei ausleihen kann.

Nils zeigt Dir den Waldkindergarten, neuDenken, November 2016
Nils zeigt Dir den Waldkindergarten, neuDenken, November 2016

Weitere Informationen

Deutsche Wildtier Stiftung: www.deutschewildtierstiftung.de

Patenkindergärten der Deutschen Wildtier Stiftung: https://www.deutschewildtierstiftung.de/naturbildung/patenkindergaerten

„Übergang Kita – Grundschule“, Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung / Forschungsstelle Begabungsförderung, Meike Sauerhering und Claudia Solzbacher (Herausgeber): www.bwp.uni-osnabrueck.de/professur_bals/personen/miriam_buse

Miriam Buse, M.A., Berufs- und Wirtschaftspädagogik: www.nifbe.de/pdf_show.php?id=218

PONTE Project: www.verlagdasnetz.de/zeitschrift/betrifft-kinder/betrifft-kinder-2008/bk-03-0408/236-ponte-kindergaerten-und-grundschulen-auf-neuen-wegen

Berliner Bildungsprogramm: www.berlin.de/imperia/md/content/sen-bildung/bildungswege/vorschulische_bildung/elternfassung_deutsch.pdf

Vorlagen für Schwungübungen: www.grundschulkoenig.de/schwunguebungen

„Nein, noch nicht“, Die Zeit, 4. Januar 2015: http://www.zeit.de/2014/52/schule-beginn-uhrzeit-frueh-aufstehen

Vorlese- und Bilderbuch, „Nils zeigt Dir den Waldkindergarten, Verlag neuDenken, November 2016: www.amazon.de/Kinderbuch-Pappbilderbuch-Nils-zeigt-Waldkindergarten/dp/3944793781/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1486585023&sr=1-1&keywords=nils+zeigt+dir+den+waldkindergarten

Startkapital Natur, Wie Naturerfahrung die kindliche Entwicklung fördert, Andreas Raith und Armin Lude, oekom, 2014: https://www.amazon.de/Startkapital-Natur-Naturerfahrung-kindliche-Entwicklung/dp/3865816924/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1488487755&sr=1-1&keywords=startkapital+natur ,

Interview mit der Reittherapeutin Inga

StadtWaldKind: Liebe Inga, unsere beiden Kinder haben bei Dir das Voltigieren, also das turnerische und akrobatische Übungen auf einem sich an einer Longe im Kreis bewegenden Pferd, gelernt. Seit einiger Zeit bietest Du auch Reittherapiestunden mit Deinem Pferd an. Wie bist du dazu gekommen Reittherapeutin zu werden?

Inga: Ich habe auf einem Kinderbauernhof mein ökologisches Jahr gemacht. Damals gab es eine Situation mit einem stark behinderten Kind, mit dem ich gemeinsam eine Ziege fütterte. Das Kind hat sich so sehr über diese Ziege gefreut! Er konnte sie füttern und streicheln. Da habe ich gemerkt, dass es mich interessieren würde mit Kindern und mit Tieren zusammen zu arbeiten. Weil ich am meisten Erfahrung mit Pferden habe, habe ich das in der Reittherapie verwirklichen können. Für mich ist das ein absoluter Traumjob! Man hat diese Eins-zu-eins-Situation mit den Kindern und man sieht ziemlich schnell die Erfolge. Und die Interaktion zwischen Pferd und Kind ist toll. Die haben miteinander so ihre Dinge und ich bin dabei mehr die Zuschauerin und gebe Anregungen. Es ist ein ganz toller Beruf und es ist ganz schade, dass das von den Krankenkassen so wenig gefördert wird, weil die Ausbildung noch nicht voll anerkannt ist. Im Rahmen meiner Abschlussarbeit ist mir sehr deutlich geworden, wie effektiv diese Reittherapie ist. Sehr schade, dass diese Art der Therapie nicht anerkannter ist, aber vielleicht entwickelt sich da ja noch was.

StadtWaldKind: Was für Kinder kommen zu dir in die Reittherapie?

Inga: Vorrangig kommen zu mir Kinder, die so vier, fünf, sechs Jahre alt sind. Die noch so ein bisschen was aufzuholen haben, bevor sie in die Schule kommen. Und motorisch oder emotional einfach noch ein bisschen fitter werden sollen, um in der Schule gut mitzukommen. Und dann gibt es aber auch immer mehr junge Mädels zwischen neun bis 14 Jahren, die einen Ausgleich zu ihrem Alltag brauchen, weil sie sich in der Schule ganz schön ranhalten müssen.

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Unsere Tochter, damals 3 Jahre alt, beim rituellen Putzen bevor es los geht

StadtWaldKind: Wie lange arbeitest du in Regel mit den Kindern bis die Behandlung abgeschlossen ist?

Inga: Das ist ganz unterschiedlich. Bei manchen Kindern erstreckt sich das über einen längeren Zeitraum. Gerade für die Kinder, die einen Ausgleich für den Alltag brauchen, ist das mit einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren etwas Längeres. Es gibt auch solche Fälle, in denen das Kind innerhalb eines dreiviertel Jahres gut aufgeholt hat und dann einfach in die Schule entlassen werden kann und keinen Bedarf mehr hat. Aber meistens ist es so, dass die Kinder einfach gerne zum Reiten kommen und weitermachen wollen.

StadtWaldKind: Und das läuft wie ein ganz normaler Reitunterricht ab?

Inga: Genau, meistens geht das in ein normales Reiten über. Die Kinder wollen dann besser werden und würden ohne den Unterricht auch das Pferd vermissen. Die haben sich über den Zeitraum so eng aneinander gebunden.

StadtWaldKind: Wie baust du eine Beziehung zu dem Kind auf, das zu dir und deinem Pferd kommt?

Inga: Die Kinder bestimmen selbst die Geschwindigkeit und inwiefern sie das auch möchten. Die meisten brauchen nicht sehr lange. Ich habe ein Pferd, das eher ruhig, zurückhaltend und nicht so aufdringlich ist, was die meisten Kinder gerne mögen und dann viel Eigeninitiative zeigen. Und ich bin eigentlich mehr der Zuschauer und passe mich der Situation an und gebe höchstens Anreize. Also viel läuft auch über das Füttern. Dass die Kinder füttern oder das Pferd bürsten, solche pflegerischen Sachen. Das Tempo bestimmt aber immer das Kind.

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In der Longe

StadtWaldKind: Du hast einen 14 Jahre alten Tinker Wallach. Was ist das für ein Pferd? Was macht diese Pferderasse zu einem Therapietier?

Inga: Die Tinker kommen ursprünglich aus Irland. Das sind eigentlich Kutschenpferde und die haben es haben im Blut, dass sie eher ruhig und gelassen sind und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Und das ist worauf die meisten Kinder gut ansprechen. Dass sie nicht das Gefühl bekommen, dass das Pferd unvorhergesehene Bewegungen macht, sondern sie es gut lesen können. Das Tier ist außerdem kontaktfreudig und auf jeden Fall unerschrocken. Aber sie sind auch ein bisschen faul und vielen Kindern ist das eigentlich eher angenehm. Sie stört es nicht, dass sie da keinen Flitzer haben, sondern sie schätzen es, mit meinem Pferd einfach eine ruhige und entspannte Zeit verbringen können. Tinker sind breit, so dass die Kinder viel Platz auf dem Rücken haben. Sie können sich auch ohne Sattel auf dem Tier breit machen und hinlegen. Es sehr gemütliche Pferde.

StadtWaldKind: Hast du dieses Pferd zu einem Reittherapiepferd ausgebildet?

Inga: Das meiste bringt mein Pferd sowieso schon mit. Der ist dazu geboren, behaupte ich. Aber wir haben natürlich auch ein ganz normales Training gemacht. Man nennt das Schrecktraining, damit er sich nicht erschreckt und auf Kommando still steht und auf Kommando die Gangarten wechselt. Aber das sind im Prinzip Trainingseinheiten, die jedes Reitpferd durchmacht. Und im Besonderen habe ich bei ihm darauf geachtet, dass er sich vorsichtig verhält. Ich hatte einmal eine Reitschülerin, die konnte gar nicht aufsteigen, die hat es körperlich nicht geschafft. Und dann hat sich das Pferd tatsächlich an der einen Seite so ein bisschen runtergebeugt. Er hat das Bein eingeknickt und dadurch kam sie besser rauf. Das sind Dinge, die kann ich ihm nicht beibringen, die macht er einfach von sich.

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Gestatten, ich bin der Tinker Lewin

StadtWaldKind: Das ist ja wunderbar, hört sich toll an! Jetzt nochmal konkreter, wie läuft eine Reittherapiestunde bei dir ab?

Inga: Es gibt einen groben strukturierte Rahmen, beziehungsweise eine Routine, die eigentlich immer eintritt, weil die Kinder das ein bisschen brauchen. Das fängt damit an, dass sie das Pferd begrüßen. Eventuell können sie es von der Weide holen, wenn sie sich das zutrauen. Und dann wird das Pferd immer erst einmal gebürstet. Und weil das zu lange dauern würde, sucht man sich meistens nur irgendwie die Mähne aus, oder nur den Bauch, oder da wo der Sattel liegt. Und dann, soweit die Kinder das können, dürfen sie mit satteln und ein Gebiss drauf machen. Und dann, je nachdem wie die Kinder das wünschen, geht es in die Natur oder auf den Reitplatz. Oder sie wollen an der Longe laufen. Und dann, das geht vielleicht so zwanzig, fünfundzwanzig Minuten, wird das Pferd versorgt und gefüttert und die Kinder verabschieden sich. Das ist der grobe Ablauf.

StadtWaldKind: Können die Kinder ihre Stunde mitgestalten und Vorschläge machen, was sie an einem bestimmten Tag gerne Besonderes machen möchten?

Inga: Mir ist es immer ganz wichtig, dass die Kinder viel mitgestalten. Meistens ist es aber so, dass sie eher zurückhaltend sind und anfangs nicht so viele Ideen haben. Viele Kinder kommen ja auch, weil sie eher schüchtern sind und sie lernen es im Laufe der Zeit. Ich mache verschiedene Angebote, sie suchen sich etwas aus und vielleicht nach einem halben Jahr sind die Ersten in der Lage sich etwas zu wünschen. Und manchmal entscheide ich mich auch in der Situation um, mache dann noch was anderes, wenn ich das Gefühl habe, das passt jetzt nicht, oder es ist irgendwie der Baumstamm auf dem Weg zu spannend. Das ist also ganz situationsorientiert. Das kenne ich aus der Erzieherausbildung und das ist bei mir ganz wichtig. Ich möchte nicht immer nur das Lernziel verfolgen: Was soll das Kind mitnehmen? Sondern ich möchte dann mehr in der Situation darauf eingehen, was das Kind braucht.

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StadtWaldKind: Warum denkst du ist eine Beziehung von Pferd und Mensch so eine besondere Beziehung? Das hört man ja immer wieder.

Inga: Dazu gibt es natürlich viele Meinungen und das wird auch erforscht. Die grobe Ansicht ist, dass wir auch Herdentiere sind, so wie Pferde auch. Und wir haben in der Kommunikation vieles gemeinsam und die Kinder können deshalb so viel vom Pferd lernen. Vieles findet nonverbal statt, was bei Kinder ja auch viel stattfindet. Viel mehr als vielleicht noch als bei uns Erwachsenen. Pferde erkennen diese Signale ganz stark und reagieren darauf. Und sind dadurch ein guter Spiegel für uns Menschen. Das ist, was wir wollen: Wir wollen gespiegelt bekommen, wie wir reagieren und was uns sozusagen im Alltag hilft. Dass wir genauer wahrnehmen, was wir gut können, oder nicht so gut können. Pferde haben eine Art das höflich zu verpacken. Das ist nochmal ganz etwas anderes als zum Beispiel mit einem Hund, der ja nun ein Raubtier und auch viel dominanter ist. Pferde können das subtiler. Ein Pferd ist natürlich auch nicht ohne, so ein Pferd kann einen auch mal auf den Fuß treten, oder einen umrempeln oder so, aber das passiert eher selten. Besonders nicht bei den Kindern. Es ist also ein ganz breites Feld, aber aus meiner Erfahrung ist es so, dass die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd einfach total gut funktioniert!

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Unsere beiden Kinder beim Ausreiten in den Wald

StadtWaldKind: Welche Entwicklung kannst du im Laufe der Therapie im Bezug auf die Beziehung des Kindes zum Pferd und im Bezug auf die geistige und körperliche Entwicklung beim Kind beobachten?

Inga: Das ist ganz spannend! Als erstes sehe ich es meistens beim Pferd. Mein Pferd kennt die Kinder nach ziemlich kurzer Zeit schon und reagiert entsprechend. Wenn ich ein Kind habe, das immer ein bisschen ruppiger ist und ganz klar sagt, was es will, da ist der Lewin auch viel herausfordernder und möchte immer ganz klar von dem Kind wissen: Wie soll ich jetzt was machen? Und dann habe ich Mädels, die sind so ganz sensibel und fein und agieren eher so subtil und gedanklich. Und darauf reagiert er auch. Daran sehe ich immer als erstes, ob die Kommunikation stimmt und woran wir noch arbeiten müssen. Und der Zeitraum, in dem man bei den Kindern so richtig eine Veränderung sieht, tritt bestimmt erst in einem halben bis dreiviertel Jahr ein. Es kommt auch ganz stark aufs Kind an. Ich habe halt eher die Zurückgezogenen, da sieht man die Veränderungen erst etwas später.

StadtWaldKind: In der Pädagogik wird häufig von der Bedeutung des ganzheitlichen Lernens gesprochen. Inwiefern wird dieser Ansatz in der Reittherapie angewendet? So ein bisschen hast du ja schon drauf angespielt.

Inga: Ich finde, das die Reittherapie sehr ganzheitlich ist, weil eben alle Sinne so stark angesprochen werden. Es kommt ja auch immer noch der Naturbezug dazu. Bei mir findet der Reitunterricht eher nicht in der Halle statt, wo wenig Anreize sind, sondern meistens in der Natur. Und in der Umgebung kommen immer so viele Aspekte hinzu. Ich beziehe auch gerne die Eltern mit ein, wenn es gewünscht ist. Oft gibt es kleine Schwierigkeiten in der Beziehung unter den Eltern und den Kindern. Das lässt sich ganz einfach einbauen, ohne dass die beiden davon etwas mitkriegen.

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StadtWaldKind: Arbeitest du auch mit Erwachsenen? Macht es auch für sie Sinn eine Reittherapie zu machen?

Inga: Auf jeden Fall. Der klassische Fall ist, wenn jemand in einer Depression steckt. Zu mir kam einmal ein Mann wegen Depression und Burnout zum Reiten. Reittherapie ist eine ganz klassische Therapie für dieses Krankheitsbild. Das gibt es auch für Traumapatienten und Angststörungen. Die Depression ist der Klassiker, weil die Leute aus ihren vier Wänden rauskommen und in die Natur gehen und sich auf ihr Gegenüber offen einlassen müssen.

StadtWaldKind: Vielen Dank für das Interview, liebe Inga und weiterhin alles Gute und viel Erfolg mit Deiner wertvollen Arbeit!

Wenn Ihr neugierig geworden seid und Interesse an einer Reittherapiestunde mit Inga und ihrem Tinker habt, schreibt bitte eine E-Mail an post (at) stadtwaldkind punkt de.

Wer sich in das Thema gerne hineinlesen möchte, dem kann Inga folgende Fachliteratur empfehlen:

Hautnah, wie Pferde verletzte Seelen heilen, von Ute Wilhelms

Erlebnispädagogik mit der Pferd: Erprobte Projekte aus der Praxis von Marianne Gäng

Dokus/ Reportagen zum Thema Pferde: „Die Geschichte von Pferd und Mensch“, arte Mediathek verfügbar bis 19.5.19

Was kostet ein Schulleben in Deutschland?

Was kostet ein Schulleben in Deutschland?
Arbeitshefte für die Grundschule

In wenigen Tagen beginnt das neue Schuljahr für unsere Tochter. Wir sind gerade aus dem Urlaub zurück und unsere Bankkonten sind so leer geplündert wie eine Eistruhe am Ende eines langen Sommertags.

Doch ein Blick auf die Zettel am Kühlschrank erinnert mich daran, dass wir noch die neuen Arbeitshefte für die Schule und Schulmaterialien besorgen müssen. Die Liste zieht sich über mehrere DIN A4 Seiten und ist damit genauso lang wie letztes Jahr. Hier ein paar Hefte zum Thema Rechnen, da ein paar weitere fürs Schreiben und so weiter. Neben jedem Heft hat die Klassenlehrerin notiert, was es kosten wird. Puh, am Ende kommt ein dreistelliger Betrag dabei heraus. Ich werde nicht umhin kommen und die Bücherliste bald bei unserer Buchhändlerin abgeben.

Kosten im Blick halten mit Haushaltsbuch-App

Wir führen mit einer App regelmäßig ein Haushaltsbuch, in das wir all unsere Ausgaben eingeben, um den Überblick zu behalten. Darin notieren wir auch was wir für unsere Kinder ausgeben. Die Schulbücher sind dabei die geringsten Ausgaben. Zum Budget für Kinder gehören neben Bücher, Sportverein, Überweisungen auf ihr Sparkonto (Stichwort Auslandsjahr) natürlich auch die Anschaffungskosten für Schulranzen, Federtasche samt Inhalt, Sportsachen, Hortkosten, Schulessen, die Materialien für die Schule wie Tuschkasten und so weiter. Die Kosten für Ausflüge und Klassenfahrten kämen hinzu, wenn sie so etwas demnächst unternehmen.

was kostet ein Schulleben von der 1. bis 12. Klasse?

Kostenbeteiligung für Bildung ist Ländersache

Wenn ich die Ausgaben für unser Schulkind als Gesamtsumme aufrufe, staune ich nicht schlecht über den Betrag, der mir auf meinem Smartphone Display entgegen leuchtet. Halleluja denke ich, als nachrechne, wie viel Euros bis zum Ende ihrer schulischen Laufbahn über den Daumen gepeilt zusammen kommen.

Lehrmittelfreiheit in einigen Bundesländern

Ich recherchiere im Internet, wie das in Deutschland beziehungsweise in den einzelnen Bundesländern mit der Anschaffung von Schulbüchern und Arbeitsheften geregelt ist. Da Bildung Ländersache ist, gehen die Bundesländer entsprechend unterschiedlich mit Schulbüchern um. In Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen besteht Lehrmittelfreiheit. Das bedeutet, dass das Land die Kosten für die Schulbücher trägt. In allen anderen Bundesländern, wie zum Beispiel in unserer Heimat Berlin, muss selbst gezahlt werden.

Durchschnittlich 21.000 Euro Ausgaben für ein Schulleben

Laut einer aktuellen Erhebung geben Familien im Bundesdurchschnitt im Laufe der gesamten Schulzeit (1. bis zur 12. Klasse) 2.400 Euro pro Kind allein für Schulbücher aus. Das erscheint mir realistisch. 21.000 Euro beträgt der monetäre Bundesdurchschnitt an Bildungskosten pro Kind, die Familien aus ihrer privaten Geldbörse von der Einschulung bis zum Schulabschluss für Hort, Klassenfahrten, Schulessen, Sportsachen, Öffentlicher Nahverkehr, Schulranzen berappen müssen.

Die eben genannten 2.400 Euro Kosten für Schulbücher sind verglichen mit den durchschnittlich 7.900 Euro für die gesamten Hortkosten noch gering. Das Schulessen schlägt mit durchschnittlich 5.600 und der ÖPNV mit 3.600 Euro zu Buche.

Was kostet ein Schulleben in Deutschland?
Ein Schulranzen kostet durchschnittlich 160 Euro – mehr als 1.000 Modelle stehen zur Auswahl

Große Ausgabenunterschiede zwischen den Bundesländern

Berlin belegt mit 22.400 Euro im Bundesvergleich den 6. Platz was die Höhe der Ausgaben betrifft. Nur in Niedersachsen (27.335 Euro), Hamburg (26.743 Euro), Bremen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen geben Familien privat mehr für die Schulbildung der Kinder aus. Die Schere geht weit auseinander, wenn man den letzten Listenplatz betrachtet. In Mecklenburg-Vorpommern betragen die privaten Bildungsausgaben 14.900 Euro, also 6.100 Euro weniger als der Bundesdurchschnitt. Schon sehr heterogen.

Spartipps für Schulmittel

Natürlich denke ich, so wie die meisten anderen Eltern, nicht ans Geld, wenn es um die eigenen Kinder geht. Es gibt schließlich weitaus unnützere Ausgaben als das Geld, das wir für die Bildung unseres Nachwuchses aus unserem Portemonnaie entnehmen. Auch an einem gesunden Schulessen und an der Hortbetreuung möchten wir auf keinen Fall sparen. Schließlich liegt uns ausgesprochen viel daran, dass unser Kind sich gesund ernährt und gut betreut wird, wenn wir arbeiten. Sobald wir Schulbücher und weniger Arbeitshefte anschaffen müssen, werden wir auf Bücherbörsen der Schule oder auf gebrauchte Bücher im Internet zurückgreifen. Bei hochpreisigen Anschaffungen wie Schulranzen, Rucksäcke und Sportschuhen ist es ratsam die preiswerteren Vorjahresmodelle anstelle der top aktuellen Produkte zu kaufen.

Weitere Informationen findest Du hier

Mit Kindern gemeinsam die Woche planen – unser Wochenplan

Wochenplan, Familie, Zeitmanagement mit Kindern
Wie plane ich die Woche mit Kindern?

Unsere Herausforderung: „Papa/Mama, was gibt es zu essen? Was machen wir heute?“ Unsere Kinder möchten immer genau wissen, was los ist und mitbestimmen, was wir unternehmen und essen. Vor allem unsere Erstgeborene, die im Sommer acht Jahre alt wird, braucht immer einen Plan für sich, was wann ansteht. Wenn ich ihr dann antworte, passt ihr meine Antwort oftmals nicht in den Kram. Gerade dann, hat sie keinen Apettit auf Stulle mit Brot, sondern möchte garantiert etwas anderes essen. Dieses hin und her ist für uns beide weder produktiv noch stimmungshebend. Leider vergisst unsere liebe Tochter aber auch manchmal, mit wem sie sich als nächstes verabreden wollte und für welches Mittag- oder Abendessen wir uns entschieden haben. Deshalb gibt es dann leider ab und zu Verabredungschaos oder Reibereien was das Essen betrifft.

Unsere Lösung: Da unsere Erstgeborene bereits des Lesens und Schreibens mächtig ist, habe ich mich für einen Wochenplan entschieden. Das habe ich mir nicht selbst ausgedacht, sondern ich habe mich von einem Erziehungsberaterbuch inspirieren lassen. Das Buch von Sabine Bohlmann „Ein Löffelchen voll Zucker… und was bitter ist, wird süß! Das Mary-Poppins-Prinzip“ hält einige praktisch Tipps ohne viel theoretisches Geplänkel bereit. Anhand einer ihrer inspirierenden Beiträge habe ich eine Wochenplanung für die Familie am Rechner gebastelt und finde das nach einigen hinter uns liegenden Testwochen sehr praktisch.

Unser DIN A4 Blatt haben wir aufgeteilt in eine Zeile für Essen uns eine für Aktivitäten. Außerdem kann man je nach Bedarf noch weitere Zeilen hinzufügen. Zum Beispiel zum Thema Aufgaben, die erledingt werden müssen oder wann Schlafenszeit ist, falls das wegen unterschiedlicher Schulbeginnzeiten variieren dürfen. Alternativ zum Papier kannst Du für die Planung auch Whiteboardfolie, eine Kreidetafel oder eine Pinnwand nehmen. Vielleicht gibt es ja noch weitere Möglichkeiten, die mir jetzt nicht einfallen.

Die Tabelle füllen wir mit unserer Tochter immer am Wochenende für die Folgewoche gemeinsam aus. Somit bekommt unsere Tochter das Gefühl mitentscheiden zu können und hat einen Überblick, was wir wann unternehmen bzw. mit wem sie verabredet ist oder wann sie Zeit für sich hat. Die Kleine darf natürlich auch mal bestimmen und malt das Essen in den Plan, weil sie noch nicht schreiben kann. Wer möchte, kann auch eigene Aktivitäten eintragen, die die Kinder betreffen, weil dann der Babysitter kommt oder ob Mama oder Papa das Kind von der Schule oder aus der Kita abholen kommt.
Diesen bunten Plan hängen wir für alle gut sichtbar an den Kühlschrank. So habe ich meine Ruhe, alle können besser planen und wir Eltern im voraus einkaufen.
Ich habe gleich mehrere Kopien von diesem Blanko Plan gemacht so dass wir wirklich nur noch einzutragen brauchen.

Hier ist unsere Vorlage zum Download und zum Anpassen an die individuellen Familienbedürfnisse: Wochenplan für die Familie

Viele praktische Ideen für den alltäglichen Umgang mit Kindern von Zähneputzen über Taschengeld bishin zu Spielideen für drinnen und draußen habe ich in diesem schmalen und bunten Büchlein gefunden:

„Ein Löffelchen voll Zucker… und was bitter ist, wird süß! Das Mary Poppins-Prinzip“, Sabine Bohlemann

Kinder, ich bin dann mal weg. Mama ist auf Dienstreise im Ausland

Mama ist auf Dienstreise
Mama ganz weit weg, aber doch immer da?

Das Flugzeug setzt zur Landung in Nizza an. Kurze Zeit später steigen meine vier Kolleginnnen, mein Chef und ich aus dem Flieger und heben unsere schweren rollenden Koffer vom Band. Der freundliche Chauffeur Yve erwartet uns bereits und es geht weiter zu unserem Hotel in der Nähe der Croisette in Cannes. Im Zimmer angekommen, packe ich meine Business Kostüme aus und hänge die selbst gemalten Bilder meiner Tochter auf. Bevor wir gleich gemeinsam zum Abendessen verabredet sind, schalte ich mich via Skye nach Hause in Berlin, um meinen Mann und unsere Töchter zu sehen und zu sprechen.

Zwei Herzen schlagen in meiner Brust

Ich bin eine Frau mit zwei Kindern und einem Teilzeitjob von 25 bis 30 Stunden. Ich liebe unsere Töchter und freue mich immer sehr darauf, sie nach der Arbeit von der Waldkita und der Schule abzuholen. Das Wiedersehen nach ihrer und meiner Arbeit ist täglich ein Fest für mich und ich herze beide so, als wenn ich sie eine Woche nicht gesehen hätte.

Ich bin glücklich, dass ich eine Arbeit habe, die mich erfüllt und mir viel Freude macht. Ich liebe Herausforderungen, Abwechslung und Reisen. Außerdem male ich gerne mit meinen Kindern, backe gerne Kuchen mit ihnen und lese liebend gerne vor.

Mama geht auf Dienstreise

Zwei Mal im Jahr fliege auf eine fünf- beziehungsweise sieben bis achttägige Dienstreise. Einmal nach München und einmal nach Cannes. Ich finde nicht, dass das besonders häufig ist. Aber wenn die Kinder zwei und sechs Jahre alt sind und der Vater einen fordernden Vollzeitjob hat, ist das auch keine ganz so einfache Chose.

Eine solche Dienstreise anzutreten bedeutet für mich einerseits, dass ich im Job alle Aufgaben und Deadlines vor der Dienstreise abarbeiten muss damit nichts liegen bleibt. Also arbeite ich bereits ein paar Wochen vor der Dienstreise länger damit alles geregelt ist. Viel Zeit bleibt in dieser Zeit nicht für die süßen Mäuse.

Andererseits muss ich auch die Logistik für die Zeit meiner Abwesenheit Zuhause regeln: Wer holt die Kinder ab und betreut sie Zuhause bis mein Mann kommt? Das kann natürlich nicht jeden Tag die Oma oder der Opa übernehmen. Die Großeltern leben zwar in Berlin, aber jeden Tag zu uns zu fahren und die Kinder zu bespaßen, ist körperlich für sie nicht mehr ganz so einfach.

Ein ausgeklügelter Plan muss also her. Montags kommt die Babysitterin, zwei Nachmittage übernehmen Oma und Opa, einmal kommt der Papa früher nach Hause und am Freitag kommt die Patentante. Am Wochenende hat mein Mann zum Glück frei. Also alles paletti.

Plan oder nicht Plan

Ich habe mit mir gerungen. Soll ich oder soll ich nicht? Nein, ich meine nicht die Dienstreise als solche. Ich meine einen Plan. Letztendlich habe ich es doch getan und einen Wochenplan für meinen Mann geschrieben, was er an welchen Tagen beachten soll. Natürlich steht auch in unserem gemeinsamen Handykalender, wer an welchem Tag unsere Kinder abholen wird. Doch ich möchte auf Nummer sicher gehen, dass er an den Buggy für die Babysitterin denkt etc. Der Kontrollfreak in mir kommt da raus, ich gebe es zu. Und ja, ich habe auch vor der Dienstreise fast die gesamte Wäsche gewaschen. Obwohl mein Mann natürlich genau weiß, wie unsere Waschmaschine funktioniert und diese auch regelmäßig bedient. Aber ich habe immerhin weder vorher Lebensmittel für die Woche meiner Abwesenheit für die Familie gebunkert, noch habe ich für sie vorgekocht! Das möchte ich hier deutlich betonen. Was zu weit geht, geht zu weit. Ich halte mich nicht für die unentbehrliche Herrin des Hauses. Mein Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl fußt auf anderen Fundamenten. Einkaufen und Speisen zubereiten kann mein Mann alleine genauso gut wie ich.

Tausche Badge gegen Schnullerkette

Am Abend vor der Dienstreise bekomme ich immer das große mentale Heulen. Ich mag nicht so lange weg von Euch sein, gestehe ich meinem Mann! Aber ich weiß, dass es gut ist. Gut für die Kinder und gut für mich. Die eine Woche ohne Mama ist wie ein kleines Bootcamp für sie. Denn die Kleine ist ganz schön auf mich fokussiert. Woher das kommt? Vielleicht, weil mein Mann bei ihr keine Elternzeit nehmen konnte. Vielleicht weil ich mich auch sehr auf sie konzentriere, wenn wir zusammen sind, weil sie das letzte Kind ist, dass ich bekommen habe, ziemlich sicher kein weiteres folgen und mit ihr somit alles das letzte Mal sein wird. Vielleicht auch, weil sie die Geburt fast nicht überlebt hätte und ich für einige Momente nicht wusste, ob ich sie verlieren würde, bevor ich sie überhaupt kennen lernen durfte. Wer weiß. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus alldem und noch mehr, was mir nicht bewusst ist.

Rabenmutter oder Vorbild für die Töchter?

Ich bin dann mal weg.

Mein Mann und ich verabreden uns zum allmorgendlichen Skypen. An die Haustür klebe ich einen selbst gemalten Wochenkalender auf dem die Mädchen jeden Tag ein Kreuz machen können bis ich wieder da bin. Und natürlich ringt mir die Große das Versprechen ab, ihr einen dieser grässlichen Glupschis mitzubringen, von denen sie mir schon seit Wochen in den Ohren liegt.

Die Kinder und mein Mann bringen mich zum Flughafen. Die Kleine will unbedingt auch mitkommen. Die Große ist ganz gelassen. Es gibt kein Drama und alles ist gut. Ich weiß, dass ich mich auf meinen Mann und Vater der Kinder 100% verlassen kann. Er hat sie im Griff. Die Kinder lieben ihn und er liebt sie sowieso. Die Patentante, die Großeltern und die Babysitterin sind jeder für sich ein Traum und unsere Mädchen verehren sie. Außerdem können sie bei ihnen Sachen machen, die sie bei mir vielleicht nicht dürfen. Obendrein kocht Opa viel besser als ich und mit Oma spielt die Große viel lieber „Mensch ärgere Dich nicht“ als mit mir. Ich weiß, dass ich nicht alles kann und alles können muss. Auch wenn ich das gerne möchte und mich abends im Bett oft gräme, weil ich etwas nicht geschafft habe oder genervt war und meine Kinder angeschnauzt habe.

Ist es nicht entspannend sich bewusst zu machen, dass wir Mütter für einen gewissen Zeitraum ersetzbar und entbehrlich sind? Väter gehen schließlich auch auf Dienstreisen und machen sich überhaupt keine Platte. Auch für mich ist es schön, während einer Dienstreise für einige Tage und Nächste nur für mich und meinen Job verantwortlich zu sein und nicht für die Kinder sorgen zu müssen. Dennoch freue ich mich wieder auf sie.

Arbeiten und Kinderziehung
Laptop und Still-BH

Wie war das eigentlich mit Kindern und Job direkt nach meiner Elternzeit?

Nach der ersten Elternzeit bin ich nach zwölf Monaten wieder in meinen Job zurückgekehrt. Beim ersten Kind nahm mein Mann nach meiner Elternzeit zwei Monate Elternzeit und regelte die Eingewöhnung in der Kita. Ich erinnere mich bis heute an den Tag vor fast sechs Jahren als ich den ersten Arbeitstag nach einem Jahr Pause antrat und mich von Mann und Tochter vor der Haustür verabschiedete. Ein Kloß saß in meinem Hals. Von Tag für Tag wurde es leichter und ich genoss es, unsere Kleine nach der Arbeit in der Kita abzuholen als die Eingewöhnung vorbei war. In der Zwischenzeit rückten Vater und Tochter enger zusammen, was wirklich rührend und wunderbar zu beobachten war. Unsere Erstgeborene war bereits als Baby offen und pflegeleicht. Vielleicht, weil wir sie von Anfang in die Arme von ihren liebevollen Omas, Opas, Tanten und Onkeln legten, während wir nach dem Umzug aus der Berliner Innenstadt unser Haus am Stadtrand herrichteten.

Arbeiten und stillen…

Wenn ich nach der Arbeit mit unserer erstgeborenen Tochter Zuhause war, stillte ich sie. Ich hatte das Gefühl, dass sie das Gestillt werden sehr genoss und es deshalb in die Länge zog, weil sie diese Art der Nähe zu mir noch brauchte. Am Anfang fand ich es auch noch ganz schön. Doch nach zwei Monaten Vollzeitjob und Stillerei war ich körperlich so erschöpft, dass ich abstillen musste. Das war ein ziemliches Drama. Mein Mann übernahm sie in den Momenten und schlief nachts mit ihr im Kinderzimmer. Nach vier Tagen war es vorbei und sie hatte es akzeptiert.

Bei unserer zweiten Tochter nahm sich mein Mann mach meinem Jahr Elternzeit keine Elternzeit mehr. Er war so stark eingebunden, dass es leider nicht mehr möglich war. Dafür hatte ich die Chance nach der Elternzeit vorerst von Zuhause aus zu arbeiten. Ihre Eingewöhnung in die Kita war nach zwei Vormittagen abgeschlossen, da sie die Waldkita bereits durch ihre große Schwester kannte und sich pudelwohl fühlte. Um auf eine Dienstreise fahren zu können, stillte ich unsere Zweitgeborene nach 16 Monaten peut à peut ab. Ohne Theater. Nach einem halben Jahr Homeoffice fuhr ich in die Berliner City ins Büro. Und das finde ich bis heute schön so. Jeden Tag im Haus am Schreibtisch zu hocken und niemanden zum fachlichen oder zwischenmenschlichen Austausch zu haben ist auf längere Sicht nicht mein Fall. Natürlich ist die Fahrerei mit den öffentlichen Verkehrsmitteln manchmal aufreibend. Aber mit einem guten Buch ist alles nur noch halb so wild.

Natürlich läuft es nicht immer rund. Oftmals bin ich abends total k.O. Die Kinder sind noch relativ klein und betreuungsintensiv. Manchmal, wenn ich auf der Arbeit viel zu tun habe, gleichzeitig ein Kind krank wird und mein Mann auch Stress hat, ist es echt hart. Aber ich weiß ja, dass es nicht für immer so bleiben wird. Die vielen entzückenden und witzigen Momente mit den Kindern entschädigen für so vieles. Ähnlich wie es auch meine Arbeit tut, wenn etwas funktioniert, ein Plan aufgeht und der Kunde zufrieden ist. Ich will weder meinen Job noch natürlich meine Kinder missen. Ich will beides. Ich muss dafür kämpfen. Es ist intensiv. Es kostet Kraft. Es ist zum Heulen. Es ist zum Lachen. Es lohnt sich.

Wie bereitet man Holunderblütensaft und Rhababarsaft selbst zu?

Holunderblütensaft selber zubereiten
im Sommer schmeckt selbst gemachter Holunderblütensaft besonders lecker und für den Garten und Geburtstagsfeiern ist ein Getränkespender sehr praktisch

Die Sommerzeit ist Erntezeit und somit der idealer Zeitpunkt für alle DIY-Saft-Einsteiger, die regionale Obst- und Gemüsesorten schätzen. Entweder sind im eigenen Garten so allerhand Zutaten reif geworden oder die Obst- und Gemüseabteilung des Supermarkts hält die passende Ware feil.  In den letzten Jahren habe ich aus hellen und roten Weintrauben, Äpfeln und Johannisbeeren Marke Eigenanbau zum Beispiel Säfte, Sirup, Chutney und Marmelade zubereitet. Manchmal musste ich natürlich auch bestimmte Obstsorten wie Orangen und Zitronen dazu kaufen, weil sie in unseren Breitengraden nun mal nicht gedeihen wollen. Einige der Rezepte findet Ihr in meinen bisherigen Blogbeiträgen.

Wie macht man Holunderblütensaft?

Heute möchte ich Euch vorstellen, wie man Holunderblütensaft und Rhababarsaft selber machen kann. Wer sofort bzw. noch am Tag der Zubereitung den selbst gemachten Saft genießen möchte, der macht besser den schnellen Rhababarsaft. Wer sich zwei Tage gedulden möchte, kann den Holunderblütensirup zubereiten und sich darauf freuen. Kinder können beim Ernten und Zubereiten der Säfte selbstverständlich mithelfen und dadurch prima Erfolgserlebnisse sammeln.

Ich verdünne die Säfte übrigens gerne mit Mineralwasser und dekoriere sie mit einem Minzestängel. Unseren Kindern schmecken beide Säfte sehr gut. Für meinen Mann und mich wird zum abendlichen Sundowner statt Mineralwasser lieber Sekt mit Eiswürfeln zum Saft getan. Somit sind das also prima Rezepte für die ganze Familie 😉

Wie macht man Rhababarsaft?

Wie macht man Rhabarbarsaft?

Ist Rhababar gesund?

Die Blattstiele des ursprünglich aus Russland stammende Rhababar  ist übrigens eine Gemüsesorte und enthält Mineralien wie u.a. Kalium, Calcium, Phosphor, Magnesium und  Eisen sowie Vitamin C, B (Carotin), Vitamin B1, B2 und Niacin.

Rhababarsaft-Rezept

Zutaten (für 2x 1 Liter Flaschen oder 4x 0,5 Liter Flaschen)

1 kg Rhabarber
250 g Zucker

Wie macht man Rhababarsaft?

Küchengeräte / Utensilien

Topf
Sieb
Mulltuch
Trichter
Leere Flaschen

Zubereitung

1.    Die Rhabarberstängel putzen und in etwa 2 cm lange Stücke schneiden.
2.    Mit 1,5 Liter Wasser und Zucker zum Kochen bringen.
3.    Bei mittlerer Hitze 15 Minutn kochen lassen.
4.    Den Saft durch ein mit einem Mulltuch ausgelegtes Sieb gießen und 10 Min. abtropfen lassen. Nochmals aufkochen und in saubere Flaschen füllen. Verschließen und abkühlen lassen.

Wie macht man Holunderblütensirup?

Rezept für Holunderblütensaft

Wo findet Ihr Holunderblüten?

Die Holunderblüten könnt Ihr an einem trockenen Tag während eines Wochenendspaziergangs durch den Wald oder Park in einem Korb oder einer Tasche sammeln, wenn Ihr keinen Holunder im Garten habt. Denn überall, zum Beispiel bei und im Tegeler Forst, blüht jetzt im Juni bis Ende Juli der Holunder. Sammelt die Blüten abseits von befahrenen Straßen damit die Schadstoffbelastung so gering wie möglich ist.

Die Holundersträucher sind zwischen einem und 15 Meter hoch. Er ist erkennbar an den großen weißen Dolden, die aus vielen kleinen Blüten bestehen (siehe Foto ganz oben). Die Stängel und Blätter eignen sich nicht für die Saftweiterverarbeitung, da sie leicht giftig sind.

Holunderblüten DoldenSind Holunderblüten gesund?

Holunder enthält Spurenelemente (insbesondere Zink) und Vitamine (Vitamin C), die das Immunsystem gegen Erkältungen schützen.
Holunderblüten haben eine entzündungshemmende Wirkung und sie lösen den Schleim, was bei Husten oder auch bei einer Nasennebenhöhlenentzündung helfen kann, um das Sekret aus dem Kopf herauszubekommen. Dafür stellt man einen Sirup aus Holunder und Honig im Verhältnis 2:3 her.

Holunderblütentee eignet sich besonders gut für die während einer Erkältung unruhigen Schlafphasen von kleinen Kindern.

Mein folgendes Rezept für Holunderblütensaft ist allerdings mehr zum Genuss denn als Medizin gedacht.

Holunderblütensaft selber machen
Trinkgläser mit Deckel halten Wespen und andere Insekten fern vom Saft

Holunderblüten-Rezept

Zutaten (für 2x 1 Liter Flaschen oder 4x 0,5 Liter Flaschen)

12 große Holunderblütendolden
1 kleine Bio-Orange
1 kleine Bio-Zitrone
1 Bio-Limette
400 g Rohrzucker
5 Tütchen Zitronensäure (à 5 g)

Küchengeräte / Utensilien

Messer
Topf

Teller
Konservendosen
Sieb
Küchenpapier
Holzlöffel
Trichter
Leere Flaschen

Zubereitung

Zitrusfrüchte für den Holunderblürensaft

1.    Die Holunderblütendolden ausschütteln, um Verunreinigungen nicht mitzukochen.
2.    Die Orange, Zitrone und Limette heiß abwaschen und trocken reiben. Anschließend die Zitrusfrüchte in sehr dünne Scheiben schneiden und zusammen mit den Blütendolden in einem großen, hohen Topf schichten.
3.    Nun das ganze mit etwa zwei Litern Wasser übergießen, damit alles gut bedeckt ist.  Einen Teller in passender Größe so in den Topf legen, dass er die Blüten ganz bedeckt und den wiederum Teller mit zwei großen Konservendosen (Papier vorher abmachen) beschweren.
4.    Die Blütenmischung zwei Tage im Kühlschrank ziehen lassen.
5.    Die Flaschen mit den dazugehörigen Schraubverschlüssen mit kochendem Wasser ausspülen oder einmal in der Geschirrspülmaschine reinigen. Damit der Saft lange hält nun die Flaschen im Backofen bei 120 Grad Celsius 5 bis 10 Minuten sterilisieren.
6.    Ein feines Sieb mit Küchenpapier auslegen und diese über eine Schüssel stellen. Die Blütenmischung inkl. der Flüssigkeit in das Sieb gießen und mit einem Holzlöffel gut ausdrücken.

Getränke für den Sommer und die ganze Familie: Rhababarsaft und Holunderblürensaft

7.    200 ml von dem aufgefangenen Saft abmessen und in einen Topf geben. Den Zucker hinzufügen und die Mischung unter ständigem Rühren bei mittlerer Hitze aufkochen, bis sich der Zucker gelöst hat.
8.    Den restlichen Saft unter die Zuckerlösung rühren, die Zitronensäure hinzufügen und alles einmal sprudelnd aufkochen lassen.
9.    Den fertigen Holunderblütensirup durch einen Trichter in die vorbereiteten Flaschen gießen, sofort verschließen, abkühlen lassen und ab damit in den Kühlschrank.

Und hier das passende Kinderlied zum Getränk: „Ringel, Ringel, Reihe wir sind der Kinder dreie, sitzen unterm Holderbusch, machen alle husch, husch, husch.“

Adressen und Informationen

Vintage Getränkespender (3,7 Liter Füllvermögen) mit Zapfhahn inklusive 4 Trinkgläser mit Henkel, Deckel und Strohhalm in verschiedenen Farben: http://amzn.to/2qWbhrm

Halter für Getränkespender: http://amzn.to/2r0le2c

4er oder 8er Set Trinkgläser mit Henkel „CountryII“ mit Deckel und Strohhalm (8er SET): http://amzn.to/2sMjefg

Buch mit tollen Saftrezepten zum Selbermachen „Just delicious – Mocktails. Drinks to drive.: Ohne Alkohol: Coole Cocktails mit Kräutern und Früchten„, gebundene Ausgabe (2017): http://amzn.to/2syjQWs