Ciao ragazzi! Vorhang auf für Meer, Vulkan, griechische Tempel, römische Thermen und Amphitheater, arabische Zitronen, knatternde Vespas, im Wind flatternde frisch gewaschene Wäsche, frittierte Pizzen und herrliche Dolci!
Italien ohne Massentourismus? Ja das geht – Wir waren mit unseren Kindern für ein großzügig verlängertes Wochenende in der absoluten Nebensaison Anfang März diesen Jahres in der dritt größten Stadt Italiens und der womöglich einzig wahren italienischen Metropole: Neapel aka Neapolis, wie die griechischen Stadtgründer sie ursprünglich benannten. Mit dem Zug haben wir außerdem Sehenswürdigkeiten an der Amalfiküste erkundet. Hier verraten wir dir Tipps für Neapel und die Pompeji und sprechen ehrlich darüber, welche Sehenswürdigkeiten man nicht verpassen sollte.
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Lage und Reisezeit
Das etwa eine Million Einwohner zählende Neapel liegt am westlichen Schienbein des italienischen Stiefels, also in Kampanien ziemlich weit südlich auf der Höhe Siziliens. In der Off-Season, wie im Frühling oder im Herbst, ist die dritt größte Stadt Italiens ein absolut geeigneter Reisetipp, auch wenn es abends recht frisch und es noch keine Badesaison ist. Der September, nach Italiens Hauptreisemonat August, soll übrigens die beste Reisezeit sein. Wir fanden den März allerdings auch recht schön.
Sprache und Preise
Mit Englisch kommt man Neapel gut zurecht. Wer etwas Italienisch spricht, ist natürlich im Vorteil, ist aber nicht notwendig.
Preislich bewegt sich Neapel schon auf deutschem Niveau. Natürlich bekommt man an der Straße sehr günstiges Essen, vor allem frittiertes sowie natürlich die weltbekannte Pizza. Aber in Restaurants fallen etwa die gleichen Preise wie in Deutschland an.
Auch die Hotels und Ferienwohnungen bewegen sich auf dem deutschen Preislevel.
Apropos: Unsere Ferienwohnung haben wir über Airbnb im spanischen Viertel gebucht, weil wir inmitten des engen Gassengewirrs wohnen wollten. Wir verbrachten insgesamt vier Tage in Neapel und Pompeji, was aus unserer Sicht ausreicht.
Ist Neapel echt sooo krass?
Über Neapel kursieren ja die bekannten Stories um den Müll, das Verkehrschaos und die Kriminalität. Mama Mia, was soll ich sagen? Leider stimmen sie auch zum Teil. Obwohl überall Mülleimer bereit stehen, liegt auf den Straßen Unrat herum, weil die Behälter überquellen. Eine der Ursachen soll darin liegen, dass die Müllentsorgung von privaten Unternehmen (nicht) organisiert wird, die wiederum der Mafia gehören und die den Müll teilweise illegal entsorgen. Manchmal schließt einer der Politiker eine dieser illegalen Mülldeponien und dann bleibt der Müll liegen.
Wir sind mit dem Flugzeug aus Berlin in Bud Spencers Geburtstadt angereist und von dort aus mit dem Taxi weiter. Allein schon während dieser Fahrt durften wir das Verkehrschaos beobachten und das hat uns schon gereicht. Allerdings kamen wir an einem Freitagmittag an. Zu der Zeit geht es auf Berlins Straßen aber auch nicht besonders harmonisch zu, wenn ich ehrlich bin. In Neapel dominieren ganz klar die Mofas, die wie in Asien durch jede noch so schmale Gassen knattern (dadurch dass sie so laut sind, hört man sie glücklicherweise rechtzeitig um zur Seite zu hüpfen) oder auch gerne auf den breiten Straßen im Pulk fahren. Dadurch, dass ich schon mehrmals das Vergnügen hatte in Asiens Großstädten unterwegs zu sein und auch Italiens Straßenverkehr nicht neues für mich ist, macht mir das allerdings nicht viel aus. Ich weiß, wenn ich zielsicher und strammen Schrittes eine Straße überquere, halten auch Autos und Mofas an. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass Neapels Straßenverkehr sicherer ist als der in einer deutschen Großstadt, weil die Neapolitaner:innen stets mit dem Unmöglichen rechnen und deshalb flexibler reagieren. Ist aber nur meine Meinung und muss nicht stimmen.
Mit Kindern unterwegs zu sein, die solch ein Verkehr nicht gewohnt sind, ist das natürlich etwas anderes. Hier muss man schon schauen, dass man sich vorsichtiger durch die Straßen bewegt.
Neapel investiert viel Geld, um die Stadt sicher zu machen. Das heißt, die Straßen und Plätze werden von Polizist:innen Vollgas mit Maschinengewehren und teilweise mit Panzer ähnlichen Geräten gesichert. Natürlich ist das erst einmal skurril, aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran.
Wer mit Hirn und Verstand unterwegs ist und nicht offensichtlich mit viel Schmuck und Kameragetöse behangen durch die Gegend läuft, ist auf der sicheren Seite. Uns wurde nicht ein Cent geklaut und ich habe mich als blondhaarige Frau auch abends alleine ohne Familie ins Gassengewirr gestürzt um etwas zu besorgen und bin heil und ohne mich inwohl zu fühlen wieder zurück in unsere Ferienwohnung gelangt.
Warum Neapel eine Reise wert ist
Napoli ist ein Erlebnis an sich und deshalb stört es nicht, dass es dort keine berühmten historischen Sehenswürdigkeiten wie beispielsweise in Rom oder Paris gibt. Dazu muss man sagen, dass Neapel zu den am meisten von den deutschen bombardierten Städte Europas während des zweiten Weltkriegs gehörte. Aber es wurde alles sehr gut wieder aufgebaut. Es fällt einem auch heute nicht mehr auf, weil man beim Schlendern durch die Stadt, wie zum Beispiel in der berühmten Via dei Tribunali einfach zu sehr damit beschäftigt ist, das Leben in der Stadt zu beobachten und dabei nicht von einem Mofa überfahren zu werden. Hier kann es einem passieren, dass man einer Life-Gesangsdarbietung beiwohnt, während man vor Sorbillo, einer der berühmtesten Pizzerien der Stadt, darauf wartet, dass die bestellte Pizza aus dem heißen Ofen geholt wird. Wer es etwas ruhiger mag, der findet auf dem autofreien Lungomare Kontemplation. Direkt am Meer gelegen, geht es auf dieser Uferpromenade ganz entspannt zu. Wer Lust hat, kann hier eines der bunt bemalten Fischerbötchen besteigen und einen Ausflug auf dem Golf von Neapel zu einer der kleinen Inselchen unternehmen, sich auf den Klippen sonnen, das Castel dell‘ Ovo anschauen oder sich in einem der Restaurants verköstigen lassen.
Neapel ist nicht unbedingt die Stadt für einen super gemütlichen Citytrip. Aber wenn man bisschen Spaß am Abenteuer hat, verbringt man dort eine super Zeit und bekommt spannendes zu sehen. Und was wir dort alles erlebt haben, erfährst du in den folgenden Tipps!
Unser Quartier im spanischen Viertel von Neapel
Schaut man in einer Gasse des Quartieri Spagnoli (Spanisches Viertel) nach oben, sieht man nur selten einen Fetzen blauen Himmel. Das liegt beileibe nicht am schlechten Wetter! Die Straßen sind so schmal, dass gerade mal ein Kleinwagen durchpasst, wenn sich Fußgänger an die Hauswand lehnen. Deshalb knattern meist auch nur Mopeds hier durch.
Bunte Fähnchen und frisch gewaschene Wäsche, die im Wind zwischen den eng beieinander stehenden Häusern trocknet, verhindern die Aussicht nach oben. Aber das stört uns überhaupt nicht. Hier, im diesem für seine kompakte Straßenführung bekannten Viertel, sind andere Dinge viel interessanter als der Himmel. An den Hauswänden und Garagentoren gibt es Straßenkunst dicht an dicht. Es ist wie eine einzige Open-Air-Galerie. Abends öffnen gemütliche Restaurants und Bars und wie in Berlin gibt es kleine Spätis, in denen man das nötigtse einkaufen kann. Außerdem sind die Einkaufsstraßen, wie die verkehrsberuhigte Via Toledo, nicht weit. Hier reihen sich Bekleidungsgeschäfte, Imbisse, Eisläden, duftende Konditoreien, Spezialitätengeschäfte, Banken und auch ein Kunstmuseum aneinander.
Die wohl berühmteste Ecke für Street Art ist die Via Emanuele de Deo 46, wo die Neapolitaner dem verstorbenen Fußballgott Diego Maradona huldigen. Das Konterfei der aus Argentien stammenden Fußballlegende sowie die Farben des Fußballvereins SSC Neapel Hellblau und Weiß, für den Maradona von 1984 bis 1991 spielte, sind in der Stadt omnipräsent.
Unterirdische Stadtführungen
Das schöne an Neapel ist: Es gibt gleich zwei Neapel! Eine Stadt liegt oberirdisch und eine unterirdisch. Wir haben deshalb auch zwei unterschiedliche Sichtweisen auf die Stadt erleben dürfen. Eine von unten und eine von oben. Die Touren von Napoli Sotterranea hat gute 1,5 Stunden gedauert, die andere in der Galleria Borbonica eine Stunde. Beide sind absolut empfehlenswert. Die Katakomben gleichen architektonischen Wunderwerken und hatten ganz unterschiedliche Funktionen. Manchen dienten als Wasserreservoir, andere als Müllhalde und weitere wiederum als Versteck vor den Bombenangriffen während des zweiten Weltkriegs.
Tipp: Wer unter Klaustrophobie leidet, sollte diesen unterirdischen Ausflug lieber sein lassen. Auch festes Schuhwerk und warme Kleidung sind nötig.
Mit der Funicolare (Standseilbahn) auf den Vomero-Hügel
Wer schon genug durch Neapel spaziert ist und sich eine kurze Verschnaufpause gönnen möchte, kann mit einer der verschiedenen Standseilbahnen die Hügel der Stadt erkunden. Wir sind mit der Standseilbahn von Chiaia an der Station Augusteo gestartet und waren in wenigen Minuten bzw. nach vier Stationen im oben gelegenen Vomero-Viertel. Allein schon der hübsche Bahnhof dort oben hat sich gelohnt! Doch es macht auch Spaße durch die schicke Oberstadt zu schlendern. Hier ist es interessanterweise sehr sauber, wie uns auffiel.
Tipp: Die Fahrkarte muss man am Eingang der Funicolare an einem Automaten entwerten. Dann öffnet sich eine Schranke und man gelangt über eine Treppe zu den Waggons.
Castel Sant‘ Elmo
Wer gerne den Überblick behält, sollte sich nach oben ins noble Vomero-Viertel begeben. Von der Oberstadt hat man einen fantastischen Panoramablick über den Golf und die Altstadt von Neapel. Uns hat es dort in die Kartause Castel Sant‘ Elmo gezogen. Der sternförmige Koloss thront ganz selbstsicher seit einigen Jahrhunderten über der Stadt und hat bereits so manche Pulverfassexplosion überlebt, so dass sie bis heute für einen Besuch offen steht.
Eine der schönste Metrostationen Europas
Dass wir die sicherlich schönste U-Bahnstation, von der wir je abgefahren sind, ausgerechnet in Neapel betreten würden, hatten wir vor unserer Citytripp nicht auf dem Schirm. Umso schöner war die Überraschung als wir von unserer Ferienwohnung im spanischen Viertel die Via Toledo entlang spazierten und dann mit der Rolltreppe quasi in ein 3D Kunstwerk hinabfuhren! Die Metrostation Toledo ist das Meisterwerk vom Architekten Oscar Tusquets Blanca und gilt völlig zu recht als eine der schönsten U-Bahnstationen Europas. Zuerst werden die Farben der Erdschichten gefeiert bis man zum tiefblauen Meeresgrund eindringt. Besonders schön ist auch der Lichtschacht in den man beim Rolltreppefahren hinaufschaut.
Das mondäne Stadtzentrum von Neapel
Die Piazza Plebiscito ist nicht nur der berühmteste Platz in Neapel, sondern auch der größte und repräsentativste. Kein Wunder, denn hier stehen sich im Osten der Königspalast, Palazzo Reale und im Westen die an das römische Pantheon erinnernde Kirche, Chiesa San Franscesco mit ihrem Kolonnadengang, vis à vis gegenüber. Zwischen der 53 Meter hohe Hauptkuppel der Basilica und dem Palazzo Reale liegt ein weitläufiger Platz, der zum Glück seit einigen Jahren nicht mehr als Autoparkgelegenheit dient. Hier befindet sich auch eines der traditionsreichsten Cafés der Stadt, das Gran Caffè Gambrinus. Von dort aus, ist es außerdem ein Katzensprung zur Fußgängerzone Via Toledo, in die überdachte Einkaufspassage Galeria Umberto I (ähnlich wie in Mailand) sowie zur oben bereits gepriesenen Uferpromenade Lungomare. Wer das Herz der Stadt sucht, wo gefeiert und flaniert wird, hier hier goldrichtig!
Pompeji
Alles, jetzt kommt ein „once in a Lifetime“ Reisetip: Nur etwa 20 Kilometer von Neapel entfernt liegt Pompeji. Das ist ein Ort, den man in seinem Leben einmal gesehen haben muss, weil es die weltweit größte zusammenhängende antike Stadtruine ist, welche durch ein tragisches Naturereignis für die Nachwelt konserviert wurde.
Pompeji haben wir als Tagesausflugsziel per Bahn von Neapel aus besucht. Wer nach Neapel die Amalfiküste besuchen möchte, kann alternativ zu unserer Variante auf dem Weg zur malerischen Küste die versunkene Stadt besuchen und von dort aus weiter die Küste entlang fahren. Zusätzlich kann man noch einen Abstecher zur Hafenstadt Herculaneum machen, die ebenfalls vom Vulkanausbruch zerstört wurde und auf dem Weg nach Pompeji liegt. Vom Bahnhof aus läuft man einfach die Straße hinab zum Meer und stößt quasi mit der Nase auf die Ausgrabungen. Von einer Brücke aus, lässt es sich bereits hervorragend in den wieder aufgebauten antiken Ort schauen. Weiter unten Richtung Meer trifft man auf ein Besucherzentrum, über das man direkt zu den archäologischen Ausgrabungen gelangt.
Die Stadt Pompeji sowie die umliegende Umgebung wurde wohl 79 Jahre nach Christus von dem Vulkanausbruch des Vesuvs überrascht und spannenderweise erst im 18. Jahrhundert wieder entdeckt, ausgegraben und ab dann Schritt für Schritt für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Leider ist man früher etwas grob vorgegangen wodurch einiger Schaden verursacht wurde.
Die damals 8.000 bis 10.000 Einwohner:innen umfassende Stadt Pompeji wurde bis heute zu zwei Dritteln aufwändig wieder aufgebaut. Wir haben somit freigelegte und wiederaufgebaute Wohnhäuser, Restaurants, Gärten, Wandmalereien, Amphitheater und eine Arena sehen dürfen, was wirklich faszinierend war. In dem Museum in der Nähe des Eingangs werden auch Menschen, Tiere und Möbelstücke ausgestellt, die von der Vulkanasche bedeckt wurden. Lange Zeit hatte man sich gewundert, wo all die Einwohne:innen abgeblieben waren, da keine Skelette auffindbar waren.
Bis man eines Tages bei den weiteren Ausgrabung Hohlräume fand und durch das Ausgießen mit Gips derselben herausfand, dass es sich um Menschen und Tiere handelte, die sich aufgrund der pyroklastische Wolke, einer wahnsinnig heißen Gaswolke, quasi verdampft und von dem Ascheregen konserviert wurden. Die Gipsstatuen von Frauen, Männern und Kindern sowie Hunden und Pferden haben weltweit Berühmtheit erfahren. Lange hat man sich gefragt, warum die Menschen damals nicht rechtzeitig flohen, um ihrem Tod zu entkommen. Vermutlich haben sie einfach gehofft, dass es schon nicht zum äußersten kommen würde und ihren Göttern vertraut. Schließlich vergingen zwischen dem Ausbruch einer baumförmigen Gaswolke aus dem Schichtvulkan und dem folgenden Bimssteinregen wie der pyroklastischen Wolke mehrere Stunden.
Zudem wohnen auch heute noch ungefähr 600.000 Menschen in der so genannten roten Zone, also der unmittelbar von einem möglichen Vulkanausbruch betroffenen Gebiet. Die Regierung versucht mit Geld die Menschen von dort wegzulocken, aber es siedeln sich teilweise immer noch Leute dort illegal an. 1944 ist der Vesuv das letzte Mal ausgebrochen, was von den Alliierten damals ganz eindrücklich in Filmaufnahmen dokumentiert wurde.
Wir sind auf eigene Faust durch Pompeji spaziert, weil wir das mit den Kindern am besten finden. Wer mag kann sich einen Audioguides ausleihen oder an einer Führung teilnehmen.
Traveloptimizertipp: online vorher Tickets buchen, um sich das Anstehen zu ersparen, stabiles Schuhwerk anziehen und im Sommer unbedingt wegen der Sonne eincremen und einen Schirm oder Sonnenhut mitnehmen, weil es vor Ort keinen Schatten gibt. Auf dem Areal gibt es eine Imbissmöglichkeit und auch WCs. Mehr Infos gibt es hier: https://www.pompeji.it/tickets-reiseleiter
Reiseführer
111 Orte in Neapel die man gesehen haben muss
DuMont Reise-Taschenbuch Neapel, Amalfi, Cilento