Vor mir singt das Meer sein unaufhörliches rauschendes, zwischendes und polterndes Liebeslied. Für eine Weile stranden die Wellen flach und ruhig am Strandufer. Danach donnern sie heran bis sie sich wie vor Wut schäumend wieder ins Meer zurückziehen und so tun, als ob sie nie Krawall gemacht hätten.
Ich könnte noch stundenlang hier in dieser idyllischen Bucht dieses uralte Schauspiel beobachten. Nach einer anstrengenden aber schönen Arbeitszeit, die glücklicherweise in Südfrankreich stattgefunden hat, habe ich nun ein paar Stunden für mich. Diese geschenkte Zeit für mich ganz allein, bevor ich zurück im meine Heimat fliegen und mein Zuhause, meine Kinder und meinen Mann wiedersehen werde, ist in den letzten fast sieben Jahren sehr sehr selten geworden.
Die Sonne scheint auf meine noch weiße Berliner Winterhaut. Sand arbeitet sich in jede Stofffalte meiner Hose. Eine angenehme Brise erfrischt mich. Es ist der Himmel auf Erden. Ich entspanne und halte hier am Meer bewusst inne.
Ich frage ich mich: Wo stehen mein Partner und ich mit unserer Beziehung?
Wo soll die Reise mit uns beiden hingehen?
Was wünsche ich mir für mein und unser gemeinsames Leben?
Was haben mein Mann und ich uns als Liebespaar erhalten?
Was ist uns geblieben?
Warum liebe ich ihn immer noch?
Was ist in den 17 Jahren auf der Strecke geblieben?
Was fehlt mir?
Und vorl allem: Wo und wie kann ich das wiederfinden?
Wir sind seit 17 Jahren ein Paar, mein Mann, der Vater unserer gemeinsamen Kinder und ich. Wir haben mehr Jahre zu zweit als Paar ohne Kinder verbracht als zu dritt beziehungsweise zu viert. Wir haben gemeinsam studiert, die Welt bereist, gefeiert, sind zusammen gezogen und haben geheiratet. Erst danach gründeten wir eine Familie. Wir hätten auch erst Kinder und danach heiraten können oder das Heiraten sein lassen können. Als die Kinder kamen, war das Leben auf einen Schlag ganz anders. Für mich noch mehr als für meinen Mann, denke ich. Ich machte die lange Elternzeit und verbrachte jeweils zwölf Monate fast 24 Stunden am Stück mit dem Kind. Ich wollte das so. Aber nach dem Elternjahr löste ich mich auch wieder und kehre Stück für Stück in meinen Beruf zurück, traf mich mehr mit Freundinnen und verbrachte auch das ein oder andere Wochenende mit meinem Mann alleine. Trotzdem wurde unsere Beziehung nicht mehr so, wie sie vor den Kindern war. Das kann und muss sie auch nicht.
Menschen verändern sich und damit auch die Partnerschaft. Aber Kinder verändern Frauen und Männer, veränderten mich und meinen Mann schneller und stärker. Nach der Geburt des ersten Kindes standen bei uns andere, neue Dinge im Fokus. Der Partner, mein Mann, mit dem ich zwei Menschenwesen das Leben geschenkt habe, rückte mehr und mehr in den Hintergrund. Die Hilfsbedürftigkeit der Kinder war einfach zu groß, als dass ich wie vor der Zeitrechnung namens Nachwuchs unsere Beziehung hätte pflegen können. Doch nun spüre ich wie sehr mir mein MANN fehlt. Der Mensch, mit dem ich durch Dick und Dünn gegangen bin. Der Mensch der mich so glücklich gemacht hat.
Contents
Lost & Found Schalter der Liebe
Zunächst verspüre ich Hemmungen eine Bestandsaufnahme unserer Partnerschaft zu machen. Es scheint mir zu rational, zu berechnend und nüchtern zu sein. Ich stelle mir einen Lost & Found Schalter am Flughafen vor, und schon muss ich schmunzeln und es fällt mir leichter in mich hineinzuhören und ehrlich zu mir selbst zu sein.
Um es mir etwas leichter zu machen, beginne ich mit dem, was wir immer noch haben und betrachte dies alles wie den Inhalt eines alten Koffers auf dem Dachboden, wende es in der Hand hin und her und freue mich dabei es wieder gefunden zu haben.
Beim Schreiben bemerke ich, wie viel ich an an meinem Partner schätze. Ich spüre, wie stark meine Gefühle für ihn sind. Gleichzeitig fällt mir auf, dass eine dicke Schicht aus Stress und Unachtsamkeit auf ihnen lastet. Warum ist es nötig, dass ich inne halten und mich konzentrieren muss damit mir wieder klar wird, was ich an meinem Mann habe? Vielleicht weil mein Kopf sich die ganze Zeit ums Organisieren dreht. Um unwichtige Nichtigkeiten sowie wichtige Details, die dafür sorgen das der Laden läuft.
Was haben wir im Laufe der letzten fast sieben Jahre verloren?
Zeit. Wir haben vor allem Zeit für uns beide verloren, weil wir sie uns nicht genommen haben.
Wie stelle ich diese Nähe für mich und uns beide wieder her?
Zum Beispiel indem ich:
meinem Partner sage, weshalb ich ihn liebe und warum er mir so viel bedeutet.
ihm wieder mehr Aufmerksamkeit schenke. Indem wir wieder mehr Gespräche führen.
nicht immer die Kinder an erste Stelle setze.
uns mehr Zeit gebe und zu unwichtigen Aufgaben und Menschen, die meine Zeit stehlen, Nein sage.
statt Kritik mehr Lob an den Tag lege, auch für vermeintlich selbstverständliche Dinge.
Und noch vieles mehr…
Buchtipps zum Thema:
Liebende bleiben: Familie braucht Eltern, die mehr an sich denken Gebundene Ausgabe – 7. März 2017, von Jesper Juul
Was glückliche Paare richtig machen: Die wichtigsten Rezepte für eine erfüllte Partnerschaft Broschiert – 9. Februar 2015, von Christian Thiel