In Berlin zu wohnen ist wirklich großartig. Und noch großartiger ist es, wenn man am Wochenende alles ins Auto auf den Fahrradgepäckträger oder ins Wohnmobil wirft und raus an einen See fährt. Denn schließlich soll das knapp 30.000 Quadratkilometer große Brandenburg nicht umsonst mit seinen zahlreichen Flussläufen und Seen glänzen, oder? Es ist fast schnuppe, in welche Himmelsrichtung man von Berlin aus fährt, irgendwo lässt es sich immer ins kühle Nass springen.
Wir haben uns mit dem Kieesse Ruhlesee bei Ruhlsdorf an der Schnittstelle der Schorfheide und dem Naturpark Barnim einen der insgesamt 3.000 Seen in Brandenburg ausgesucht und steuern unser Wohnmobil zielstrebig dorthin. Zufällig hat eine Freundin von uns dort ein idyllisches Wochenenddomizil und hat unter den hoch gewachsenen Kiefern und ausreichend Platz für unser rollendes Zuhause.
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Überraschendes Zusammentreffen am Ruhlesee
An einer kleinen Badestelle des nicht öffentlichen Kiessees namens Ruhlesee breiten wir unser riesiges nepalesisches Strandtuch aus, was uns schon fast einmal um die ganze Welt begleitet hat. Das Wasser des Sees ist jetzt im Juli angenehm temperiert. Dennoch gehe ich langsam ins Wasser und bleibe immer ein Weilchen stehen bevor ich tiefer hinein gehe. Als ich gerade wieder mal ganz still stehe und mich so umgucke, kitzelt mich plötzlich etwas an der linken Hüfte. Was war denn das? Ein Stück Schilf vielleicht? Nein, Schilf ist nicht so braun und bewegt sich nicht s-förmig durchs Wasser. Eine circa ein Meter lange Ringelnatter hat mich touchiert! Was steh ich ihr auch so blöd im Weg. Schließlich ist das ihr Revier und sie schwimmt hier jeden Tag mehrmals entlang. Ich werte diese Begegnung als ein Beleg für die Wasserqualität des Sees. So wundert es mich beim Rausschwimmen mit den größeren Kids unserer Freundin auch kaum, welch großartige Sichtweite wir in dem nur bis zu sechs Meter tiefen See genießen.
Unsere beiden kleineren Kinder spielen derweil am Ufer Kochen. In herbei geschleppten Töpfen wird herrlich duftende Wasserminze mit Hilfe von Stöckern zu Suppe verarbeitet. Ab und zu wird die Harmonie von Goldaugenbremsen gestört. Sie haben Flügel mit braunem Band und Flecken und sehen aus, wie eine Mischung aus Fliege und Biene. Da sie sehr lange brauchen bis sie schmerhaft zubeißen, können wir sie erfolgreich loswerden.
Natürlich sind wir am Ruhlesee nicht die einzigen Badegäste. Aber viel los ist hier glücklicherweise nicht. Ein paar Kids vom Feriendorf El Dorado springen ab und zu vom Steg und ein wenig Halligalli-Beat dringt vom Campingplatz Wake & Camp zu uns hinüber. Drüben kann mit Hilfe einer Seilbahn Wakeboard und Wasserski gefahren und an einer Tauchstation die Unterwasserlandschaft besucht werden. Außerdem gibt es abends ein Sommerkino. Der neue Betreiber hat mit dem Platz noch viel vor, wie wir erfahren. Wir wissen nicht so recht, wie wir das finden sollen. Ein Glück trennt uns eine Halbinsel den See in zwei Hälften, so dass wir hier für uns sein könne. Seltsam, dass Leute immer Partymusik im Hintergrund brauchen, selbst wenn sie in der idyllischen Natur sind. Wir überlegen: Vielleicht ist ihnen die Stille nicht ganz geheuer?
Zu Tisch, bitte!
Bereits am 17.30 Uhr haben wir draußen die Tafel für alle gedeckt und alles zusammen getragen was die kleinen Kühlschränke hergeben. Es gibt Pasta mit Seitan und Gemüse für die Vegetarier sowie selbst zubereitete Hamburger mit Ziegenkäse für die Fleischesser. Ohne Spülmaschine merken wir wie viel Geschirr solch ein Abendessen in Anspruch nimmt. Aber mit mehreren Leuten geht das zum Glück schneller von der Hand. Nun bietet die Tafel Platz für neues. Während wir Erwachsenen die Roséweinvorräte eliminieren, wird die Speisetafel für die Kinder zum Zeichentisch umfunktioniert.
Am Abend werden Froschdamen geküsst
Später werden Bücher ganz gemütlich auf einem mit Decken, Kissen und Lammfellen ausgelegten Podest vorgelesen. Wir haben als Abendlektüre das famose Buch „Frösche Küssen“ des estnischer Schriftstellers Andrus Kivirähk dabei. Dieses fantasievoll illustrierte Kinderbuch dreht das berühmte Märchen des Froschkönigs um. Ein Weihnachtsmann verliert unterwegs einige Märchenbücher, die von verschiedenen Tieren des Waldes gefunden werden. Nun wollen Hase, Fuchs, Wolf und Bär schleunigst einen Frosch küssen. Vielleicht wird ja eine Prinzessin daraus? Die Froschdamen am See freuen sich über den Überraschungsbesuch der Tiere. Doch nach dem Kuss passiert etwas ganz anderes als alle erwartet haben… Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten. Vielleicht möchte der ein oder andere dieses Buch selbst noch vorlesen.
Neben der lustigen Geschichte hat mir an dem Buch außerdem gefallen, dass es ein nachhaltig produziertes Kinderbuch ist, also Recyclingpapier, mineralölfreie Druckfarben und keine Folien verwendet wurden.
Besuch des Schiffshebewerks Niederfinow
Nach einem solch entspannten Vortag möchten wir am nächsten Tag etwas Sightseeing betreiben. Die Umgebung bietet erfreulicherweise viele Möglichkeiten mit den Kindern etwas zu erleben und zu entdecken.
Da gibt es z. B. den Wildpark Schorfheide und den Zoo Eberswalde, die wir beide allerdings schon mal besucht haben sowie das Kloster Chorin, wo oftmals Konzerte oder Feste veranstaltet werden. Für Regenwettertage gibt es die NaturTherme Templin. Wir entscheiden uns für das Schiffshebewerk in Niederfinow. Dieses Wunderwerk der Technik haben wir vor vielen Jahren schon einmal besichtigt. Nun möchten wir es unserer sechsjährigen Tochter zeigen.
In unserem Video könnt Ihr diesen Riesenfahrstuhl in Aktion sehen:
Das Schiffshebewerk in Niederfinow ist Europas größter und Deutschlands ältester noch Dienst tuender Schiff-Fahrstuhl. Das 1934 eingeweihte Industriedenkmal misst stolze 60 Meter Höhe, 94 Meter Länge und 27 Meter Breite. Ganze 14.000 Tonnen Stahl und 72.000 Qubikmeter Beton wurden hier verbaut. Schon von Weitem ist die Silhouette dieses Stahlbauwerks der Wasserbautechnik, das zwischen Oderbruch und Barnim liegt, zu erkennen. Auf dem riesigen kostenpflichtigen Parkplatz finden wir ein Plätzchen für unser Wohnmobil, lösen eine Eintrittskarte (2 Euro pro Erwachsenen und 1 Euro pro Kind) und gehen schnurstracks den gewundenen Weg hinauf.
Die Ampel des Hebewerks schaltet von Rot auf Grün. Leinen los! Die mechanische Verriegelung zwischen Trog und Landungsanschluss löst sich. Oben an der westlichen Kanalbrücke des Oder-Havel-Kanals angekommen, können wir dem Ein- und Ausfahren der Schiffe, der senkrechten Fahrt des Troges und dem Öffnen der mehr als 12 Meter breiten und 3,50 Meter hohen Hubtore zusehen. Einige Fahrgastschiffe, gefüllt mit zahlreichen Passagieren, lassen sich die 36 Meter auf und ab fahren. Manche Bordgäste haben ihre Regenschirme aufgespannt, weil es bei der Ausfahrt leicht regnet.
Das Heben der Schiffe selbst dauert nur fünf Minuten. Aber inklusive der Ein- und Ausfahrtmanöver vergehen 20 Minuten. Es sieht schon sehr seltsam aus, wie dieser gigantische Fahrstuhl die Fahrgastschiffe langsam auf- und ablassen. Etwas schwindlig wird mir beim Zusehen. Zum Glück hat die Trogkammersohle eine vier Meter dicke Betonplatte, denke ich mir dabei, um mich zu beruhigen.
Besonders eindrucksvoll ist es, wenn sich die mehr als 250 dicken Drahtseile mit den Gegengewichte bewegen, die für den Gewichtsausgleich sorgen. Doch es werden nich nur Ausflugsschiffe und Sportboote hier hoch und runter gelassen. Das Hebewerk transportiert auch Baustoffe, Kohle, Düngemittel sowie Eisenerze und Schrott.
Was für ein Blick! Auf der Besuchergalerie der östlichen Seite haben wir einen tollen Ausblick auf das Eberswalder Urstromtal. Dank der hiesigen glazialen Vergangenheit sieht die leicht hügelige Landschaft ungewohnt unbrandenburgisch aus.
Nebenan wird ein neues Schiffshebewerk gebaut, das allerdings nicht annähernd so ästhetisch ist, wie das ältere Modell. Ab 2025 soll das neue Schiffshebewerk größere Schiffe transportieren können. Unten im Besucherzentrum nehmen wir eines der kostenfreien Erklärungsbilderbücher über das Schiffshebewerk für die Kinder mit und setzen uns damit in eines der Eiscafés.
Adressen und weitere Informationen
Übernachten, Urlaub machen
Familiencamping Ruhesee
Biesenthaler Chaussee 24
16348 Marienwerder
wake-and-camp.de
Feriendorf Dorado (nur für Gruppen)
Eiserbuder Weg 12
16348 Marienwerder / OT Ruhlsdorf
www.feriendorf-dorado-gruppenfahrt.info
Ausflugsziele
Schiffshebewerk Niederfinow
Hebewerkstraße 52, 16248 Niederfinow
www.wsa-eberswalde.de
www.schiffshebewerk-niederfinow.info
Besichtigungszeiten:
Im Winter ab 22.2.2016 täglich von 10 bis 16 Uhr
Im Sommer ab 27.3.2016 täglich von 9.30 bis 17.30 Uhr
Das Schiffshebewerk ist täglich 16 Stunden in Betrieb (6 – 22 Uhr); Trogfahrten werden nach dem Bedarf der Schifffahrt durchgeführt. Eine besondere Anmeldung ist nicht erforderlich.
Eintrittspreise:
Erwachsene 2 €
Ermäßigt 1 € (Kinder ab 6 Jahre, Schüler, Studenten, Schwerbehinderte)
Kinder unter 6 Jahre frei
Wildpark Schorfheide
Prenzlauer Straße 16
16244 Schorfheide OT Groß Schönebeck
Blogbeitrag: www.stadtwaldkind.de/SWK_Test/reise-und-ausflugstipps/wildpark-schorfheide
Zoo Eberswalde
Am Wasserfall 1
16225 Eberswalde
Blogbeitrag: https://www.stadtwaldkind.de/reise-und-ausflugstipps/welche-familienfreundlichen-tierparks-gibt-es-rund-um-berlin
Vorlesegeschichte
Kinderbuch „Frösche küssen“
Willegoos Verlag
www.willegoos.de
http://amazon/froeschekuessen