Ein grauer Novembernachmittag. Es nieselt und große Krähen tänzeln um Mandeln und Lebkuchenkrümel auf dem nassen Trottoir des Weihnachtsmarkts am Potsdamer Platz. Wir schlängeln uns mit der halben Waldkitagruppe unserer Kleinen um die Pfützen. Wir haben uns am Wochenende privat mit einer Reihe von Familien aus der Waldkita unserer Tochter verabredet und sind mit unseren Kindern, das jüngste in fast zwei jahre und das älteste 12 Jahre alt, mit der U-Bahn einmal quer durch die Stadt gefahren.
Im Kammermusiksaal der Philhamonie Berlin herrscht hingegen eine ganz andere Stimmung als draußen vor der Tür. Unter dem zeltartigen Dach eines meiner architektonischen Lieblingsgebäude leuchtet es jetzt golden und es rasselt wie wild. Teddybären und Puppen hüpfen als Ehrengäste auf dem Schoß des jungen Publikums während sich das Bühnenbild des musikalischen Märchens von Sergei Prokofjew „Peter und der Wolf“ und das Kammerorchester Unter den Linden formatiert. Im Jahr 1936 in Moskau erstmalig aufgeführt, ist das Musikmärchen noch heute ein beliebter Klassiker.
Ein Kleiderständer aus Holz spielt den Baum, ein blaues Springseil verwandelt sich den Teich. Dann nehmen die beiden Violine für den pfiffigen Peter auf der Bühne Platz. Die Oboe quakt für die Ente, die Querflöte trällert für die Laibspeise des Wolfs, den Vogel, das Schlagzeug scheppert für die Jäger, das Fagott spielt den Großvater, die Klarinette schleicht für die listige Katze. Und was ist mit dem gefährlichen Wolf? Na, diesen Job erledigen drei Hörner! Eine charmante Sprecherin spielt in Personalunion die tierischen Rollen mit Hilfe von Handpuppen und verwandelt sich mit Hilfe weniger Requisiten in Peter und auch in den Großvater und einen Jäger.
Zu Beginn dürfen Kinder aus dem Publikum auf dem Musikerpodium mitmachen und bekommen einen Praktikumsplatz neben den Musikern zugewiesen. Mit großem Selbstbewusstsein suchen sich die Kinder ihre Lieblingsinstumente aus. Wie beobachten von ganz oben alles gebannt. Die Plätze im Kammermusiksaal sind fast alle ausverkauft. Nach der Entrata (so wird das Eröffnungsstück in der Musik genannt, wie wir Eltern vom Maestro lernen dürfen) geht es auch schon mit dem Musikmärchen los. Natürlich herrscht ein unheimliches Gewusel im Publikum. Unsere Kinder laufen weiter hinunter um das Geschehen auf der zentralen Bühnen besser verfolgen zu können. Aber das bunte Treiben des lebendigen jungen Publikums ist mir lieber als das Gehuste des ansonsten schwarz gekleideten älteren Publikums!
Das Stück ist im Nu vorbei. Die Aufmerksamkeitsspanne unserer Kinder wurde nicht überzogen. Nur unser jünster Gast ist bei der schönen Musik irgendwann auf Mamas Schoß eingeschlafen. Die tolle Vorstellung für Familien mit Kindern ist zwar vorbei, aber danach geht es direkt zur Sache. Zum Abschluss können die Kids im Foyer Instrumente vom Klingenden Museum Berlin ausprobieren. Unsere Tochter verfällt beim Cellospielen in eine Art Trance und hört gar nicht mehr auf mit dem Bogen darauf zu säbeln. Nebenan wird gemeinsam im Kreis wild getrommelt und ein Stück weiter wird trompetet. Schingderassa Peng!
Das Kammerorchester Unter den Linden hat noch mehr Familienkonzerte im Repertoire und tritt in unterschiedlichen Häusern in Berlin auf: kudl-berlin.de
Das klingende Museum ist ebenfalls viel unterwegs. Wo man Musikinstrumente ausprobieren kann, erfährt man hier: www.klingendes-museum-berlin.de
Wer zuhause mal in „Peter und der Wolf“ hineinhören mag, dem empfehlen wir die folgenden beiden CDs, die wir auch unser eigen nennen: