Ganz nah und doch weit weg – eine Kanutour mit Kindern auf der Havel

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Volle Fahrt voraus! Auf 334 Kilometern Gesamtlänge legen wir auf der Havel nur eine Handvoll Kilometer zurück, aber es macht Spaß!

„Vielleicht sollten wir die Wasserschutzpolizei rufen!“, raunt der Mann seiner Frau zwischen zwei Zigarettenzügen zu, als er am Ufer der Havel steht und auf die vielen langen Äste blickt, die unsere Kinder gerade eifrig ins Wasser befördert haben. Zwar sind wir davon überzeugt, dass die Wassermänner das Geäst weniger stören würde, doch pflichtbewusst wie wir sind, hieven wir das Holz wieder ins Trockene.

Wir haben eine ziemlich schlaflose Nacht auf dem Campingplatz des Berliner Camping Club e.V. hinter uns gebracht. Daher ist unsere Holzrettungsaktion schon eine sportlich zu beachtene Leistung. Nur wenige Hundert Meter Wasserlinie sind es bis zu unseren bequemen Betten im trauten Heim, denke ich wehmütig in mich hinein. Doch wir haben die vergangene Nacht freiwillig im Zelt mit Luftmatratze und Schlafsack zugebracht, wobei letzterer bei den nächtlichen Temperaturen mehr Deko ist.

Das Fahrgastschiff „MS Moby Dick“ ist unermüdlich im Einsatz.

Gemeinsam mit drei befreundeten Familien unternehmen wir Frauen mit unseren Kindern eine Kanutour auf der Havel bis zum Tegeler See. Da wir das Wasser zuhause so nah haben und es auch gerne nutzen, wollen wir mal etwas gemeinsam auf dem Gewässer unternehmen. Das haben wir bisher in der Gruppengröße noch nie gemacht. Die meisten von uns haben ein eigenes Kanu. Meine Tochter und ich sitzen in einem Zweier, unser Einer habe ich verliehen.
Die Kinder verstehen sich gut, kennen sich schon lange und sind jetzt teilweise in einer Schulklasse zusammen. Wir haben uns kein weit entferntes Ziel ausgesucht. Wir wollen es ganz entspannt angehen. Die Kinder sitzen jeweils mit Wasserwesten vor uns im Boot oder lassen sich auf Boards hinterher ziehen. Nach einer sehr aufreibenden Woche ist dieser Ausflug genau das richtige für uns. Kein Stress, sondern Zeit zusammen, draussen sein und den Blick schweifen lassen. Das Ufer auf der östlichen Seite ist dicht bebaut. Auf der Spandauer Seite hingegen weniger. Motor- und Segeboote schaukeln an den Bootsstegen oder überholen uns und lassen unser Kanu schwanken. Wir kommen an dem leider abgerissenen Lokal „Eagle Lodge“, Segelschulen (eine der Schulen verkauft Stieleis am Ende des Bootsstegs!) und einem Fähranleger vorbei. Direkt an der Autofähre, die über die Havel zum Aalemannufer führt und Tegelort mit dem Spandauer Ortsteil Hakenfelde verbundet, hat dieses Jahr mit „La Diva“ ein neues italienisches Restaurant mit Biergarten aufgemacht. Ein Fischreiher stellt sich tot, nimmt dann aber doch Reiß aus, als wir ihm zu nahe kommen. Die Damen im langen Achter nehmen meckernd ebenfalls Reiß aus, als wir ihnen ungewollt in die Quere kommen. Auch einige Floße und ein laut wummerndes Partyboot sind unterwegs. Heute will wohl jeder nur noch aufs Wasser. Bei den Temperaturen kein Wunder!

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Wir treffen hier und da Bekannte auf dem Wasser, die das Wochenende auf ihrem Hausboot verbringen oder an einer der Badestellen ein Picknick veranstalten. Genau das haben wir nun auch vor. Frische Luft und Bewegung machen schließlich hungrig. Nach dem überfüllten Arbeiterstrand und dem geschlossenen Strandbad Tegel (vielleicht macht es bald wieder auf, aber leider ist das Wasser dort voller Algen) finden wir gegenüber von einer kleinen unbewohnten Insel eine kleine idylische Bucht, vertäuen unsere Kanus an einem abgestorbenen Bäumen am Ufer, holen unsere Strandtücher und wasserfesten Taschen raus und machen es uns an Land bequem. Die Kids drehen nach der langen Sitzerei in den Booten ganz schön auf und flitzen in einer Tour umher. Rein ins Wasser wieder raus, wieder rein und so weiter und so fort. Die Abkühlung tut uns allen gut.

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Auch gemütlich, so ein Tipi.

Auf dem 4,6 Quadratkilometern See dümpeln mit Baumwerder, Hasselwerder, Lindwerder, Maienwerder, Reiswerder, Scharfenberg und Valentinswerder einige kleine Räubersinseln vor sich her. Außerdem gibt es noch die Humboldtinsel und die Tegeler Insel als künstlich angelegte Inseln. Durch die Schiffsanlegestellen an der Greenwichpromenade (vor der Wiedervereinigung war das neben dem Wannsee die zweitgrößte Anlegestelle Berlins), begegegnen wir dem Berliner Wal, der MS Moby Dick.

Auf dem Rückweg werden meine Arme langsam schwer und ich bin froh, dass wir nur so eine kurze Tour machen. Mein Kanu bewegt sich nur im Zickzack-Kurs vorwärts, was ungemein umständlich ist, wenn man voran kommen möchte. Ich denke schon fast ans Aufgeben, möchte aber den schönen Tag nicht so enden lassen.

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Endlich da! Der Campingplatz des BCC e.V. liegt direkt an der Havel

Statt am Ende der Spritztour nach Hause zu paddeln, haben wir uns ein paar Plätze des Berliner Camping Club e.V. an der Bürgerablage in Berlin-Spandau für unsere Zelte reserviert. Unsere Männer empfangen uns am Ufer des waldigen Campingplatzes. Sie sind es auch, die das ganze Gepäck und das Catering mit den Autos vorbei bringen. Unsere Zelte schlagen wir direkt am Zaun mit Blick auf die Havel unser vertrautes heimisches Ufer auf. Die Männer fangen an zu grillen und reichen uns Aperol Spritz. Was für ein Luxus-Camping und dieser freundliche Service! Wir sind ganz begeistert von unseren Männern. Für Gäste mit Zelt gibt es ein weißes großes Küchenzelt mit Steinboden, zwei Biertischgarnituren, Kühlschränken, Herdplatten, Kaffeemaschine, Wasserkocher, Geschirr und Besteck. Das ist super, ansonsten hätten wir alle gemeinsam an einem mitgebrachten winzigen Campingtisch auf zwei niedrigen Strandstühlen Platz nehmen müssen. Die Dauercamper um uns herum sind da schon um einiges professioneller ausgestattet als wir. Sie scheinen sich auch schon lange zu kennen, was wir an der Geburtstagsfeier eines Herren bemerken, dem 20 Meter weiter ein Ständchen gesungen wird. Ansonsten ist aber nicht viel los auf dem Platz.

Campimngplatz Bürgerablage in Spandau

Die Kinder rennen nach dem Essen mit Taschenlampen auf dem Waldspielplatz umher und sind kaum einzufangen. Wir Eltern machen es uns auf den Bierbänken und den Strandstühlen bequem. Irgendwann stecken wir die Kinder nach langen und lautstarken Diskussionen, wer mit wem in welchem Zelt schläft, alle in das größte Zelt. Darin halten die Mädels es allerdings nicht lange durch. Es ist einfach zu warm und zu unruhig für sie, so dass meine Mädels in unser Zelt einziehen. Eine Nacht zu viert in einem Zweimannzelt ist sehr kuschelig, ich denke, dass muss ich nicht näher ausführen. Besonders bei den Temperaturen. Ich mache kaum ein Auge zu uns als ich irgendwann doch eindämmere, beschwert sich unsere Jüngste lautstark, dass es ihr zu warm im Zelt sei. Danach kann ich kaum noch einschlafen. Es sind eben ungewohnte Geräusche um uns herum. Es fahren manchmal noch Motorboote entlang, einige Halbstarke feiern an einer Badestelle in der Nähe. Dann wird es auch schon langsam hell.

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Seerosentanz

Nützliche Tipps zur Planung einer Kanutour mit Kindern

  • Plant die Kanutour aus der Sicht des Kindes:
    • Macht Etappen mit abwechslungsreichen Aktionen und viel Raum für Spaß und Spiel.
    • Wo gibt es etwas spannendes zu entdecken, zu sehen?
    • Welche Tiere kann man sehen?
    • Wo kann man eine schöne Pause einlegen und vielleicht etwas unternehmen?
  • Gewöhnt Euer Kind spielerisch an das Wasser, das Boot und die Ausrüstung (z.B. mit Schwimmweste baden gehen).
  • Wichtig sind passgenaue Kinderschwimmwesten (bei Nichtschwimmern mit Schrittgurt, die Passgenauigkeit richtet sich nach dem Körpergewicht) sowie Kinderpaddel.
  • Nehmt viel Proviant und Wasser mit, denkt an Sonnenschutz, Fernglas, Badesachen, Handtuch, Wechselkleidung und Schnüre zum Festmachen.

Adressen und Infos

Berliner Campingclub e.V.: https://www.berliner-camping-club.com

Kanus mieten: www.der-bootsladen.de

Bootsvermietung: www.bootsvermietung-tegel.de

Dieses Buch haben wir auch und ich kann es nur jeden empfehlen: Take me to the Lakes

Wer mehr über die Havel erfahren möchte, sollte in dem Buch „Die Havel“ stöbern:

StadtWaldKind

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