Da wir ja am grünen Stadtrand wohnen, fehlt uns ein wenig die kulturelle Infrastruktur, wenn man mal von einer Bibliothek und einem Kino absieht. Deshalb war am Wochenende ein Theaterbesuch in der Stadt mit den Kindern mal wieder fällig. Das Theater an der Parkaue lud mich ein, mal bei einer ihrer Vorstellungen vorbei zu schauen. Das passte also perfekt!
Das Theater an der Parkaue
Interessanterweise feiert das Theater an der Parkaue, das mit Nachnamen „Junges Staatstheater Berlin“ in diesem Jahr ein wichtiges Jubiläum. Aber nicht etwa ein einstelliges, sondern ein relativ hohes zweistelliges. Genau heute, am 16. November 2015, wird sein 65. Geburtstag gefeiert.
Aber wie auch bei den heutigen Menschen über 60 Jahren, so ist auch das Theater an der Parkaue trotz seiner hunderten Inszenierungen und Millionen von Besuchern noch sehr jugendlich frisch und voller Schwung geblieben. Vielleicht liegt das auch an seiner bewegten Geschichte?
Im Gründungsjahr 1960 im damaligen Ost-Berlin hieß es Theater der Freundschaft. Nach der Wende musste es seinen Namen ablegen und sich in „Carrousel Theater an der Parkaue“ umbenennen. 2004 wäre dem Haus beinahe die Hälfte seines Etats gestrichen bzw. es wäre fast geschlossen worden. Seit 2005 trägt es den nun immer noch aktuellen Namen und hat ein Flugzeug als Logo.
Ein Glück gibt es das Theater noch immer, denn es bringt zahlreiche Märchen und Mythen sowie Klassiker von Peterchens Mondfahrt bis Nathan, Weltliteratur und alle möglichen ästhetischen Experimente für das kritischste und anspruchsvollste Publikum der Welt – Kinder und Jugendliche – auf die Bühne. Dazu gehört viel Mut. Denn wenn die Mädels und Jungs die Inszenierung nicht spannend finden, lassen sie es die Schauspieler rasch spüren.
Am Sonntag durften meine Tochter und ich eine Aufführung des Geburtstagskinds besuchen. Allerdings wurde es nicht am alt bekannten Standort Parkaue 29, sondern im Prenzlauer Berger Prater aufgeführt. Denn seit diesem Sommer ist das Ensemble quer durchs Berliner Stadtgebiet unterwegs. Vor dem Theaterbetrieb wurde das Gebäude als Knabenschule genutzt. Nachdem die Sanierung bereits mehrmals verschoben werden musste, werden nun endlich Brandschutztechnische Mängel behoben, Fluchtwege eingezogen und ein ca. 1000 qm großes Magazin mit einer dritten Bühne im Hof gebaut.
Damit die jährlich etwa 99.000 großen und kleinen Besucherinnen und Besuchern nicht ohne das Theater da stehen, hat das Theater an der Parkaue Ausweichspielstätten gefunden und macht Koproduktionen mit anderen Berliner Theater- und Opernhäusern. Ich finde, dass das eine gute Möglichkeit für das Ensemble darstellt, um ein neues Publikum anzusprechen.
Im Haus der Kulturen der Welt wird eine Ferienwerkstatt geboten, im Kulturhaus Karlshorst ist das Theater dort regelmäßig zu Gast, in der Tischlerei der Deutschen Oper Berlin z.B. „Die Irrfahrten des Odysseus“ auf die Bühne. Auf der neu gebauten Bühne 3 an der alten Adresse wird u.a. Ottfried Preußlers Klassiker „Die kleine Meerjungfrau“ gespielt. Außerdem nutzt das Ensemble seit September 2015 den Prater als Haupt-Interim-Spielstätte.
„Der kleine Ritter Trenk“
Die Abenteuergeschichte „Der kleinen Ritter Trenk“ des Kinderbuchklassikers von Kirsten Boie ist für Kinder ab 5 Jahren geeignet und dreht sich um die Themen Mut und Unangepasstheit.
Die Handlung in Kurzversion: Ein armer Bauersohn will sich mit der Laibeigenschaft seiner Familie nicht abfinden und flieht mit seinem kleinen Hausschwein in den Wald. Bald begegnet er einem ängstlichen Prinzen, der sich nicht traut gegen einen Drachen zu kämpfen, wie es sein Vater von ihm erwartet. Kurz entschlossen bietet sich Trenk an diese Aufgabe zu übernehmen und den Drachen zu suchen. Bald trifft er auf die unangepasste Tekla, die so gerne kämpfen würde wie ein Ritter, aber nicht darf, weil sie ein Mädchen ist. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem Drachen und bestehen so manches großes Abenteuer.
Ergänzt wird die Geschichte von zwei Hoffnarren, die ein paar Tricks und Scherze auf der Bühne treiben, was die Kinder ziemlich amüsiert. Der Ritterkampf war natürlich auch spannend und endet überraschend. Das Prater-Bühnenbild vom Kleinen Ritter Trenk ist sehr schlicht. Dafür lenkt wenig von den Darstellern ab, deren Kostüme und den Perücken ziemlich kreativ sind.
Meine Tochter war während der 60 Minuten ganz gebannt und wollte nach dem Stück das Trenk-Plakat und den schicken Anstecker des Theaters haben. Wenn wir am 6. oder 14. Dezember 2015 zu einer Theateraufführung gekommen wären, hätten wir noch das Programm „Wilder Sonntag“ genießen können, das an diesen beiden Tagen angeboten wird.
Die Spielstätte im Prater hat uns get gefallen. Das Provisorium ist mit wenigen Mitteln liebevoll dekoriert und bietet im Foyer genug Platz zum Sitzen und um etwas zu trinken. Mir ist der hübsch bemalte Boden im Foyer und bei den Garderoben aufgefallen, siehe Fotos weiter unten.
Adressen und Informationen
Website des Theaters an der Parkaue: www.parkaue.de
Spielorte der 66. Spielzeit:
Prater
Kastanienallee 7 – 9, 10435 Berlin
U2 Eberswalder Straße
Bühne 3/ Parkaue
Parkaue 29, 10367 Berlin
S-Bahnhof Frankfurter Allee
Karlshorst
Treskowallee 112, 10318 Berlin
S-Bahnhof Karlshorst
Treskowallee 122, 10318 Berlin, S-Bahnhof Karlshorst
Tischlerei
Ecke Zillestraße / Richard-Wagner-Straße,
10585 Berlin
U2 Deutsche Oper und U2/U7 Bismarckstraße
Haus der Kulturen der Welt (HKW)
John-Foster-Dulles-Allee 10,
10557 Berlin
S-Bahnhof Hauptbahnhof und U55 Bundestag
Literatur
Der Kleine Ritter Trenk von Kirsten Boie