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Weihnachtsbaum selber schlagen

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Ist es der der? Der da oder der da? Die fantastischen Nadelbäume stehen kerzengerade in Reih und Glied vor uns. Wir schwören bei der Wahl unseres Weihnachtsbaumes auf regionalen Anbau und suchen uns heute unseren Baum unter den Nordmanntannen, Serbischen Fichten und Blaufichten auf dem Krämerwaldhof Köhler in Oberkrämer aus. Von 1,50 an bis 2,50 Meter ist hier alles zu haben, was Nadeln hat Der Vorteil eines selbst geschlagener Baums? Er bleibt länger frisch! Obendrein ist es ein schönes Erlebnis und ein toller Familienausflug in der Vorweihnachtszeit, wenn man seinen Baum beim Forstamt, einer Baumschule oder auf einem Bauernhof selbst schlägt. Unsere Arbeitshandschuhe haben wir von zuhause mitgebracht damit die Nadeln beim Sägen nicht so piksen. Sägen liegen auf dem Krämerwaldhof vor Ort bereit.

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Wir entscheiden uns für eine klassische Normanntanne. Ihre satten grünen Nadeln sind so schön weich und glänzen im Kerzenschein so herrlich! Unsere Kinder dürfen natürlich auch mal sägen und sind total stolz als die Tanne erlegt ist. Nach der erfolgreichen Auswahl unseres Weihnachtsbaumes machen wir es uns noch im Zelt auf dem Krämerwaldhof bei Glühwein und Waffeln gemütlich.

Wie transportiert man einen Weihnachtsbaum?

Wer seinen Baum auf dem Autodach transportiert, weil er nicht in den Kofferraum passt, sollte ihn in Folie einschlagen. Ansonsten verliert der Gute im Fahrtwind erheblich an Feuchtigkeit und trocknet aus. Auf dem Autodach sollte das abgesägte Ende des Stammes in Fahrtrichtung zeigen und die Baumspitze nach hinten weisen, so dass der Fahrtwind die Zweige nicht beschädigt. Am besten wickelt Ihr den Baum in eine alte Decke ein, um Euer Autodach vor Kratzern zu bewahren.

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Wie bleibt ein Weihnachtsbaum möglichst lange frisch?

Möchtet Ihr am Heiligabend einen schönen frischen Weihnachtsbaum zu stehen haben, solltet Ihr dem Baum nach dem Transport zum Beispiel auf der Terrasse, dem Balkon oder im Keller in einem Eimer Wasser kühl stellen und erst kurz vor dem Fest in die Wohnung holen.

Der Baum will auch in der Wohnung mit Wasser versorgt sein. Damit die Sägestelle schön frisch bleibt, sägt Ihr den Stamm vor dem Aufstellen einige Zentimeter ab und stellt ihn in einen Ständer mit Wasserbehälter, den Ihr regelmäßig nachfüllt. Ein etwa zwei Meter hoher Baum möchte rund zwei Liter Wasser pro  Tag trinken. Damit der Nadelbaum nicht austrocknet, stellt ihn möglichst weit entfernt von der Heizung oder anderen Wärmequellen auf.

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Krämerwaldhof Köhler in Oberkrämer

Am ausgedehnten Waldgebiet bei Neu-Vehlefanz im Landkreis Oberhavel liegt der Krämerhof, der seit 6 Generationen im Besitz der Familie Köhler ist. Hier können Besucher ab Ende November bis zum 23. Dezember 2018, von Donnerstag bis Sonntagt bei Glühwein, Früchtepunsch und Gegrilltem vom Holzkohlegrill sowie warmen Waffeln ihren Weihnachtsbaum selber schlagen. Zum Aufwärmen gibt es ein Lagerfeuer und ein beheiztes Zelt. An den Wochenenden kommt das traditionelle Stockbrotbacken am Lagerfeuer dazu.

Öffnungszeiten: donnerstags und freitags von 11.00-14.30 Uhr, samstags und sonntags von 10.30-15.30 Uhr.

Krämerwaldhof
Am Krämerwald 13
16727 Oberkrämer

Anfahrt

Der Hof liegt 30 km nördlich von Berlin Mitte. Parkplätze für PKW befinden sich direkt neben der Schonung.
Von der Autobahn A10 bis Abfahrt Oberkrämer, dann Richtung Marwitz-Hennigsdorf, in Eichstädt hinter der Kirche am Bushäuschen rechts rein, am Amt Oberkrämer vorbei, rechts halten, auf ausgebautem Weg durch Wald und Flur ca. 1,5 Kilometer immer geradeaus durch Eichstädt Ausbau bis Neu-Vehlefanz, am Haus Nummer 13 ist dann alles ausgeschildert.

https://www.kraemerwaldhof.de/kontakt.html

Männerjob – Dein Kind kann stolz auf Dich sein.

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Väter wollen mehr Zeit für Kinder.

Die Zeit, die Eltern im Schnitt mit ihren Kindern verbringen, hat in den meisten westlichen Staaten seit Einführung der Elternzeit zugenommen. Doch ist die Zeit zwischen Vätern und Müttern 50/50 aufgeteilt? Leider weit gefehlt. Väter haben pro Tag zwei Stunden Zeit für die Kinder, das sind weniger als 10% eines Tages.
Und wie viel Zeit haben die Mütter für den Nachwuchs? Fast genau drei Stunden mehr als die Väter, nämlich 5,12, verbringen Mütter im Durchschnitt mit ihren Kindern unter der Woche. Am Wochenende haben beide Elternteile mehr Zeit, aber die Mütter liegen trotzdem weiter vorn: Sie sind 8,16 Stunden mit den Kindern zusammen, die Väter kommen im Durchschnitt auf 6,7 Stunden. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag von Vorwerk. Befragt wurden 1.816 Personen, die Kinder unter 16 Jahre haben.
Eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) malt mit ihren Umfrageergebnissen sogar ein noch düsteres Bild des Familienlebens in unserem Land. Laut OECD schenken Väter täglich nur auf 37 Minuten ihrer Zeit ihren Sprösslingen. Arbeitende Mütter verbringen der Umfrage zurfolge durchschnittlich 66 Minuten Zeit mit ihrem Nachwuchs. Nicht berufstätige Frauen investieren hingegen 182 Minuten, also mehr als doppelt so viel Zeit in die Kinderbetreuung.

Vorreiter Finnland

Finnische Väter scheinen anders zu ticken als die deutschen. Laut OECD Studie verbringen finnische Väter sogar mehr Zeit mit ihren Kindern im Schulalter als die Mütter. Das Dilemma bei uns: 97% der deutschen Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, ergibt eine Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Hauptgrund für die fehlende Kinderzeit sei die Arbeit, sind sich 89% der Väter einig. Trennung oder Scheidung scheinen dagegen nicht schuld zu sein. Denn nur 4,6% gaben den Familienstand als Grund für die wenige Zeit mit ihren Kindern an.

Diese Zahlen stimmen mich alles andere als froh. Spiegeln sie doch ziemlich genau unser Familienmodell wieder. Ich arbeite Teilzeit und mein Mann Vollzeit, c’est ca. Am Wochenende unternehmen wir ab und zu etwas zusammen. Doch meistens gibt es auch am Sonnabend und Sonntag Zuhause so viel zu tun, dass die gemeinsam verbrachte Qualitätszeit ehrlich gesagt zu kurz kommt.

Was können wir Eltern – Väter wie Mütter – tun um mehr Qualitätszeit mit ihren Kindern zu verbringen?
Wenn ich mich das Gefühl beschleicht, dass eine eine unserer Töchter zu wenig Aufmerksamekit bekommen hat, dann unternehme ich etwas besonderes mit ihr. Wie gehen zum Beispiel ins Konzert, ins Kino oder ins Varieté, Eis essen oder shoppen. All diese Dinge findet mein Mann weniger spannend, weiss ich aus Erfahrung. Wenn er sich etwas schönes gönnt, fährt er zum Beispiel mit seinen Kumpels raus aufs Land und sie machen eine ausgedehnte Kanutour und zelten dann irgendwo am Ufer. Wäre das nicht auch etwas, was er mal mit unseren beiden Kindern machen kann, überlege ich? Interessanterweise erfahre ich genau zu dem Zeitpunkt von einer lieben Freundin, dass ihr Mann Stefan sein Projekt „Männerjob“ im World Wide Web weiter nach vorne bringen will. Was hinter „Männerjob“ steckt, verrät mir Stefan in diesem Interview.

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Gemeiname Zeit ist wichtig für die Bindung.

Hallo Stefan, was steckt hinter Eurem Angebot „Männerjob“? Ein Vater-Kind-Angebot, das Vätern und ihren Kindern einen exklusiven Ort bietet, um Zweisamkeit, Gemeinsamkeit und Abenteuer zu erleben. Das alles draußen! Väter kommen mit anderen Vätern zusammen, erleben einander in ihrer Rolle und ihrem Erziehungsverhalten. Sie lernen voneinander, tauschen sich aus oder genießen einfach die Zeit mit ihren Kindern.

Wer seid Ihr? Wir sind 3 ehemalige Kollegen (Charles, Norbert und Stefan) aus der Kinder- und Jugendhilfe, von Beruf und Berufung Sozial-, Heil- oder Erlebnispädagoge, Familientherapeut und Vater.

Wie seid Ihr auf die Idee gekommen? In unserer alltäglichen Arbeit mit Kindern und Familien, haben wir meist die Väter bzw. deren Präsenz vermisst! So saßen wir eines Abends – das ist jetzt sechs Jahre her – beim Kollegenstammtisch zusammen und beschlossen, das man(n) daran etwas verändern muss!

Warum dürfen bei Euch wirklich nur Männer mit ihren Kindern mitmachen und keine Frauen? Wir wollten einen geschützten Raum für Väter und ihre Kinder schaffen, in dem sie sich noch einmal anders und intensiver erleben können, als im familiären Rahmen. Hinzu kommt, dass unser Angebot auch verstärkt von Trennungsvätern besucht wird.

Welche Abenteuer können Väter mit ihren Kind bei Euch erleben? Bei uns kann man kleine und große Abenteuer erleben. Von unseren themenorientierten Samstagsaktionen in der Stadt, wo man Feuer macht, mit dem Bogen schießt, an einem Baumhaus oder einem Floß baut oder einen Weihnachtsbaum schlägt, bis hin zu einer Fahrt in „Mattis und Borkas Räuberlager“ auf eine Wiese im Wald am Rheinsberger See, das wir gemeinsam errichten, um dort zu hausen, zu spielen, über dem Feuer zu kochen und uns mit Wasser, Holz und Nahrung selbst zu versorgen. Besondere Highlights sind u.a. Schwitzhütte, Nachtpaddeln, Tarzanschaukel

Ist das gefährlich? Muss man besonders fit sein? Gefährlich sind wir nicht, würde ich sagen und auch nicht übermäßig fit! Sicherlich gibt es Situationen, die Gefahren bürgen wie z.B. der Umgang mit Feuer, mit Werkzeugen, Schnitzmessern, Pfeil und Bogen, auch natürliche Gegebenheiten wie Unwetter, etc. Hingegen sind wir was das angeht, erfahren und geschult und in der Lage Risiken entsprechend abzuschätzen und in der Gruppe zu kommunizieren!

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Jedes Kind hat Recht auf Zeit mit beiden Elternteilen. (C) Andy Kaczè

Wo macht Ihr Eure Wochenendtrips? Wie schon angedeutet auf Wiesen in Wäldern an Seen, fern ab von den Privilegien der Zivilisation. Ganz konkret finden unsere Camps auf einer von der Försterei gepachteten Waldwiese bei Rheinsberg und auf dem Gelände der Wildnisschule Waldschrat bei Hoppegarten (Müncheberg) statt.

Du hast einen Sohn und eine Tochter, die 7 und 4 Jahre alt sind. Was war Dein persönlich größtes Abenteuer mit Deinen Kindern? Mit meinem Sohn Ben (jetzt 7 Jahre alt) definitiv unsere gemeinsame Elternzeit, wo wir, meine Frau, Ben und ich mit dem Bulli durch Deutschland getourt sind! Mit meiner Tochter erlebe ich immer wieder kleine große Abenteuer, z.B. wie sie die ersten Schritte gelaufen ist, die ersten Meter mit dem Fahrrad gefahren ist, beim gemeinsamen Schwimmkurs vom Rand ins Wasser springt oder beim morgendlichen Zöpfe flechten.

Was ist das besondere an Euren Männerwochenenden? Unter Männern bzw. Vätern zu sein ist schon etwas Besonderes, alle packen mit an und eine Gelassenheit in Bezug auf die Dinge die da kommen mögen, stellt sich schnell ein. Bei unseren Aktionen wird viel gelacht, getüftelt und gewerkelt. Abends wird gemeinsam am Feuer gesessen, Geschichten erzählt und vorgelesen und wenn die Kinder im Bett sind, erstaunlich wenig geschwiegen! Man(n) tauscht sich aus, nicht nur über den Beruf oder seine Hobbys…nein…es geht tatsächlich oft um ihre Kinder oder auch familiären Herausforderungen.

Ihr habt gerade eine Crowdfunding Kampagne auf Startnext zu laufen. Was habt Ihr mit dem Geld vor und wie viel wird benötigt? Wir brauchen eine eigene Homepage, um eine breitere Öffentlichkeit für unseren Gedanken von aktiver Vaterschaft zu begeistern. Wir wollen außerdem aufbauend auf unseren Erfahrungen in der Arbeit mit Vätern unser Angebot ausbauen und weiter professionalisieren.

Ich wünsche Stefan und seinem Team ganz viel Erfolg beim Geldsammeln für die Männerjob-Website und schicke meinen Mann mit unseren Girls mit Stefan auf Abenteuerreise!

Seid ihr neugierig?
Den Newsletter gibt es unter info@vater-kind.org
Hier geht’s zur Crowdfunding-Kampagne, werdet Fan oder spendet Geld und erhaltet von Stefan ein tolles Dankeschön: https://www.startnext.com/maennerjob

„Männerjob – Dein Kind kann stolz auf dich sein.“
Aktion der Ev. Kirchengemeinde St. Markus
Marchlewskistraße 40 | 10243 Berlin
Stefan Handke | 0175 278 28 60
info@vater-kind.org

 

 

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Wir brauchen mehr aktive Väter!

Wohnmobiltrip durch den Harz & Walpurgiserlebnisse

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Etwas für Schwindelfreie: die Hängebrücke „Titan-RT“ an der Rapprodetalsperre ist unser Highlight während unseres Urlaubs im Harz

Wir rollen über ehemalige Vulkane. Kupfer, schwefelgebundenes Eisen, Blei und Zink hat der Vulkanismus hier hinterlassen. Gefaltet und geknautscht, so liegt der Harz vor uns. Die Plattentektonik hat hier ganze Arbeit geleistet.

Unser getreues Wohnmobil hat uns in Deutschlands nördlichstes Mittelgebirge, kutschiert. Bewaldetete Hügel und Berge in allen erdenklichen Höhen und Grüntönen türmen sich vor unserem Insektenfriedhof an Frontscheibe auf. Dazwischen gelbe Flecken an Rapsfeldern. Darüber die Komplementärfarbe Blau. Yes, so haben wir uns dieses lange Wochenende vorgestellt. Schule und Waldkita haben zu. Unsere Computer sind off. Die berufliche Email Abwesenheitsbenachrichtigung (was für ein langes Wort) ist on. Wir vier sind up and away. Es ist unser erste Wohnmobiltour in diesem Jahr. Die übrig gebliebenen Gewürze aus unserem letzten Griechenlandtrip warten auf ihren Einsatz.

Nationalpark, dieses Siegel hat das Gebiet rund um den 1.141 Meter hohen Brocken 1990 verliehen bekommen. Am Fuße des Brocken entspringen die Flüsse Bode, Ecker und Oder. Seit 2006 zählt der Harz außerdem drei Bundesländer-Zacken in der Bergkrone: Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Länderübergreifend ist er nun stolze 24.700 Hektar groß. Wälder, Moore und Fließgewässer bieten Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten. Außerdem gibt es historisch gewachsene Fachwerkstädte, ursprüngliche Dörfer und Bergbaustädte und wir Berliner sind nun mitten drin.

Unser Campingplatz im Harz

Das Göttingeroder Harz-Camp im Oberharz nimmt uns freundlich auf. Wir suchen uns einen der terrassierten Wiesen-Komfortstellplätze aus. Pro Nacht bezahlen wir hier 30,80 Euro für uns vier. Strom und Duschen kosten extra. Die späte Nachmittagssonne scheint genau auf uns. Der Bewegungsdrang der Kinder zieht uns zum Kinderspielplatz mit Trampolin (gegen Wertmarken), Seilbahn und Kletterpyramide. Der Außenpool hat noch geschlossen. Dafür eignet sich der geteerte Weg, der die Dauercamper von den Gastcampern trennt, hervorragend zum Skateboard- und Laufradfahren. Go-Karts, Sauna, Restaurant und einen SB-Laden gibt es hier außerdem.

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Die Titan RT: 2017 fertig gestellt, 947 Tonnen schwer, 75 Meter hoch

Einmal über die längste Hängebrücke

Schwankend wie Seemänner bewegen wir uns etwa 75 Meter über dem Bode-Fluss. 458 Brückenmeter liegen vor uns. Obwohl es nicht windig ist, pendelt das 120 Tonnen schwere Bauwerk „Titan-RT“ beständig nach links und rechts. Durch das Gitterrost blicken wir in die Tiefe des Rapprodetals. Unsere Kinder scheinen wie wir schwindelfrei zu sein und galoppieren über den Laufsteg. Zum Glück reichen sie noch nicht über das 130 Zentimeter hohe Geländer, dessen Edelstahlnetz ab uns zu von Liebesschlössern geschmückt wird.

Während wir auf der einen Seite die riesige Staumauer Wendefurth sehen, glitzert auf der anderen Seite die Bode. Einige Tretboote gondeln friedlich auf dem Gewässer umher. In diese Idylle hinein ertönen immer wieder Freuden- und Angstschreie schräg hinter uns. Diese stammen nicht von Besuchern der Hängebrücke, sondern von den Menschen, die sich an einer Zipline meist zu zweit von einem Turm oberhalb des Brückenbeginns nach unten hinab zur Bode stürzen, siehe Video:

Ich muss zugebeben, dass mich dieser rasante Flug auch reizt. Aber unsere Kinder haben es mir leider ausgeredet.

Die gute Stunde Warterei hat sich für uns gelohnt. Zu Beginn standen wir am Eingang Nähe Haltestelle „Wendefurth Oberbecken“, weil wir dort zuerst vorbei kamen und einen guten Parkplatz für unser Wohnmobil fanden. Weil es dort aber gar nicht voran ging, wechselten wir auf die andere Seite der Talsperre, wo sich neben einem weiteren Eingang das Besucherzentrum, ein Spiel- und Picknickplatz befinden. Gefühlt ging es hier schneller voran und außerdem war es dort schattiger. Allerdings mussten wir dafür durch einen 219 Meter langen Tunnel laufen, durch den Motorradfahrer laut knatternd hindurch sausten.

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Zu Walpurgis ist der ganze Harz verhext. Auf dem Schloss Wernigerode ist deshalb viel los.

Ritterfest und Schlosswalpurgis auf Schloss Wernigerode

Schmierenkomödianten, Ritterkämpfe, Gaukelei, Akrobatik, Märchenstunden, Kinderschminken, Bogenschießen, Axtwerfen und und… Anlässlich der 10. Schloss Walpurgis wird auf dem Schloss Wernigerode einiges geboten. Wir haben leider keine historischen Gewänder im Wohnmobilkleiderschrank parat und zahlen deshalb den vollen Eintrittspreis von 28 Euro für uns vier. Den Kindern gefällt die Show der Söldner auf der Schlossterrasse. Zehn mutige Kids stellen sich den mit Schildern, Kettenhemden, Helmen und Schwertern gerüsteten Söldnern, um ihre menschliche Mauer zu durchbrechen. Ob sie es tatsächlich schaffen Die wilden Kerle umzustoßen, seht Ihr hier in diesem Video:

Das auf einer 100 Meter hohen Anhöhe gelegene Barockschloss der Adelsfamilie Stolberg-Wernigerode besichtigen wir gerne. Von der Terrasse und der Außenmauer blicken wir über die Giebeldächer der umliegenden Dörfer hinweg bis zum berühmten Brocken. Der Biergarten wird von blühenden Kastanienbäumen überdacht. Auch der innen gelegene Schlosshof ist sehr hübsch und hat ein Café. Momentan schallt dort laute historische Bühnenmusik zu der unsere Kleine zu tanzen beginnt.Draußen brennt die Sonne ziemlich stark, so dass wir uns in der Schlosskirche und im anschließenden Rundgang durchs Schloss abkühlen können. Während unser Blick durch die Räume des Adels vor 1918 schweift und wir über das schmale Ehebett staunen, gesteht eine Dame ihrer Freundin beim Anblick einer Büste von Friedrich Wilhelm, dass sie diesen Herrn ziemlich attraktiv findet.

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Barrierefrei und für jede Altersgruppe begehbar, schlängelt sich der 1.000 m lange Pfad durch die Baumkronen des Kalten Tals – mit herrlicher Aussicht in den Nationalpark Harz

Baumwipfelpfad im Nationalpark Harz

Der nächste Tag ist ziemlich windig. Wir parken auf einem Großparkplatz der B4 neben einem Wohnmobilstellplatz in Bad Harzburg um unser nächstes Abenteuer zu wagen. Am Fuße  des Burgbergs begeben wir uns in luftige 26 Meter Höhe. Was soll uns nach der Titan-RT noch schocken? Naja, ich gebe es zu, der Glassteg und die Abenteuerbrücke des
Baumwipfelpfads sind nicht ohne. Insgeheim sind wir froh, dass wir nicht heute die Hängebrücke besuchen, weil es so stürmt. Die Seilbahn zum Großen Burgberg ist leider wegen des Windes geschlossen, so dass wir nicht in Verlegenheit kommen unser Glück hinauszufordern.

Der 1.000 Meter lange Wipfel-Pfad führt uns sowie andere Familien mit und ohne Kinderwagen (ja, das geht!) sowie Menschen älteren Semesters entlang von hellgrünen Laubbaum und dunkelgrünen Nadelbaumkronen des Kalten Tals. Immer wieder gibt es bei den Erlebnisstationen etwas zu tun, zu hören und zu sehen. Auf dem Rückweg laufen wir unterhalb des Wipfel-Pfads durch den Wald zurück und entdecken dort einen Briefkasten der Schnullerfee. Darüber hängen lauter Nuckelketten im Baum. Leider mag unsere Kleine ihren Schnuller trotzdem nicht herausrücken. Sie vergnügt sich lieber auf dem kleinen Waldspielplatz oder läuft unter einem Baumwurzeldach entlang. Wir kommen auch an einem eintrittspflichtigen Märchenwald vorbei, den wir uns schenken. Er sieht aus, als hätte er schon bessere Zeiten gesehen.

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Wanderung durch den Lebensraum der Wildkatze von Bad Harzburg aus

Wildkatzen-Walderlebnis Lehrpfad

Unsere Große klagt leider heftig über plötzliche Ohrenschmerzen. Während sie vom Papa im Wohnmobil versorgt wird und sich ausruht, spaziere ich mit der Kleinen ein Stück auf dem Rundweg des Wildkatzen-Walderlebnis Lehrpfads entlang. Der Spaziergang erinnert mich an eine Schnitzeljagd, denn im Wald sind Symbole zum Thema Wildkatze zu finden. Wir schaffen die insgesamt 7,3 Kilometer lange Strecke nicht und gelangen deshalb auch nicht bis zum Wildkatzengehege an der Marienteichbaude. An einer Bushaltestelle im Wald kehren wir um zum Parkplatz.

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Traditioneller Umzug der Kinderwalpurgis zum Oberen Badepark in bad Harzburg

Kinderwalpurgisumzug in Bad Harzburg

So viele Hexen und Teufel haben wir seit Halloween nicht mehr gesehen! Um 15 Uhr startet der Wagen voller hübscher Hexenkinder am Bahnhof von Bad Harzburg und zieht mit lautem Getrommel und Gerassel durch den Ort bis zum Oberen Badepark. Wir sind wieder mal null ausgerüstet, dürfen aber trotzdem mitlaufen. Im Ostharz soll am 30. April zwar viel mehr los se in, wie uns die Dame in der Tourist Information erzählt, aber unseren Kindern gefällt dieses Halligalli hier auch.In den Bäumen hängen schließlich lauter große Hexen. Unsere Kleine findet das sehr beeindruckend. Schließlich erzählt sie uns auch immer wieder von der Waldhexe und der Pilzhexe, die ihr bei uns im Tegeler Forst mit ihrer Waldkitagruppe begegnen.

Kostenfreies Ponyreiten, Tassen bemahlen, Glücksrad, Angebote von der örtlichen Feuerwehr, Bratwurst und obendrein noch ein Hexendiplom. Am Badepark erwartet uns das volle Programm für Kinder. Und wen treffen wir hier? Bekannte aus unserem Berliner Hood! Sie sind mit ihren drei Kindern auch mit dem Wohnmobil im Harz unterwegs und berichten uns von ihren Erlebnissen in Thale. Wir sind uns mit ihnen einig, dass die Hin- und Rückfahrt mit der Harzburger Schmalspurbahn auf den Brocken unser Reisebudget leider übersteigt. Der Weg hinauf ist aus unserer Sicht (und wir wandern ja gerne) mit Kleinkindern leider nicht machbar. Tja, können wir es dem guten alten Goethe eben nicht nach machen.

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Goslars mehr als tausendjährige Geschichte ist noch heute überall sichtbar.

Goslar

Tausendjährige Kaiserstadt, Weltkulturerbestadt, Gründungsmitglied der Hanse, bähm und jetzt kommst Du! Diese drei Siegel darf sich Goslar auf die Fahne schreiben. Bevor wir uns auf den Rückweg nach Berlin machen, hüpfen wir in Goslar aus unserem Wohnmobil. Von der Stadt habe ich schon viel gehört. Im Stadtzentrum reiht sich ein Gildehaus ans nächste. Bunt verzierte Türen, Fensterläden sowie goldene Letter an den Hausfassaden zeugen vom einstigen Reichtum. Alles liegt ganz nah beieinander, so dass unser Spaziergang vom Rathaus, dem Marktplatz (der noch deutliche Spinnenreste vom Walpurgisfest trägt), der Marktkirche und zum Rammelsberg mit den Kindern einfach möglich ist. In dem romanischen Prunkbau, der Kaiserpfalz (siehe Foto unten links), fand unter den Staufern ein Gethtogehter des Who is Who der Weltgeschichte statt. Doch irgendwie ist in Goslar nicht viel los. Es ist der 1. Mai und ein Feiertag, deshalb sind natürlich fast alle Geschäfte zu. Aber es sind auch so kaum Menschen auf den Straßen zu sehen. Vielleicht liegt das auch an dem kühlen Wetter, das wir erwischt haben.

Unsere persönlichen Empfehlungen

Der Harz: https://www.harzinfo.de

Harz-Camp: http://www.harz-camp.de

Hängebrücke Titan-RT: http://www.titan-rt.de/

Schloss Wernigerode: https://www.schloss-wernigerode.de/

Schloss Walpurgis: http://www.carnica-spectaculi.de

Baumwipfel-Pfad in Bad Harzburg: https://www.baumwipfelpfad-harz.de/de/

Wildkatzen-Walderlebnis-Lehrpfad: http://www.bund-hessen.de/themen_und_projekte/natur_und_artenschutz/rettungsnetz_wildkatze/wildkatzen_walderlebnis/

Bad Harzburg: http://www.bad-harzburg.de

Goslar: https://www.goslar.de/kultur-freizeit/museen/kaiserpfalz

Was kann man im Harz und Umgebung mit Kindern sonst noch erleben und unternehmen?

Harzer Schmalspurbahn: https://www.hsb-wr.de/startseite/

Harzbob, Seilbahnen Thale Erlebniswelt: http://www.seilbahnen-thale.de

ErlebnisBocksBerg, Bocksbergcarts: http://www.erlebnisbocksberg.de

Rodelbahn Wippra: http://www.wippra-harz.de

Sommerrodelbahn St. Andreasberg: http://www.alberti-lift.de

Schlangenfarm Schladen: http://schlangenfarm-schladen.de

Dinopark: http://www.dinopark.de/

Vitamar mit Wellenbad, Wellnes, Sauna: http://www.vitamar.de

Reiseführer für den Harz

Schwedenurlaub fern der Welt mit Bullerbü-Effekt

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Der beste Tag der Welt soll jeden Tag sein!

Familienurlaub in Värmland, Mittelschweden

Der See und das Eis erklingen in ihrem ganz eigenen Beat. Glummp, blummp, bumm kommt es aus der Tiefe unter uns. Die Fichten und Birken auf den Inseln schweigen stramm dazu. Es weht kein Lufthauch. Das Eis knackt. Es war ganz nah. Wir sind verunsichert und schauen uns um. Links von uns fährt ein Großvater mit seinem Enkelsohn am Steuer des Quats über das Eis. Zwei Schlitten mit weiteren Kids hat er im Schlepptau. Er fährt Kurven und die Kinder jauchzen vor Vergnügen. Eigentlich sind die Kinder Katzen. Zumindest sind sie im Gesucht so angemalt. „Guten Tag!“, er hält an um uns zu grüßen und wir plaudern auf Englisch ein wenig mit ihm. Die Begrüßung ist nämlich das einzige, was er auf deutsch sagen kann und wir können leider nur genauso viel auf schwedisch zu ihm sagen. Wir ziehen unsere Töchter auf einem Schlittenschale an einem Seil zurück an Land. Ein Paar mit schwarzem Hund kreuzt unseren Weg. Der Vierbeiner hat sichtlich Freude beim Toben auf dem völlig zugeschneiten Värmelnsee. Es sind ein paar Grad über Null, obwohl es Ostern ist. Der Winter hält das Värmland, wie diese Region in Mittelschweden genannt wird, noch fest im Griff. Bereits als wir im Morgengrauen am Hafen von Trelleborg mit unserem Auto von der Fähre rollten, begrüsste uns eine dick verschneite Landschaft. Letztes Jahr waren wir zur gleichen Zeit in Südschweden und hatten dort frühlingshaftes Wetter (bis auf Ostersonntag als die Eier im Schneematsch steckten). Nun sind wir allerdings ein gutes Stück weiter nördlich. Das norwegische Oslo liegt für uns näher als die zweitgrößte schwedische Stadt, Göteborg. Wenigstens kommen die Kinder somit in diesem Jahr noch in den Genuss des Schnees! Berlin hat uns im letzten Winter damit nicht belohnt.

Wieder auf unserem Grundstück angekommen, entfachen wir ein Lagerfeuer um auf dem Schwenkgrill unserer Abendessen zu grillen. Die Kinder rodeln derweil mit dem Schlitten den Hang hinab zum Värmeln. Der See gehört zu den größeren Seen in Värmland. ZU gern würden wir mit dem Motorboot oder dem Kajak, die zum Haus dazu gehören, ein paar Runden über den See drehen. Aber daran ist bei der dicken Eisschicht nicht zu denken. Das Wasser hat sich abgesenkt, weil es vom Eis nach unten gedrückt wird. Dadurch ist der Hang noch steiler und die Kinder segeln weit hinaus aufs Eis und stellen neue Rekorde auf. Hinter uns leuchtet unser Ferienhaus im typisch schwedischen Falunrot vor dem blauen Himmel. Dahinter befindet sich noch eine kleine Gästehütte sowie eine Garage und vorne am Wasser ist das Saunahaus mit Steg. So wie in den Petterson & Findus Büchern stehen auf jedem Grundstück mehrere Hütten. Das Haus gehört einer Familie aus Hamburg, die es sehr liebevoll eingerichtet und ausgestattet hat. Es ist das erste Ferienhaus mit scharfen Messern in der Küche. Außerdem hat es einen Kaminofen, Fernseher mit Satellitenempfang, DVD-Player, Backofen, Spülmaschine und eine Waschmaschine. Gefunden haben wir es über die Buchungsplattform fewodirekt. Zwischen Januar und Mai und vor Weihnachten gibt es reichlich Auswahl was Ferienhäuser in Schweden betrifft. In der Zeit von Mai bis September sind die schönen Häuser lange im voraus ausgebucht.

Nach dem Essen schwitzen wir in der Sauna und reiben uns auf dem Steg mit dem knirschenden Schnee ab. Gleichzeitig ist in unserer Heimatstadt Berlin der Frühling eingezogen. Doch unser Platz ist hier. Die Stille, der weite Blick über das Eis. Uns geht es sehr gut hier. Die Landschaft in Värmland hat etwas besonders ursprüngliches und natürliches, was aus unserer Sicht in Kontinentaleuropa kaum noch in dem Ausmaß und in der Schönheit zu finden ist.

Im Gästebuch des Hauses stehen auf einer der Seiten folgende Grönemeyerzeilen, die auch auf unsere Stimmung zutriffen: „… ein Stück vom Himmel, ein Platz von Gott, ein Stuhl im Orbit, wir sitzen alle in einem Boot. Dies ist mein Haus, das ist was zählt, wir sind überdacht von einer grandiosen Welt…“. Als das Abendessen verputzt ist, erscheint ein riesiger Vollmond über den Baumwipfeln und steigt ziemlich rasch hoch. Er muss wohl auch im Süden Europas besonders groß gewesen sein, wie ich von einer Bekannten auf Mallorca lese. Langsam lassen wir das Feuer ausgehen und stapfen den Hang hinauf ins Haus.

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Der Parkplatz als Kunstwerk

Bummeln durch Arvika

Für den Osterzopf brauchen wir noch ein paar Zutaten und verlassen unser stilles Nest. In Arvika, der Kreisstadt, die so klingt wie eine Schrifttypografie, parken wir direkt vor einem Kunstwerk. Jugendliche haben eine Hauswand in allen Farben bemalt. Wir schlendern zum Markt, der im Internet gepriesen wurde und sind enttäuscht, dass dort außer einem „alles für 10 Kronen“ Stand und einem winzigen Trödelwarentisch nichts zu entdecken ist. Dafür finden wir in einem Partydekorationsgeschäft lauter lustigen Kram für die nächsten Kindergeburtstage. In der Fußgängerzone spähen wir in ein paar hübsch dekorierte Schaufenster von Blumen-, Strick-, Tee und Bekleidungsgeschäften. Das große Spielzeuggeschäft ist für unsere Mädels ein Paradies.

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Arvika, Hauptort der gleichnamigen Gemeinde Värmland

Gegenüber eines kleinen hübschen Kinderbekleidungsgeschäfts raucht auf der Hauswand ein schwedischer Seemann seine gemalte Pfeife. Wenn er sprechen könnte, hätte er uns sicher eine Menge Seemannsgarn erzählt.
Den Osterzopf haben wir nicht vergessen und decken uns im sehr gut sortierten Coop Supermarkt mit reichlich Lebensmitteln ein. Das einzige, was hier nicht zu kaufen gibt, ist Wein und andere harte Alkoholika. Den Stoff gibt es nur in staatlich zertifizierten Spirituosenläden. die Supermärkte haben dafür jeden Tag – auch am Wochenende – durchgängig von morgens bis spät abends geöffnet.

 

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Raggare, ein lustiges Hobby der Schweden

Olditmer-Show auf der Straße

Das hiesige Oldtimermuseum und die Kunsthalle lassen wir für heute ausfallen. Wir wollen zurück in unser rotes Haus am See. Das Schwimmbad heben wir uns für einen Regentag auf. Auf dem Heimweg erhalten wir kostenfreien Einblick in einen sehr lustigen schwedischen Nischentrend, der in starken Kontrast zum ordentlichen Schweden steht. Junge Leute fahren in alten amerikanischen Schlitten bei herunter gelassenen Fenstern und lauter Musik im Schritttempo durch die Stadt. Auf der Tankstelle dösen polierte Chevrolets, Buiks, alte Volvos und zerbeulte Cadillacs in der Sonne. Um sie herum wachen ihre Liebhaber. Schwedische Hipster und Rockabillies friedlich vereint mit einem Bier in der Hand. Auch auf der Straße tuckern die Oldtimer uns entgegen. Diese Subkultur heißt Raggare und erinnert uns an die Schrottautos auf dem Autofriedhof, den wir letztes Jahr im smaländischen Moor Kyrkö Mosse besuchten. Das Raggare-Treffen, das Anfang Juni in Västeräs stattfinden soll, wäre uns auch eine Schwedenreise wert!

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Waldspaziergang

Der Wald hat uns zurück oder besser gesagt umgekehrt. Wir starten einen Spaziergang von unserem Haus aus. Wir haben über die Gpsy-App einen nahe gelegenen See im Wald identifiziert. Die Straße ist glatt und wir müssen aufpassen nicht hinzufallen wir am Tag unserer Anreise. Das Gefühl, wie zuerst mein Rücken und dann mein Hinterkopf auf dem Boden aufschlägt, möchte ich nicht noch einmal empfinden. Wir schaffen es ohne Unfall in den Wald.

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Wer ist hier wohl entlang spaziert?

Rätselhafte Spuren im Schnee

Ab und zu entdecken wir Spuren von Tieren im Schnee und rätseln, ob sie zu einem Reh gehören. Oder vielleicht sogar dem Osterhasen? Vom Elch können sie auf jeden Fall nicht stammen. Dafür sind die Spuren leider viel zu klein. Vielleicht gehören die Spuren aber auch zu einem Dunkeltroll oder einem Graugnom? Die Wichte und Fabelwesen halten sich vor uns versteckt. Aber sicher beobachtet uns der ein oder andere Kumpel von Astrid Lindgren hinter dem Stamm einer der Fichten. Die Bäume sind so hoch, dass wir den Kopf in den Nacken legen müssen, wollen wir ihre Spitze sehen. Gut sehen können wir allerdings nicht, weil die Sonne uns blendet. Der Schnee reflektiert das Licht auch noch. Unsere Sonnenbrillen haben wir zuhause in Berlin liegen gelassen. In Värmland soll es neben 30.000 frei herumlaufenden Elchen an die 50 Luchse, unzählige Fielfraße (ja, die heißen wirklich so und stammen aus der Familie der Mader) und Biber, nur 220 Wölfe sowie ein paar durchziehende junge Bären geben. An die 3.000 Braunbären (Stand August 2011) pendeln durch Schweden. Nur 17 von ihnen nennen Värmland ihr Zuhause, obwohl hier 70% der Fläche von Wald bedeckt ist. Zuletzt soll hier im Jahr 1902 ein Bär einen Jäger getötet haben, der ihn zuvor angeschossen hatte. So kann es gehen. Meister Petz hält bestimmt gerade in einem angrenzenden Revier seinen wohl verdienten Winterschlaf und zehrt von seinen im Sommer und Herbst gesammelten Blaubeeren, Pilzen, Honig sowie gefangenen Fischen.

Der geheime Hütte im Wald

Knarz. Die Tür zu einer kleinen roten öffentlichen Fischerhütte öffnet sich. Drinnen trocknet Holz, auf dem Tisch liegt ein Gästebuch. An der Wand ein selbst gemaltes Bild vom Wald und Jägern. Ein Glas mit schimmligen Kaffee steht neben elektrischen Kochplatten. Der erste Eintrag des Gästebuchs stammt aus den 80er Jahren. Auf dem Fensterbrett warten eine Petroleumlampe und ein deutscher Bierkrug auf eine gesellige Nacht. Wir setzen uns auf der Terrasse auf eine Bank und blicken über das Schilf auf einen kleinen verschneiten friedlichen Waldsee. Um hier angeln zu können, bräuchte es jetzt eine Spitzhacke. Dann müssten wir eine kleine Fichte ins Loch stopfen, warten bis kleine Fische an ihnen knabbern, um dann ihre Jäger, großen Fische, zu angeln. So machen es unsere benachbarten Fischer zumindest auf dem Värmelnsee.
Statt gebratener Fisch duftet der frische weiche Osterzopf mit Hagelzucker duftet vor uns auf dem Tisch und ist bald verschwunden.

Wir stapfen über durch den tiefen Schnee einmal um den See herum. Die Füße versinken darin. Nach einer sechs Kilometer langen Wanderung kommen wir zuerst an einem alten Schuppen mit alten Bauerngerätschaften und dann an einem Bauernhof vorbei auf dem uns ein neugieriger schwedischer Schafbock beäugt. Stolz steht er unter nackten Apfelbäumen auf der einzigen Fläche, die nicht mit Schnee, sondern mit Sägespänen bedeckt ist. Ein blau-gelber Wimpel flattert über uns an einem hohen Mast. Eigentlich müsste die schwedische Nationalfahne nicht blau-gelb, sondern so Falunrot wie die Häuser sein. Dieses warme dunkle Rot soll übrigens als Abfallprodukt des Kupferbergwerks von Faluröd entstanden sein. Das Bergwerk wurde in den 90er Jahren leider geschlossen und ist nun ein Touristenhighlight.

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Bullerbü-Syndrom

Der Ofen glüht heiß als wir unser Ferienhaus betreten. Drinnen ist schön warm und gemütlich. Das haus ist super geschnitten, so dass auf den 100 Quadratmetern jeder seinen Rückzugsort zum Lesen, Dösen und Spielen hat, ohne dass wir uns aus dem Auge verlieren. Mein Lieblingsplatz ist der alte rote Sessel direkt an dem großen Giebelfenster von dem ich weit über den zugefrorenen See blicken kann. Mit dem Fernglas entdecken wir eine kleine Waldhütte auf der gegenüberliegenden Insel Lövön. Die Fischer stehen um ihre Fichte im Eisloch herum. Unsere Tochter spielt und ich erhasche so herrliche Sätze wie „Der beste Tag der Welt, soll am besten jeden Tag sein“. Das unterschreibe ich sofort. Astrid Lindgren hätte dieser Satz bestimmt auch gut gefallen. Das Bullerbü-Syndrom hat uns trotz des Schnees voll erwischt.

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Die Natur in Värmland/ Schweden hat etwas besonders ursprüngliches und natürliches.

Unterwegs in der Hafenstadt Göteborg

Unser einwöchiger Urlaub ist leider schon vorbei und wir sind auf dem Weg zum Fährhafen. Auf halbem Weg vom Värmelnsee nach Trelleborg machen wir für ein paar Stunden in Göteborg halt um uns die Beine zu vertreten. Die Autofahrt  nach Göteborg dauert 3,5 Stunden. Zu Beginn sind wir hauptsächlich Landstraße gefahren bevor wir auf die Autobahn einbiegen konnten. Landstraßen sind zwar schöner zum Gucken, es zieht sich aber auch. Die Kinder haben die Fahrt problemlos gemeistert. Die jüngere hat 2 Stunden geschlafen und die Große ihre Lieblingslieder mit Kofhörern gehört. Nun sind sie putzmunter.

Endlich ein Älg! Das süße Elch-Paar ist gerade beim Lunch als wir am Gehege im Göteburger Slottsskogen vorbei kommen. Ihr älterer Kumpel entspannt gerade nebenan in einem separaten Gehege. So ein ausgewachsener Elch, wie er gerade vor uns chillt, bringt an die 800 Kilogramm auf die Waage. Ziegen, Hühner, Pfauen, Robben und eine Gruppe Ponys gehören auch noch zur tierischen Nachbarschaft. Etwas weiter weg wohnen Humboldtpinguine. Der Barnens Zoo steht täglich offen und kostet keine einzige Krone. Es ist Samstagnachmittag und viele Familien sind in diesem schönen Park unterwegs. Auf den hohen felsigen Hügeln über den riesigen Rhododendronbüschen spielen Kinder während auf den unteren Wegen Radfahrer jeden Alters unterwegs sind. Stylisch gekleidete Eltern schieben in diesem im Jahr 1874 angelegten Park Kinderwagen umher. Auf dem Spielplatz Plitka klettern die Kinder in einen 15 Meter langen Pottwal und wir rutschen von einam Hang hinab ins Getümmel bis uns schwindlig ist. Während wir auf einer Parkbank einen Hotdog genießen, wird hinter uns Straßenhockey gespielt.

Bevor wir auf dem kostenpflichtigen Parkplatz den letzten freien Platz ergatterten, haben wir der Fischkirche eimen Besuch abgestattet. In der Markthalle mit dem markanten Dach werden alle möglichen Fische und Meerestiere angeboten. Gegenüber haben wir außerdem einen Blick in das hübsches Café namens Boulebar geworfen in dem Familien Boule spielen, während andere am Tisch Mittagessen. Uns bleibt leider nicht viel Zeit in dieser spannenden Stadt, weil wir um 21 Uhr unsere Fähre in Trelleborg bekommen müssen und bis dorthin ist es noch ein gutes Stück Weg.

Eine tolle Kollegin meines Mannes, die einige Zeit in Göteborg lebte, hatte uns ein paar super Tipps für Ausflüge mit Kids gegeben, die wir bei unserem nächsten Schwedenurlauben nachholen werden.

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Endlich ein Älg!

Die Highlights für einen Tag in Göteborg mit Kids

1. Die Paddan-Boote Rundfahrt ist sehr cool bei gutem Wetter

2. Etwas mehr low-budget aber eigentlich genauso schön ist es, die öffentliche Fähre von ‚Stenpiren‘ oder ‚Lilla Bommen‘ nach ‚Klippan‘ zu nehmen. Da ist das Museum / Restauran Röda Sten direkt am Wasser, was total nett ist.

2. Die Hafenbucht ‚Frihamnen‘ im nördlichen Teil der Stadt war/ist der größte ‚brachliegende‘ Stadtteil in ganz Europa. Dort hat die Stadt ganz spannende Planung für neue Projekte gemacht, für welche sie u.a. auch Kinder befragt haben. Ein sehr spannender Ort mit coolen Spielplätzen, der sich fortlaufend entwickelt. Hier gibt es eine öffentliche Sauna, die ganz aus recycelten Materialien ins Wasser gebaut wurde. Der Besuch ist umsonst, man muss Badesachen tragen und es ist auch nicht so heiß, deswegen sieht man oft Kinder dort. Eventuell muss man sich dort vorher anmelden.

3. Die Boulebar ist ein Cafe/Restaurant/Bar, wo man drinnen Boule spielen kann, ist auch schön mit Kindern den Nachmittag verbringen kann.

4. Alfons Aberg (Willy Wiberg auf Deutsch) und Universeum sind zwei Erlebnismuseen extra für Kinder. Auch das Seefahrtsmuseum ist schön für Kinder. Hinter dem Alfons Aberg erschließt sich der Trädgårdsföreningen, ein Park / Botanischer Garten mit wunderschönen alten, großen Gewächshäusern.

5. Wenn man etwas mehr Zeit hat, ist ein Ausflug ins Archipelago auf die wirklich traumhaften Inseln vor Göteborg zu empfehlen. Die Fähren fahren alle von Saltholmen ab. Schon alleine für die Fährfahrt durch die Schären lohnt sich das Erlebnis.

6. Das alte Arbeiterviertel Haga ist total nett für einen Spaziergang und eine Kanelbullar im Husaren Cafe.

7. Fantastischer Kaffee (& heiße Schoki für die Kleinen) und schwedisches Gebäck (Zimt / Kardamonschnecken) bei Da Matteo, an mehreren Orten in der Stadt.

8. Bei schönem Wetter ist der Slottsskogen Stadtpark schön, da gibt es einen Tierpark mit Elchen, Pinguinen usw. und ganz tolle Spielplätze.

9. Liseberg ist der Erlebnispark in Göteborg, ist eigentlich sehr nett, aber natürlich nicht ganz günstig. Aber für Kinder garantiert ein Highlight.

Allgemeines: Man zahlt fast alles mit Karte. Essen gehen lohnt sich besonders zur Mittagszeit. Da ist alles günstiger und es gibt immer Kaffee/Brot/Salatbuffet. Ein paar sehr schöne Restaurants sind Kafe Magasinet, Barabicu, Pustervik, Boulebar, Sjöbaren (da gibt es Seafood, soll sehr gut sein)

Der öffentliche Nahverkehr sind sehr angenehm, es fahren schöne retro Trams, und über Google Maps kann man sich die besten Verbindungen ausspielen lassen.

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Beim Sightseeing muss man auch mal verschnaufen

Daten und Fakten zu Värmland

  • Circa 320.000 Einwohner
  • Circa 19.000 Quadratkilometer groß
  • 14-17 Einwohner je Quadratkilometer
  • 10.000 bis 11.000 Seen, Vänern ist mit 5.648 Quadratkilometer der größte See Westeuropas
  • Klarälf, Schwedens längster Fluss
  • 70% Waldfläche
  • bis zu 700 Meter hohe Berge
  • 1.000 Kilometer Wanderwege
  • mögliche Aktivitäten: Ski fahren, Angeln, Radfahren, Schwimmen, Wandern, Elch- und Bibersafaris, Floß-, Kanu- und Kajakfahren
  • Karstadt ist Zentrum von Värmland

Anreise

Ab Rostock fahren Fähren nach Trellebog und Gedser. Wir haben eine Nachtfähre nach Trelleborg von Stenaline genommen. Diese legte gegen 22 Uhr in Rostock ab und kam morgens um 6 Uhr in Trelleborg an. Wir hatten eine 4er Außenkabine mit einem kleinen Bad. Im Sonnenaufgang sind wir vom Deck und hatten somit noch den ganzen Tag vor uns.
www.stenaline.de

Ferienhäuser

Unser Ferienhaus haben wir über die Buchungsplattform fewodirekt gebucht. Der Kontakt mit dem Vermieter war sehr angenehm. Vor Ort gucke ein befreundeter Nachbar des Besitzers nach uns und fragte, ob wir alles haben, was wir brauchen oder ob wir noch Fragen haben. Das fanden wir sehr freundlich.
Zwischen Januar und Mai und vor Weihnachten gibt es reichlich Auswahl was Ferienhäuser in Schweden und vemutlich in ganz Skandinavien betrifft, weil es in der Zeit noch nicht warm ist. In der Zeit von Mai bis September sowie um Weihnachten herum sind die schönen Häuser lange im voraus ausgebucht.

www.fewo-direkt.de

Informationen und Kontakt

http://www.schwedentipps.se/goeteborg/

www.schwedentipps.se/vaermland

www.schwedentipps.se/vaermland/arvika

Reiseführerempfehlungen für Schweden

Frank Mosch, „Förster 1.0“ in der Revierförsterei von Berlin-Tegelsee, über die Sicherheit im Wald

Revierförsterei Tegelsee Berlin Tegeler Forst
in der Revierförsterei Tegelsee Berlin, Frank Mosch

Unsere beiden Töchter, ein Schulfreund unserer Großen und ich sitzen mit Frank Mosch, dem Revierförster von Berlin-Tegelsee***, in seinem gemütlichen Dienstzimmer am Holztisch und naschen von seinem Weihnachtsgeback. Frieda, sein noch sehr junger Hund, läuft aufgeregt zwischen uns umher. Geweihe und Wildschweinzähne der wahrscheinlich gesamten 13. Förstergenerationen schmücken zwei Wände. Ansonsten zieren Karten des Tegeler Forsts und ein Aktenregal das Büro. Was ich beim Förster zu suchen habe? Seit mittlerweile 7,5 Jahren leben wir in nah des Waldgebiets im Norden Berlins, das im Norden bis zur Autobahn Tegel-Stolpe, im Osten bis zum Tegeler See, im Süden bis Tegelort/ Konradshöhe und im Westen bis Heiligensee reicht und damit ungefähr so groß ist wie der Berliner Ortsteil Moabit. Ich möchte gerne erfahren, was einem Menschen umtreibt, der für rund 714 Hektar Schutz- und Erholungswald und alles was darin lebt zuständig ist. Frank Mosch hat meine Interviewanfrage schnell und unkompliziert zugesagt und nun bin ich – sind wir – hier bei ihm und Frieda.

Kurz zu Frank Mosch: Er ist 1971 in der Lüneburger Heide geboren und lebt nun seit 20 Jahren in Berlin. Der Diplom-Forstingenieur leitet seit 2009 die Revierförsterei Tegelsee und wohnt mit seiner Frau und zwei Kindern in der Revierförsterei am Schwarzen Weg. Die bereits seit 1848 existierende Försterei dient zugleich als sein Dienst- und Wohnsitz.

Herr Mosch, in der Nähe der Revierförsterei Tegelsee existiert seit 1999 eine integrierte Waldkita. Sind Waldkindergärten für Sie Fluch oder Segen in Bezug auf den Wald?

Mosch: Grundsätzlich ist es natürlich ein Segen, dass sich überhaupt noch Leute dafür interessieren und dafür sensibilisiert werden. Das ist schon mal nicht schlecht. Ein Fluch in Anführungszeichen ist es manchmal in kleinen Bereichen, wenn es dem Wald nicht gut tut. Zum Beispiel wenn weiträumig und willkürlich überall in die Flächen reingelaufen wird.

Auf was sollten Pädagogen und Eltern mit den Kindern im Wald besonders achten, um ihn zu schonen?

Mosch: Sie sollten respektieren, dass der Wald Rückzugsgebiet für Tiere und ein Lebensraum für Pflanzen ist. Man will ja auch nicht, dass das Wildschwein einem durchs Wohnzimmer und die Küche läuft und so was und krakeelt. Waldbesucher sollten sich entsprechend vernünftig verhalten, die Rückzugsgebiete der Tiere und Pflanzen respektieren und sich nach Möglichkeit natürlich auf den Wegen aufhalten.

Arbeiten Sie mit einem Waldkindergarten zusammen oder stehen Sie regelmäßig in Kontakt zu einer Waldkita? Wenn ja, was sind Ihre gemeinsamen Themen?

Mosch: Ja, zur Waldkita Waldmäuse habe ich regelmäßig Kontakt, weil ich sie einfach immer wieder sehe. Es ist ein lockerer Kontakt, kein streng vorgegebener. Ich halte ab und zu an, wenn ich gerade Zeit habe und etwas neues passiert. Zum Beispiel habe einen neuen Hund, die Frieda. Dann halte ich mal kurz an und stelle den Kindern die Frieda kurz vor. Aber das ist, wie gesagt, ein lockerer Kontakt, den man so hält. Unsere Themen sind situationsbezogen. Zum Beispiel kurz vor dem Sturm Xavier hatte ich einige Erzieher zur Fortbildung hier bei mir. Sie waren sehr erstaunt und perplex, auf was man alles achten muss, das war denen gar nicht so richtig bewusst.

Sie nehmen Erziehergruppen mit den Wald?

Mosch: Ja, das eine war eine Fortbildung oder ist im Rahmen einer, ich glaube, schulischen Ausbildung für Erzieherinnen gewesen. Und dann kam noch eine Gruppe speziell von denen, die hier direkt ortsansässig sind, mit denen man ab und zu tun hat.

Inwiefern pflegen Sie Kontakt mit Schulen?

Mosch: Zu meinen Zeiten als Leiter der Forstamtsverwaltung in Köpenick hatte ich offiziell eine Patenschaft mit einer Schule und einem Kindergarten. Das habe ich hier so umfangreich nicht mehr. Ich habe allerdings Kontakt zu einer Integrationsschule. Die kommen seit mittlerweile sechs Jahren und noch länger hierher und machen etwa ein bis zwei Wochen Projektarbeit mit den Schülern, die dann praktisch im Wald arbeiten. Und ich bekomme natürlich jede Menge andere Anfragen. Von Kindergärten vor allen Dingen, die Führungen und so was machen möchten. Die Rucksack Waldschule*, zu der sowohl Forstleute als auch Pädagogen gehören und die an die Waldschule Spandau angebunden ist, macht hier waldpädagogische Führungen mit Grundschulklassen und so was alles. Ich arbeite meistens, wie gesagt, mit Erwachsenen und begleite Bio-Leistungskurse und so etwas.

Ist es nach einem Sturm, wie zum Beispiel der Sturm Xavier, den wir im Oktober 2017 in Berlin und Brandenburg hatten, eigentlich fahrlässig mit Kindern in den Wald zu gehen?

Mosch: Grundsätzlich fahrlässig ist es sicherlich nicht. Es ist sinnvoll, dass man in den Wald geht. Man muss dazu auch wissen, dass jeder den Wald betreten zur Erholung und auf eigene Gefahr darf. Aber es kann jederzeit überall passieren, dass irgendwo ein Ast herunterfällt, ein Baum umkippt, man über eine Wurzel stolpert, vom Wildschwein angegriffen wird oder ähnliches. Das sind normale Risiken mit denen man im Wald leben muss. Gerade bei uns im Tegeler Forst, weil wir ökologisch mit dem FSC Siegel** zertifiziert sind. Das Siegel kennt man von Tetrapacks. Es bescheinigt uns eine naturnahe Bewirtschaftung des Waldes. Und dazu gehört zum Beispiel auch, dass wir insbesondere Todholz im Wald belassen. Dadurch steigt logischerweise das Risiko deutlich, dass etwas herunter fällt oder dass man stolpert. Deshalb sage ich immer, dass grundsätzlich jeder den Wald betreten kann und dass es sicherlich nicht fahrlässig ist dies zu tun. Was teilweise natürlich nach einem solch heftigen Sturm fahrlässig ist, ist das Betreten von Windbruchräumen und so was. So etwas haben wir bei manchen Schulklassen und Kindergärten beobachtet. Einige laufen querfeldein und durchklettern umgestürzte Bäume. Aber auch einzelne unabhängige Pädagogen und einzelne Spaziergänger tun das und sehen die Gefahr gar nicht. Das ist dann natürlich nicht nur fahrlässig, sondern grob fahrlässig, vorsätzlich schon fast.

Woran erkenne ich einen Baum, der nach solch einem heftigen Sturm umkippen könnte? Gibt es Baumarten, die gerade hier im Tegeler Forst besonders prädestiniert dafür sind?

Mosch: Das ist relativ schwierig. Das kommt vor allem drauf an, wann der Sturm ist und welche Witterung herrscht. Vor dem Sturm Xavier gab es tagelang ordentlich Regen, so dass der Boden aufgeweicht war. Dazu kam, dass die Laubbäume noch ihr Laub voll drauf hatten. Das heißt, dann ist natürlich ein großer Baum, wie Buche oder Eiche, mit einer großen Blätterkrone viel, viel gefährdeter umzukippen, weil der eine viel größere Angriffsfläche für den Wind bietet und einen größeren Hebelpunkt hat. Das meiste, was nach dem Sturm umgefallen ist, sind dann eben dicke, alte, Eichen und Buchen. Kiefern mit ihren kleinen Kronen sind deutlich weniger gefährdet. Im Winter ist das natürlich anders. Dann werden eher die Nadelbäume umgeworfen, weil diese natürlich zwischen den ganzen kahlen Laubbäumen die einzige Angriffsfläche bieten. Also von daher ist das sehr, sehr unterschiedlich.

Wie haben die Tiere hier im Wald den Sturm überstanden? Wie ist es den Rehen und den Wildschweinen im Wildgehege vor Ihrer Haustür ergangen?

Mosch: Dammwild, Wildschweine und Muffelwild… Da sind einige Tiere ausgebrochen, weil der ganze Zaun kaputt war. Aber mittlerweile sind jetzt alle wieder drin. Sie sind alleine wieder reingesprungen. Teilweise liefen sie hier auf dem Hof herum und wurden dann mit Futter von uns hereinreingelockt. Aber ein Dammtier, das lief tagelang hier bei mir auf dem Hof rum. Deshalb musste ich mit meinem Hund immer aufpassen. Aber irgendwann hatten wir es dann auch drin.

Und nun möchte ich Ihnen einige persönliche Fragen stehen, Herr Mosch. Warum sind Sie Förster geworden, was war Ihr Antrieb dafür?

Mosch: Ich wollte vor der ersten Klasse schon Förster werden. Es gab aber keinen familiären Hintergrund. Es sind zwar alle Jäger geworden, aber erst weit nach mir. Ich bin Förster 1.0 in der Familie!

Seit wann arbeiten Sie als Förster?

Mosch: Mit dem Studium war ich 1995 fertig und seit ’97 bin ich hier. Zuerst war ich im Landesforstamt Nikolassee, am Wannsee. Dann war ich fast zehn Jahre Leiter der Forstamtsverwaltung in Köpenick. Und nun bin ich seit Mai 2009 hier in Tegelsee.

Haben Sie eine oder mehrere Lieblingsstellen im Wald? Und wenn ja, warum sind es Ihre Lieblingsstellen?

Mosch: Ich komme aus der Lüneburger Heide. Und ich sehne mich immer noch, auch nach 20 Jahren, in die Lüneburger Heide zurück. Und ich finde es manchmal fast erschreckend, wie viele Leute hier durch den Wald rennen und das fast parkähnliche Zustände annimmt, weil hier alle 50 oder 100 Meter ein Trampelpfad ist. Man muss schon suchen, um einen, in Anführungsstrichen, schönen Ort im Wald zu finden. Und wenn man den Wald liebt, liebt man ja meistens die Stille und die Ruhe und die hat man zumindest, vielleicht als Großstädter, hier im Tegeler Forst. Aber als einer, der vom Land kommt, findet man die hier auch im Wald nicht unbedingt. Ansonsten gibt es eigentlich keine ganz speziellen Orte. Es ist auch jahreszeitlich sehr, sehr unterschiedlich. Also, ich habe mag es am liebsten bei ein bisschen Regenwetter. Wenn nicht so viele Leute da sind. Wenn man dann diese Laubfärbung hat. Das ist dann schon ein Traum! Und wenn es ein bisschen neblig ist, dann ist es auch ein bisschen dumpf, dann hört man nicht zu viele Töne oder Nebengeräusche.

Weitere Informationen

*Rucksack Waldschule: www.jibw.de/rucksack-waldschule

**FSC Siegel: www.fsc-deutschland.de/de-de

*** Revierförsterei Tegelsee: https://www.berlin.de/senuvk/forsten/berliner_forsten/organisation/de/foa_tegel.shtml

Revierförsterei Tegelsee Berlin Tegeler Forst
Tegeler Forst Berlin

Ausflugtipp für das komische Krankenhaus, das kaputt ist: Führung mit Kindern in den Beelitzer Heilstätten

Waschküche des ehemaligen Krankenhauskomplexes
Waschküche des ehemaligen Krankenhauskomplexes

Unsere Freunde aus Italien haben uns einen Besuch in Berlin abgestattet. Tagelang hatten wir Zuhause überlegt, was wir ihnen in unserer Stadt in der Kürze zeigen könnten und Ideen gesammelt. Unsere Freunde, ein Paar mit Kleinkind, er beruflich Programmierer und Musiker und sie Kunstlehrerin und Künstlerin, hatten aber eine bereits eine konkrete Vorstellung im Gepäck: Sie möchten so genannte „lost places“, also verlassene Orte, besuchen. Dufte, von „verbotenen“ bzw. verlassenen Orten und Gebäuden haben wir ja in Berlin und Brandenburg eine Menge. Schnell einigten wir uns auf die Beelitzer Heilstätten im Landkreis Potsdam-Mittelmark für unsere „Urban Exploring Tour“. Schon seit Jahren ist das von der Landesversicherungsanstalt von 1898 bis 1930 errichtete und heute denkmalgeschützte Ensemble ein Besuchermagnet für Touristen sowie Berliner und Brandenburger. Nicht zuletzt durch zweifelhafte Parties, Geisterbeschwörungen sowie auch tödliche Unfälle ist das Areal im Internet weltweit bekannt geworden.

Graffitti in den Beelitzer Heilstätten
Graffitti in den Beelitzer Heilstätten

Beelitzer Heilstätten: geheimnisvolle Ruinenlandschaft im märkischen Kiefernwald

Dennoch hatten wir es bisher versäumt das 200 Hektar große Areal mit den rund 60 Gebäuden zu besichtigen. Unser lieber Besuch aus dem Süden Europas ist also eine prima Anlass an einem schönen Wintertag das ehemalige preußische Vorzeigekrankenhaus für Tuberkulosekranke, das in zwei Weltkriegen als Lazarett und danach als sowjetisches Militärhospital diente, zu besuchen.

Architecture of the future and architecture of the past?, Graffitti im ehemaligen Behandlungsraum

Die Volkskrankheit Tuberkolose

Um 1900 herum war die Tuberkulose eine weit verbreitete Volkskrankheit, die tödlich endete, so sie nicht behandelt wurde. Circa 30 Prozent der männlichen Arbeiter erkrankten zwischen ihrem 20. Und 30. Lebensjahr an der Lungenschwindsucht. Auch bekannte Künstler, wie Chopin, Gorki und Kafka erlagen der Krankheit. Hier in Beelitz war die Luft staubfrei. Es gab genug Licht, Sonne und Luft so dass sich die Menschen seelisch wie körperlich erholen konnten. Da ein Großvater meinerseits ein Facharzt für Lungenkranke war, finde ich die Lungenheilstätten doppelt interessant.

Eingangsportal der alten Chirurgie, Beelitzer Heilstätten
zerstörtes Eingangsportal der alten Chirurgie

Auf dem Weg ins „komische Krankenhaus das kaputt ist“ (Originalton unserer Tochter)

Im Internet finden wir Informationen über verschiedene Führungen, die seit dem 27. Januar 2017 wieder regelmäßig von Go2know stattfinden und entscheiden uns für die alte Chirurgie. Sie sieht auf den Fotos ziemlich gruselig aus. Wir packen alle Bamibini sowie Schneeanzüge, Kameras und Proviant in die Autos und düsen gen Potsdam los.

Der Autoparkplatz ist bereits gut gefüllt als wir um 13.20 Uhr, knappe zehn Minuten vor Führungsbeginn vor den Toren des Areals, ankommen. Auch das Café im sanierten Pförtnerhaus an einer Toreinfahrt ist knüppeldicke voll.

verfallenes Sanatoriumsgebäude, Beelitzer Heilstätten
verfallenes Sanatoriumsgebäude der ehemaligen Arbeiter-Lungenheilstätten

Filmkulisse oder Wirklichkeit?

Auf dem Weg zur Besucherinformationen und Kasse kommen wir uns bereits wie in einer Filmkulisse von Harry Potter vor. Oder doch eher vom Zauberberg? Bäume wachsen aus Schindeldächern und aus zerborstenen Fenstern ranken sich Pflanzen sich um die altehrwürdige Backsteinfassade der verschiedenen Sanatoriumsgebäude. Alle Gebäude sind aus Sicherheitsgründen umzäunt. Ich rate auch jedem nur mit Führung die Gebäude zu betreten. Es besteht Lebensgefahr wegen möglicherweise einstürzendem Dächern oder Treppen. 

Die Beelitzer Heilstätten waren früher unter anderem mit einer eigenen Kirche für Protestanten und Katholiken (die nicht mehr existiert und deren Bauelemente später für ein Kasino in Beelitz herhalten mussten), einem Heizkraftwerk (von einem Förderverein betrieben), einer Fleischerei, einer Post, einem damals sehr beliebten Restaurant mit Gartenbetrieb, einer Bäckerei und einer Gärtnerei (deren Ruinen wurden mittlerweile abgetragen) eine richtige Stadt für sich. Schließlich mussten hier auch um die 1.600 Patienten, Ärzte und Pflegekräfte versorgt werden.

Ausblick in den Gang des Männertrakts der ehemailigen Chirurgie
Ausblick in den Gang des Männertrakts der ehemailigen Chirurgie, Zustand 2017

Über den Bäumen wird der Ausblick wohl grenzenlos sein

Im Quadranten A des Geländes fällt uns der Baumkronenpfad auf, der zwischen den kahlen Winterbäumen hervorlugt. Einige Besucher spazieren locker flockig in circa 20 Meter Höhe auf einem etwa 2,50 Meter breiten Weg umher und genießen von oben den Ausblick auf den Waldpark und die Gebäude mit ihrer wechselvollen Geschichte. Tolle Sache!

Die alte Chirurgie der Beelitzer Heilstätten
Die alte Chirurgie der Beelitzer Heilstätten (Südseite)

Die alte Chirurgie, ein Geisterhaus?

Unser Guide und die Gruppe warten freundlicherweise auf uns Nachzügler. Nachdem wir die Sicherheitsunterweisung unterschrieben, die Tickets kontrolliert und den Ablauf der Führung erläutert bekommen haben (entweder man macht die Führung oder bewegt sich auf eigene Faust durchs Gebäude), geht es endlich los ins Innere der alten Chirurgie.

Leider ist das Eingangsportal auf der Südseite, des für Luftkuren mit Balkonen gesäumten Hauses, der Zerstörungswut zum Opfer gefallen. Große Steinbrocken sind stumme Zeugen. Im Eingangsbereich stecken hingegen noch viele Glühbirnen in den Fassungen der einstigen Deckenbeleuchtung. Fragt sich nur wie lange noch.

Unsere Zweijährige nimmt mein Mann vorsichtshalber auf seine Schultern und unsere Sechsjährige bleibt bei mir an der Hand. Das Kind unserer Freunde ist im Buggy eingeschlafen. Zum Glück sind unsere Kinder so vorsichtig, denn es gibt hier teilweise ungesicherte Bereiche, die gekennzeichnet bzw. mit Palletten und Schildern abgesperrt und nicht betreten werden dürfen. Wer Kinder hat, die keine Angst kennen, sollte sie besser nicht hineinnehmen.

Fahrstuhlschacht der alten Chirurgie der Beelitzer Heilstätten
Fahrstuhlschacht der alten Chirurgie

Das Erdgeschoss

Der Guide erklärt uns auch mit Hilfe von Fotos zuerst die geschichtlichen Hintergründe und gibt einige interessante Details preis. Nach dem ersten Weltkrieg  ärgerte sich Adolf Hitler in den Beelitzer Heilstätten über die nachlassende Kampfeslust der anderen Gefreiten. 1990 flüchtete sich einst Erich Honecker vor der Justiz zu einem dort ansässigen sowjetischen Kommandeur bevor er und Margot Honecker nach Moskau ausgeschleust wurden.

Fenster im Treppenhaus der ehemaligen Chirurgie
Fenster im Treppenhaus

Nach dieser und vielen weiteren interessanten Informationen starten wir mit der eigentlichen Besichtigung des Männertraktes im Erdgeschoss. 1930 eröffnet, bot das 160 Meter lange Haus (zum Vergleich: der Kölner Dom misst 157 Meter Länge) einst Platz für 88 Betten mit Radioanschluss und einer zentralen Rufanlage! Ein ausgeklügeltes Heizungs- und Lüftungssystem gab es ebenfalls. Stündlich wurde die Luft ausgetauscht und mit Feuchtigkeit angereichert. 1930 eingeweiht, gehört die ehemalige Chirurgie zu den Häusern, die funktionaler und weniger Schloss ähnlich errichtet wurden als frühere Sanatoriumsgebäude. Die Baulichkeiten wurden genau auf die Bedürfnisse der Ärzte und Patienten angepasst. Nur mit sehr viel Fantasie kann man sich in diesem tragischen Schutthaufen die damaligen Einzelzimmer, den Vorstellungsraum, die Umkleiden etc. vorstellen. Leider ist durch den enormen Vandalismus nichts mehr vom Inventar übrig geblieben. Im Aufzugsschacht stapeln sich die alten Analysegeräte meterhoch. Vor einigen Jahren soll dort noch ein gusseiserner Fahrstuhl im Schacht gehangen haben. Unfassbar, dass alles bis 1994, als die Chirurgie noch als Militärkrankenhaus von den Sowjets genutzt wurde, intakt gewesen sein muss.

Der Vandalismus sowie Wund und Wetter haben kaum noch etwas von der alten Chirurgie übrig gelassen
Der Vandalismus sowie Wund und Wetter haben kaum noch etwas von der alten Chirurgie übrig gelassen

Das Obergeschoss

Die türkis und rosa farbigen Kacheln der Wände liegen in Scherben auf dem Boden des einstigen Operationssaales auf der Nordseite des Krankenhauses. Kein einziges Fenster ist mehr heil. Die Jalousien wiegen sich im Winterwind. Auf dem vereisten Boden findet unsere Tochter einen Golfball. Ob der einem Chefarzt oder einer Chefärztin aus der Kitteltasche gefallen ist? Eher wahrscheinlich ist, dass den hier jemand mal beim Crossgolf hat liegen lassen.

Einer der drei Operationssäle der alten Chirurgie
Einer der drei einst lichtdurchfluteten Wintergarten-Operationssäle der alten Chirurgie (Nordseite)

Der durch Fotos bekannte mit Moos bewachsene Operationstisch steht schon seit zehn Jahren nicht mehr hier. Aus dem Operationssaal können wir durch die leeren Leuchtkästen in die Nebenräume blicken. Junge Birken- und Kieferbäumchen wachsen im offenen Dach, das nur noch aus Stahlgerippen des einst verglasten Raumes besteht.

Badesaal in der ehemaligen Chirurgie
Badesaal in der ehemaligen Chirurgie

Im immer noch sehr schönen türkis gefliesten ehemaligen Baderaum bittet unsere Zweijährige meinen Mann die Fenster zu schließen, weil es „eisekalt“ sei. Sehr umsichtig, kommentiert unser Guide sichtlich amüsiert. Es gibt zwar Fenster in dem Raum, aber ohne Scheiben. Als er dann den „blauen Heinrich“, so hieß die Spuckflasche der Patienten, zückt, dessen Funktion erklärt und berichtet, dass heutzutage jeder Dritte von uns den Tbc-Virus in sich trage und der Erreger nur aufgrund unseres stärkeren Immunsystem nicht ausbricht, fängt ein Gast passenderweise an zu husten. „Wie immer an dieser Stelle“, schmunzelt der Guide.

Flur in der Chirurgie, Beelitzer Heilstätten
Flur in der Chirurgie

Sind die Beelitzer Heilstätten noch zu retten?

Mir tut es um das Gebäude sehr leid. Es sieht erbärmlich aus und wirkt dennoch noch immer würdevoll und anmutig. Das die alte Chirurgie eines Tages „gerettet“ werden kann, so wie zehn der insgesamt 60 Gebäude der einstigen Heilstätten, denke ich nicht. Der Vandalismus, der nach Abzug der Sowjets 1994 einsetzte, hat einfach zu viel unwiederbringlichen Schaden angerichtet. Der Guide berichtet von Plänen nach denen ausgewählte Gebäude des Areals in ein so genanntes Creative Village für Kreative umgebaut werden sollen. Si, si, genauso wie eines Tages der Flughafen BER fertig werden soll, lacht unser Amico. Ich bin gespannt, ob nicht doch eines Tages hier noch etwas Neues entsteht. Der Baumwipfelpfad, den es seit Herbst 2015 hier gibt, soll ja laut Berichten des Guies zumindest ein Besuchererfolg sein.

Draußen atmen wir erleichtert auf. Draußen ist es um ein paar gefühlte Grad wärmer als es im Inneren der zugigen Klinik. Wir sind zu durchgefroren um noch den Baumwipfelpfad zu erklimmen oder uns auf dem Areal weiter umzugucken und bewegen uns daher zurück zum Café. Leider ist es immer noch oder wieder knackevoll. Wir laufen weiter zum ehemaligen Desinfektionshaus in dem seit 1999 das Hotel Gustav residiert. Im Wintergarten und Speisesaal des Hauses wärmen wir uns an einer leckeren Suppe.

Adressen und weitere Informationen

Anfahrt mit Bus und Bahn:

Beelitz Heilstätten
14547 Beelitz

Im Zentrum der Beelitzer Heilstätten liegt der Bahnhof Beelitz-Heilstätten“, dort hält der RegionalExpress RE 7 (Wünsdorf-Waldstadt – Dessau, mit Halt in Berlin-Schönefeld, Berlin Ostbahnhof, Berlin Hbf., Berlin Zoo und Potsdam-Rehbrücke).

 

Führungen in den Beelitzer Heilstätten:

www.go2know.de/Fototouren/Beelitz-Heilstaetten

Hintergrundinformationen zu den Heilstätten:

www.beelitzer-heilstaetten.de

Baumkronenpfad:

www.baumundzeit.de/baumkronen-und-zeitreisepfad

Gastronomie

Landhotel Gustav

http://www.landhotel-gustav.de/index.htm

Café Zum Pförtnerhaus
Str. nach Fichtenwalde 13, 14547 Beelitz
Telefon:033204 638330

zum-pfoertnerhaus.com/zum-pfoertnerhaus

Beelitzer Heilstätten in den Medien

„Beelitzer Heilstätten sollen Kunstateliers werden“, Der Tagesspiegel, 20.9.2014
www.tagesspiegel.de/berlin/neue-ideen-fuer-alte-klinik-in-brandenburg-erich-honecker-fluechtete-im-april-1990-in-die-beelitzer-heilstaetten-/10729884-2.html

Ruine lockt mit der Schönheit des Verfalls, Potsdamer Neueste Nachrichten, 22.2.2015: www.pnn.de/pm/941056/

„Jeder Dritte trägt den Tuberkulose-Erreger in sich“, Welt, 18.3.2015

www.welt.de/gesundheit/article138533041/Jeder-Dritte-traegt-den-Tuberkulose-Erreger-in-sich.html

Bücher und Filme über die Beelitzer Heilstätten

Beelitz-Heilstätten. Vom Sanatorium zum Ausflugsziel (Geschichts- und Erinnerungsorte) Taschenbuch,  1. August 2016

Geheimnisvolle Orte Vol.3: Die Avus – Beelitz-Heilstätten (DVD)

Verlassene Orte/ Abandoned Berlin Taschenbuch – 26. Februar 2015