„I want to bring the map to life, fill it with forests and lakes, fields and meadows, villages, castles, farms and towns.“ Selma Lagerlöf, schwedische Schriftstellerin, geboren in Värmland, 1909 erhielt sie als erste Frau den Nobelpreis für Literatur und schrieb das fantasievolle Werk Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen.
Värmland in Schweden
Die obigen Zeilen beschreiben Schweden ziemlich gut. All dies und noch viel mehr kommt allerdings vor allem in der schwedischen Provinz Värmland zusammen. Hier verbringen wir mit unseren beiden Kindern unsere Sommerferien in einem Ferienhaus. Hergekommen sind wir mit unserem Wohnmobil. Auf der Hinreise haben wir Zwischenstopps in Deutschland und Südschweden gemacht. Falls Du von Värmland noch nie etwas gehört hast, verrate ich gerne wo es liegt. Värmland befindet sich an der Grenze zum Nachbarland Norwegen und liegt in Mittelschweden. Es gehört zum westlichen Teil des Landes und hat nur 14 Einwohner je Quadratkilometer.
Wir sind nun zum dritten Mal in Schweden, davon zweimal in Värmland. Bisher haben wir Schweden zweimal Frühling und nun das erste Mal im Sommer bereist. Wir kennen Schweden mit Schnee (siehe unsere Ferien in Värmland) und auch mit Sonnenschein zu Ostern (siehe unser Roadtrip durch Dänemark, Smaland und Insel Öland) und warmen 24 Grad Celsius im Schatten im Juni und Juli. Den Sommer in Schweden finden wir deshalb ideal für Familien mit Kindern, weil wir sowohl wandern, Pilze oder Beeren sammeln und radfahren können, als auch Zeit auf oder im Wasser verbringen können. Und wenn es doch einmal zu ungemütlich draußen ist, sorgt unsere Spielesammlung oder ein Buch dafür, dass keine Langeweile aufkommt. Außerdem können wir unsere Kids mit einem Supermarktbesuch eine Freude machen, weil es dort in der Regel lange Regale mit vielen Süßigkeitsfächern gibt aus denen sie sich mit kleinen Schaufeln eine individuelle Tüte zusammenstellen können. Wir Eltern naschen uns derweil durch das Lakritzregal.
Die Seen
Statt auf Menschen treffen wir im Glaskogen Naturschutzgebiet auf viel unberührten Wald und gewaltige Seen wie zum Beispiel auf den Vänern, der größten Binnensee Westeuropas (eher ein Binnenmeer, da der freie Horizont zu sehen ist) mit Stränden, Schären und Häfen. Oder auf den Frykensee, Glasfjorden, Vätter und den Värmel. Aber es gibt auch viele kleinere Seen, in die wir springen, auf denen wir mit dem Stand Up Paddle oder Kanadier gleiten oder mal eine Angel reinhalten. Dem Wutanfall eines Riesen sollen wir es einer Sage nach zu verdanken haben, dass es den Väner gibt. Der Riese soll im Zorn eine Scholle aus dem Ackerboden gerissen haben dessen Loch sich mit Wasser füllte und heute knapp 6.000 Quadratkilometer misst. Dieser Gestalt möchte ich lieber nicht begegnen.
Die Städte und Dörfer
Wenn wir nicht auf oder am Wasser sind, kommen wir mit dem Wohnmobil oder dem Fahrrad oder zu Fuß an weiten Feldern und wilden Blumenwiesen, urigen Bauernhöfen, Schlössern, aber auch ab und zu an ruhigen Dörfern und entspannten Städten wie die Residenzstadt Karlstad oder Arvika vorbei. Die Holzhäuser sind auf dem Land wirklich fast alle in dem schönen warmen dunklen Rot gestrichen, wie wir es aus den Katalogen kennen. Ab und an leuchtet eines in hellem Gelb oder in Weiß. Gelassen stehen manchmal ein paar Pferde, Kühe und sogar einmal ein Zebra (kein Witz) auf der Weide.
Die Wälder
Um Mitternacht, wenn die Menschen erst schlafen, Auf Wiesen an den Erlen Wir suchen unseren Raum Und wandeln und singen Und tanzen einen Traum.
Zwar sind wir nicht spät in der Nacht im Wald unterwegs wie in GoethesBallade „Gesang der Elfen“, doch auch tagsüber erscheint uns der Wald hier in Schweden immer noch als magischer Ort, in den wir uns tief zurückziehen können und in denen wir kaum einem Menschen begegnen. Für Großstädter wie uns ist das schon sehr erholsam. Unsere Trittgeräusche werden vom weichen Moos unter den Schuhen gedämpft. Aber natürlich machen wir leider immer noch viel zu viel Krach, als dass wir dem König des schwedischen Waldes, dem Elch, einem Wolf, oder gar ein paar zarten Elfen oder freundlichen Trollen begegnen könnten. Zum Schweigen ist der Wald für unsere Töchter viel zu Fantasie anregend. Sie kommen beim Wandern ins Geschichtenerzählen. Der Schwede Lars Löfgren bringt es mit den Worten „It´s a state of mind, not a landscape“ genau auf den Punkt.
Mit dem Wohnmobil und der Fähre von Berlin nach Schweden
Für die Anreise mit dem Wohnmobil nach Mittelschweden braucht man normalerweise zwei Tage, wenn man es eilig hat. Wir lassen es aber langsam angehen und nehmen uns 1,5 Wochen Zeit für die Strecke, weil wir noch ein paar Stationen machen möchten und uns von der Anreise nicht stressen lassen möchten. Da das Wetter in Deutschland gerade viel besser als in Dänemark und Schweden ist, halten wir uns eine ganze Weile an der deutschen Ostseeküste auf.
Wir beginnen unseren Urlaub nur ein kleines Stück nördlich von Berlin auf dem Naturcampingplatz am Oberuckersee , wo wir uns bei 36 Grad im Schatten fast nur auf dem Stand Up Paddle oder auf dem aufblasbaren Rieseneinhorn im See aufhalten.
Anschließend machen wir eine Zwischenstation auf dem Caravanpark direkt am Hafen der Hansestadt Wismar, weil wir die ehemals unter schwedischer Herrschaft befindliche Stadt so schön finden. Von Wismar ist es nur ein Katzensprung über einen befahrbaren Damm auf die Ostseeinsel Poel. Auf dem Campingplatz Leuchtturm verbringen wir ein paar herrlich faule Strandtage. Eine weiteren Tag und Nacht machen wir im Ostseecamp inGraal-Müritz damit wir ein Stück näher nach Rostock heranrücken, von wo aus unsere Fähre nach Schweden abgehen wird. Bevor es so weit ist, gönnen wir unseren Kindern einen Tag auf Karls Erlebnishof in Rövershagen.
Dort gibt es eine große Wiese mit kostenfreien Stellplätzen für Womos. Anschließend zockeln wir nach Rostock. Da wir noch etwas Zeit haben, bis die Fähre um 13 Uhr ablegt, schauen wir die schönen alten Boote am Rostocker Stadthafen und die schöne St.-Petri-Kirche an. Aus 100 Metern Höhe haben wir aus ihrem Kirchturm einen tollen Panoramablick über die Stadt und bis zur Ostsee. Aber danach geht es wirklich endlich gen skandinavische Halbinsel. Wir nehmen die Scandlines Fähre von Rostock nach Gedser-Dänemark und die Batterie betriebene kleinere Fähre MS Aurora der Fährgesellschaft ForSea, die uns innerhalb von 25 Minuten vom dänischen Helsingør über den Öresund nach Helsingborg in Schweden bringt. Die Öresundbrücke brauchen wir dieses Mal nicht zu nehmen (wir kennen sie bereits vom letzten Urlaub). Für die Kinder ist es überhaupt nicht langweilig, weil wir draußen (Blick auf die Ostsee) wie drinnen (Shops, Spielbereich für Kinder und Restaurant) viel zu sehen bekommen.
Erster Campingplatz-Stopp in Schweden: First Camp Torekov-Bastad
Hallå Schweden! Abends kommen wir endlich mit den eigenen vier Wänden in Bastad am Kattegat, dem Meeresgebiet zwischen Jütland und der schwedischen Westküste, an. In Bastad/Toreko beginnt laut Reiseführer die so genannte schwedischeReviera. Prächtige weiße Villen vom Beginn des 20. Jahrhunderts sollen Seebadflair verströmen. Außerdem soll Bastad das Headquarter des Tennis sein. Hier lernte der fünfmalige Wimbledonsieger Björn Borg sein Handwerk. Wir haben gerade leider weder für Seebäder noch für Tennis Zeit. Unser Thema ist ein Stellplatz für heute Nacht und ein Abendessen. Der Campingplatz, das First Camp Bastad/Torekov, bietet uns genau das, was wir brauchen. Die First Camps besuchen wir in Schweden gerne, weil wir dort keine Camping Card kaufen müssen. Der Campingplatz liegt 15 Kilometer von Bastad entfernt und direkt an der Küste, das sich gerade von seiner rau dramatischen Seite zeigt. Stühlchen und Tisch bleiben heute ausnahmsweise im Wohnmobil. Dafür haben wir das weitläufige bewaldete Gelände mitsamt den Sanitäranlagen sowie das Gebäude mit Küche und Wohnzimmer fast für uns allein. Die Wohnwagen mit ihren schnieken bevorhangten Vorzelten stehen verwaist um uns herum. Kaum eines der hübschen roten Cottages ist vermietet.
Nach einem kurzen stürmischen Spaziergang an der Küste, machen wir uns ans Wäschewaschen. Für umgerechnet 7 Euro werden unsere speckigen Hosen, Shirts und Socken innerhalb von circa einer Stunde gewaschen und getrocknet. In der Zwischenzeit belagern wir zu viert das kleine und etwas in die Jahre gekommene Familienbadezimmer und machen Abendbrot. Ans Schlafen ist noch nicht zu denken, da es bis etwa 22.30 Uhr hell draußen bleibt. Im kleinen Supermarkt des Campingplatzes decken wir uns mit dem nötigsten ein. Zum Toben könnten unsere Mädels noch auf den Kinderspielplatz oder zum ein Minigolfplatz, aber sie sind zu müde.
Zweiter Campingplatz-Stopp in Schweden: First Camp Solvik
Die Schären. Schon immer wollte ich sie sehen. Nun endlich ist es so weit und wir kommen am Schärengarten an der Westküste Schwedens an. Er ist weltweit wegen seiner Austern- und Hummersafaris bekannt. So kahl wie ich mir die felsige Schärenlandschaft vorgestellt habe, ist sie allerdings gar nicht. Überall zwischen den von Eis, Meerwasser, Brandung, Wind und Regen geschliffenen, zertrümmerten und erodierten Granitfelsen finden wir Moose, Flechten und größeren Pflanzen. Durch die verschiedenen Formen und Mineraleinschlüsse ist ein Stein nicht gleich dem anderen. Manche Felsen sind geschmeidig rund, während andere schroff und kantig dem Meeresrauschen trotzen. Mal schimmert ein Gestein rosa, mal grau. Die Kinder hüpfen von Fels zu Fels und jagen einem Hasen hinterher, den sie aufgescheucht haben. Zum Baden ist es heute trotz Sonnenschein zu windig und zu frisch. Wir stehen nur für eine Nacht auf dem Campingplatz First Camp Solvik. Unser Wohnmobil schaukelt etwas im Wind oben auf einem Felsen während wir darin zu Abend essen. Doch je später es wird, desto klarer wird der Himmel und desto mehr legt sich der Wind. Da es immer länger hell draußen ist, desto nördlicher wir uns befinden, drehen wir mit einem Eis in der Hand noch eine lange Runde auf den Schären.
Der Campingplatz First Camp Solvik liegt bei Väjern und traumhaft am Ende eines kleinen Fjords direkt in den Schären und ist entsprechend gut besucht als wir am Nachmittag dort eintrudeln. Über einen kleinen Weg geht es hoch in die Felslandschaft und weiter zum Meer mit Bademöglichkeiten, wofür das Wetter allerdings gerade nicht geeignet ist. Die Stellplätze sind ausreichend groß und weiter oben preislich noch günstiger. Für eine Nacht haben wir 22 Euro bezahlt und am Fjord ist es etwas teurer und voller. Ein kleiner Supermarkt, ein Kinderspielplatz sowie ein Minigolfplatz sind vorhanden. Die Sanitäranlagen sind sauber und es gibt große moderne Familienduschen und einen schönen extra Kinderwaschraum. Nach Kungshamn oder Smögen kommt man mit dem Fahrrad in circa zehn Minuten.
Gekommen um zu bleiben: Unsere Ferien im Värmland
Unser Ferienhaus wird überraschend einen Tag eher für uns frei. Deshalb machen wir uns von Väjern direkt nach unserem Frühstück weiter in nordöstliche Richtung ins Innenland auf. Allerdings kommen wir nicht allzu weit. An der Schaltungsführung hat sich etwas gelöst, weshalb wir auf einem Supermarktparkplatz einen Stopp einlegen, um es zu reparieren und danach Lebensmittel für unsere Zeit im Ferienhaus einzukaufen. So ist das eben mit einem Wohnmobil Baujahr 1990. Es gibt immer etwas zu tun und man braucht schon etwas handwerkliches Geschick um es zu nutzen.
Danach geht es fröhlich immer weiter westlich am Vänern See vorbei bis wir am späten Nachmittag im rot gestrichenen Holzferienhaus am Värmeln See ankommen. Der See ist viel viel kleiner als der Vänern und kann aus den umliegenden Orten Edane, Fagerås und Borgvik erreicht werden.
Sonnenschein auf dem Bootssteg stehen und fühlen, dass es Sommer ist
Endlich da! Die Kinder rennen vergnügt wie die Eichhörnchen ins Ferienhaus rein und raus. Es könnte ja durchaus sein, dass ein Elch auf dem Bett liegt oder eine Eule auf dem Ofen sitzt, nicht wahr? Während die Kinder ihre Forschungsexpedition durch Haus und Garten unternehmen, folgen mein Mann und ich dem leisen Plätschern der Wellen gegen den Bootssteg. Am Haus vorbei, durch kniehohe Gräser und Wildblumen und dann über eine Treppe aus Steinen geht es das abschhüssige Grundstück hinab zum Wasser. Am Steg liegt ein Boot angebunden und scheint uns verlockend mit seinem Ruder zuzuwinken „Kommt, steigt ein und wir drehen eine Runde auf dem See!“. Draußen vor dem Steg kreisen die Möwen, stoßen zur Begrüßung ein paar Schreie aus. Die Bäume antworten raschelnd. Aber sonst nichts als unfassbaresSchweigen, das uns in den Ohren rauscht, die eben noch dem Dröhnen des Wohnmobilmotors ausgesetzt waren. Auf dem Wasser liegt ein verheißungsvolles Funkeln, alles ist wehmütiger Schönheit. Die Luft riecht nach warmen Holz und süßen Blumen. Unser Urlaub hatte schon vor der Ankunft in Schweden begonnen und legt sich wie der weite Värmelsee erneut zu unseren Füßen. Am Horizont zeichnen sich Wolken ab. Hier kann das Wetter rasch umschlagen, flüstern uns die Wellen im See zu. Galoppierend wie eine Pferdeschar rennen unsere Kinder mit flatternden blonden Haaren zu uns hinunter. Unsere Mannschaft ist komplett. Wir steigen ins Boot und tauchen die Ruder ins Wasser. Die Stille wird vom Platschen zerrissen. Am Ufer, ein gutes Stück von unserem Ferienhaus entfernt, springen unsere Nachbarn ins Wasser. Das inspiriert mich zu einem erfrischenden Ankommenstauchgang von unserem Badesteg aus.
Unsere sieben Sachen aus dem Wohnmobil sind fix ins geräumige Haus getragen und wir erkunden gleich das Haus und das Grundstück, die idyllisch direkt am See liegen. Ostern 2018 hatten wir das Haus das erste und letzte Mal gemietet. Seitdem wurde vom Eigentümer eine weitere Terrasse an der westlichen Hausseite gebaut, so dass wir morgens auf der Ostterrasse frühstücken und abends auf der Westterrasse grillen können. Unten am See gibt es eine Feuerstelle mit einem Schwenkgrill sowie ein Saunahaus und ein Bootssteg mit zwei Kanadiern, einem Kajak und einem Ruderboot. Das Motorboot ist leider defekt. Aber das macht nix. Die Möglichkeiten sich vor Ort eine richtig schöne Zeit zu machen, sind immer noch mehr als genug. Wir fühlen uns hier sehr zuhause, auch weil der Kontakt mit dem Vermieter sehr angenehm und entspannt ist. Vom Panoramafenster des Wohn- und Esszimmer aus haben wir einen weiten Blick auf den See, das gegenüber liegende Ufer und kleine dicht bewaldete Inseln.
Die folgende Woche ist wettertechnisch sehr abwechslungsreich. Die Temperaturen schwanken zwischen tagsüber 18 bis 25 Grad sowie Sonne und Regen. Eines abends dürfen wir auch einen wunderschönen Regenbogen über dem See betrachten. Doch eines haben alle Julitage am Värmel See gemein: Sie sind wunderschön, sehr sehr lang und beginnen alle mit unserem morgendlichen Bad im See. Hier im Norden geht die Sonne fast nicht unter. Ab 22:30 Uhr ist es dämmerig und richtig dunkel wird es nie. Sterne angucken wie im Frühling ist also jetzt im Sommer nicht möglich. Dafür können wir noch spät abends im Hellen auf den See rausrudern, baden oder draußen an der Feuerstelle sitzen. Und das genießen wir. Da wir die Pause von der Fahrerei sehr genießen, fahren wir nur einmal mit dem Wohnmobil nach Arvika zum Einkaufen. Weil wir schon mal da sind, machen einen kurzen Abstecher in die örtliche Kunsthalle, wo der Grafikdesigner und Kinderbuchillustrator Marcus-Gunnar Pettersson gerade ausstellt und kaufen noch etwas schönes in dem Geschäft Arvika Konsthantverk.
Ansonsten bleiben wir die ganze Zeit in der Umgebung des Ferienhauses. Langweilig wird uns dort nie, weil es so viel zu entdecken und zu unternehmen gibt. Allerdings machen wir uns auch keinen Freizeitstress und unternehmen, wenn überhaupt, nur eine Sache pro Tag. Manchmal bleiben wir aber einfach nur am Bootssteg oder auf der Terrasse oder im Haus. Die Kinder hören Hörspiele und spielen oder malen und wir lesen in Ruhe ein Buch. Ab und zu fahren wir alle zusammen mit dem Kanadierrüber in das 700 Einwohner zählende Örtchen Edane hinüber und machen mit dem Kanadier zwischendurch immer irgendwo einen Stopp auf einer der einsamen kleinen Inseln. Einmal werden wir auch mitten auf dem See von einem warmen Sommerregen überrascht. Dabei fühlen wir uns sehr abenteuerlich. Unser mitgebrachtes Stand up Paddle leistet uns auch große Dienste hier. Mit einem Stein als Anker lässt es sich darauf prima zum Dümpeln auf dem See benutzen, wenn wir nicht gerade eine der einsamen Buchten damit erkunden. Zum Angeln nehmen wir lieber das Ruderboot. Allerdings fangen wir nichts, weil wir es kaum schaffen einmal ganz still zu sein. Abends sitzen wir entweder draußen an der Feuerstelle oder auf der Terrasse am See und speisen. Und einmal machen wir mit unserem Wohnmobil eine Elchsafari in den Wald. Leider erfolglos. Unsere Ferienhausnachbarn aus der Schweiz hatten einmal mehr Glück als sie in der Dämmerung zwei Elche beim Äpfelklauen in ihrem Garten erwischten.
Fährgesellschaften und Brücke für die Anreise nach Schweden
Die Fährtickets oder auch das Ticket für die Öresundbrücke kann man vorab online buchen. Das ist preiswerter als vor Ort. Diese Fährgesellschaften bringen Dich nach Schweden:
Wenn Ihr nicht mit dem eigenen Auto oder dem Wohnmobil anreist, könnt Ihr
auch nach Oslo in Norwegen fliegen und von dort auch mit dem Zug nach Värmland,
Arvika in etwa 2,5 Stunden fahren und dann ein Auto mieten. Allerdings soll die
zeitliche Zuganbindung nicht optimal sein. Dafür bleibt noch genügend Zeit sich
die schöne Stadt Oslo anzusehen.
Die von uns besuchten Camping- und Stellplätze in Deutschland
Wir haben bereits diverse Varianten an Urlaubsdomizilen durchprobiert: Ferienhaus, Ferienwohnung, Hotel, AirBnB, Zelten, Floß, Kajak oder (zum Schluss wird es ganz exotisch) das eigene Zuhause. Seit Herbst/ Winter 2014 nennen wir ein rollendes Ferienhaus unser eigen und genießen mit den Kindern gemeinsam diese mobile Freiheit durch Europa zu reisen. Wir haben mit unserem gebraucht gekauften Wohnmobil mittlerweile mehrere zehntausend Kilometer zurück gelegt und zehn Länder bereist. Über unsere Roadtrips durch Südschweden, Nordspanien sowie die französische Normandie, Südfrankreich, die griechische Halbinsel Peloponnes Ostseite und Westseite und diverse Destinationen in Deutschland haben wir in diesem Blog bereits berichtet und hoffen, dass wir Euch beim Lesen ein paar Inspirationen mit auf den Reiseweg geben können.
Der größte Vorteil eines Wohnwagens oder eines Wohnmobils aus unserer Sicht die Flexibilität überall dorthin fahren zu können, wohin es einen aufgrund der Wetterlage, der Landschaft oder aufgrund aktueller Veranstaltungen gerade hinzieht.
Wenn Ihr für die Sommerferien einen Wohnmobil in Betracht zieht oder schon plant, möchten wir Euch hier einige Tipps zur Vorbereitung geben, was Campingplätze, Rabattkarten, Wetter und Navigationsapps und betrifft.
Campingplatz 1×1
Campingplätze
Die größten Campingverzeichnisse wie ADAC (es gibt auch ein Verzeichnis in Buchform vom ADAC), ACSI, camping.info sind eine gute erste Informationsanlaufstelle. Je nach Qualität der Campingplätze, die wie bei Hotels mit Sternen erkennbar sind, fallen unterschiedliche Kosten an. Ein 3-Sterne-Campingplatz kostet zwischen 25 und 30 Euro, wo hingehen ein 4- bis 5-Sterne-Platz Euch um die 50 Euro pro Nacht kosten darf und Strom und Wasser extra kosten.
Preise
Die Preise variieren außerdem je nach Saison und manchmal auch je nach Lage des Stellplatz (direkt am Meer oder Strand ist manchmal teurer). Üblich ist, dass neben der Stellplatzgebühr eine zusätzliche Gebühr pro Person und ggf. Haustier sowie für Strom (nach Kilowattstunde oder üblicherweise pauschal 4 bis 5 Euro) fällig wird. By the way: Da es europaweit zwei Arten von Stromanschlüssen gibt, ist ein Campingstromadapter-Zweierset sehr praktisch. Die Benutzung der Sanitärgebäude sowie das Auffüllen des Wassertanks ist meist im Preis inklusive.
Reservierung
Anders als im Hotel braucht Ihr auf Campingplätzen keinen Stellplatz reservieren, wenn Ihr plant, nur kurz zu bleiben. Plant Ihr allerdings in der Hauptreisezeit an einem Hotspot wie zum Beispiel direkt am Meer oder an einem See zu stehen, dann solltet Ihr auf jeden Fall langfristig vorher reservieren. Ob für die prominentesten Stellplätze eine Mindestaufenthaltsdauer besteht, könnt Ihr vorab individuell erfragen. Wenn Ihr erst abends anreist, empfehlen wir Euch dringend vorher anzurufen. Nicht immer sind die Plätze abends noch geöffnet. Manchmal gibt es aber die Möglichkeit, sich einen Code für einen Schlüsselsafe geben zu lassen, um doch noch anreisen zu können, wie wir es kürzlich auf Usedom gemacht haben.
Ankunft
Vor dem Campingplatz bzw. vor der Rezeption gibt es meist einem markierten Parkplatz auf dem Ihr halten könnt, um Euch an der Rezeption anzumelden. Den Campingplatz könnt Ihr Euch somit in Ruhe anschauen, um zu prüfen, ob er Euch gefällt. Gegen Vorlage Eures Personalausweises oder Reisepasses werdet Ihr registriert und erhaltet meist eine Chipkarte für die Schranke und die Sanitärgebäude sowie einen Stellplatz- bzw. Lageplan. Am besten erfragt Ihr gleich beim Einchecken, ob Bar- oder auch Kartenzahlung möglich ist. Auf manchen Stellplätzen könnt Ihr gleich bei der Ankunft Brötchen für den Folgetag bestellen, was wir persönlich sehr gerne nutzen. Den Stellplatz dürft Ihr Euch sich meist selbst aussuchen, falls genügend Kapazitäten frei sind. Allerdings gibt es für Dauercamper und Reisecamper oftmals unterschiedliche Stellplätze. Diese sind im Lageplan markiert. Dort steht auch, wo Ihr das Abwasser los werdet und das Chemieklo entleeren könnt.
Rabatte
Rabattkarten können sich für Euch je nach Reiseland, Reisezeit und Anzahl der Mitreisenden lohnen. Ob Rabattkarten akzeptiert werden, könnt Ihr auf der jeweiligen Website, vor Ort anhand einer Abbildung der jeweiligen Karte meist erkennen oder es an der Rezeption erfragen. Manche Rabattkarten gelten praktischerweise als Ausweis-Ersatzdokument an der Rezeption des Campingplatzes. Achtet unbedingt darauf, das Eure persönlichen Angaben auf der Karte richtig eingetragen sind. Falls nicht, verliert sie normalerweise direkt ihre Gültigkeit, weil Ihr Euch mit einer falschen Identität ausgeben könntet. Die Auslieferung mancher Rabattkarten dauert etwas länger, deshalb bestellt diese rechtzeitig vor Eurer Abreise.
Welche Rabattkarten gibt es?
Es gibt natürlich mehr als ein bis drei solcher Rabattkarten. Deshalb lohnt es sich für Euch Informationen über die jeweiligen Preisrabattsysteme und beteiligten Länder einzuholen, da sie je nach Karte durchaus variieren
Camping Key Europe
Die Camping Key Europe (CKE) eignet sich besonders für Camper die gerne ins Ausland reisen. Circa 3.000 Campingplätze sind Partner der Karte. Sie gilt auch für manche Fährtickets. Sie ist beim ADAC erhältlich. In manchen skandinavischen Ländern ist diese Karte Pflicht. Die Karte kann man vorab bestellen oder notfalls an der Rezeption des Campingplatzes kaufen. Die Bestellung läuft online auf einer ADAC Website.
ACSI Card
Die ACSI Card lohnt sich für Camper, die in der Nebensaison reisen. Sie gilt zwar nur in der Nebensaison, aber welchen Zeitraum eine Nebensaison umfasst, ist individuell je nach Campingplatz sehr unterschiedlich. Sie gilt für 9.900 Campingplätze. Passend zur ACSI Card erhält man einen Stellplatz- oder Campingplatzführer für Deutschland oder Europa. Hier geht es zur direkten Bestellung der ACSI Campingplatz Europa Card über Amazon: https://amzn.to/2JapngS
Die Bonuskarte von „Mein Platz“ von Pro Mobil bietet grundsätzlich einen guten, kostenlosen Stellplatzführer mit vielen Informationen. Hier gelangt ihr zu den allgemeinen „Mein Platz“ Informationen Mein Platz Homepage und dies ist der direkte Link zu zur Bestellung der Mein Platz Bonuskarte
Landvergnügen und France Passion
Landvergnügen ist mehr ein Stellplatzführer als eine Campingkarte und fällt aus dem üblichen Rahmen. Im Landvergnügen Atlas befindet sich eine Vignette fürs Wohnmobil, diese klebt Ihr Euch vorne in die Windschutzscheibe. In dem Buch ist eine nach Regionen geordnete Übersicht von Bauernhofstellplätzen in Deutschland, auf welchen Ihr dank der Vignette „kostenlos“ stehen dürft. Wenn Ihr den Landvergnügen Stellplatzführer gekauft habt, sucht Euch in dem Buch einen für euch passenden Bauernhof, Weinhof aus, ruft diesen ggf. vorher an (ob das jeweils nötig ist, steht in dem Buch), fahrt diesen an und dürft dann EINE NACHT kostenlos auf diesem Bauernhof stehen. Der besondere Charme an den Stellplätzen ist, dass dort oft selbst produzierte Lebensmittel bzw. selbst angebautes Obst oder Gemüse und Getränke verkauft werden. Der Kauf ist nicht verpflichtend, aber wir freuen uns immer, wenn wir regionale Leckereien erstehen können. Allerdings eignen sich diese Stellplätze eher für Wohnmobile mit einem eigenen WC, da nicht immer welche vor Ort für Gäste zur Verfügung stehen (irgendwo auf dem Grudnstück hinter den Busch zu pinkeln, geht gar nicht!). Welche Services wie WC, Frischwasser, Strom, Speis & Trank, Freizeitangebote etc. jeweils zur Verfügung stehen, erkennt Ihr im Stellplatzführer anhand von Symbolen. Die Bestellung des Landvergnügen Stellplatzführers inkl. Vignette ist bei Amazon oder auf der Landvergnügen Website möglich: https://landvergnuegen.com
Für Frankreich gibt es bereits länger einen ähnlichen Etappenführer, der circa 2.000 kostenfreie Stellplätze bei Winzern, Landwirten und handwerklichen Betrieben für Wohnmobile vorstellt. Wir sind damit während unserer ersten Wohnmobilreise sicher und gerne unterwegs gewesen: https://www.france-passion.com/de/
Deutsche-Camping-Club
Das Pendant zum ADAC ist der Deutsche-Camping-Club. Bei dem DCC handelt es sich weniger um ein Rabattsystem, sondern um einen Camping Verein, der sich „der Förderung der Campingbewegung in Deutschland und Europa“ als Ziel gesetzt hat. Die Mitgliedschaft im deutschen Camping Club kostet eine Jahresgebühr von 46 Euro und gilt pro Ehepaar bzw. pro Familie. Zudem gibt es eine extra DCC Mitgliedschaft für junge Erwachsene zwischen 18-21 Jahren, die sehr viel preiswerter ist. Hier gibt es weitere Infos zum DCC: http://www.camping-club.de/der-club/leistungen/leistungen-weitere-infos/
Tempolimits, Straßengebühren und freies Camping für Wohnmobile
„Mein Maserati fährt 310…“ Von solch einer Geschwindigkeit seid Ihr mit einem Wohnmobil weit entfernt. Wer am liebsten durch die Landschaft rast, sollte also lieber ein anderes Gefährt wählen. Der Großteil aller in Deutschland produzierten Wohnmobile liegt unter einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen. Für diese Reisemobile gelten dieselben Tempolimits wie beim Auto. Die Tempolimits für Reisemobile über 3,5 Tonnen sind in der nachfolgenden Tabelle aufbereitet. Außerdem seht Ihr in der selben Tabelle, in welchen Ländern Europas Maut bzw. Straßengebühren anfallen und wo das Campen im öffentlichen Raum oder auf privaten Grund erlaubt ist und wo nicht: https://www.caravaning-info.de/artikel/tempolimits/
Campingmobile mieten
Wer sich ein Reisemobil erst einmal mieten und nicht gleich kaufen möchte, kann sich auf diesen Portalen informieren und mieten: Campanda oder Rent and Travel und zum Beispiel bei Paul Camper
Google Maps (kostenfrei): Benötigte Länderkarten lassen sich per Wlan Verbindung downloaden oder bei guter mobiler Internetverbindung online nutzen. Wir haben das bereits genutzt und finden es praktisch.
Where (kostenfrei): Karten muss man vorab downloaden. Auch diese App nutzen wir gerne.
Viamichelin.de: kostenfreie detaillierte Informationen, hilft bei der Planung
Wetter
Wetter Online: mit Regenradar, berechnet die Wolkenbewegungen und gibt eine 24 Stunden Prognose ab. https://www.wetteronline.de
WeatherPro: Diese App von der MeteoGroup zeigt eine 7-Tage-Vorhersage mit aufgeschlüsselten 3-stündlichen Daten-Intervallen, kostet 0,99 Euro: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.mg.android.free&hl=de
An dieser Stelle möchten wir Euch unsere Packliste vorstellen. Am Ende haben wir selbts gestaunt, was wir so alles dabei haben. Solch eine Liste ist immer hilfreich, damit man nichts vergisst. Aber natürlich hat unsere Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder aber es sind Sachen dabei, die Ihr absolut unnötig findet. Schaut sie Euch einfach mal an und entscheidet selbst, was Ihr weglassen oder ergänzen würdet:
Hilfreiche Wohnmobil-Bücher zur Vorbereitung
Wir haben uns zum Einstimmen und Informieren vorab einige Sachbücher zum Thema Wohnmobile besorgt. Schaut mal rein, welche Euch interessieren:
Es hat etwas länger gedauert, aber nun ist er endlich fertig. Unser Bericht über unseren 1.900 Kilometer langen Roadtrip durch Südschweden mit dem Wohnmobil, Kind und Kegel, den wir in den letzten Osterferien unternommen haben. Doch genau genommen ist Südschweden zu kurz gegriffen. Wir sind auch in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen sowie in Roskilde gewesen. Wir hatten im April ein sehr durchmischtes Wetter in Skandinavien, so dass vom Sonnenschein-T-Shirt-Wetter bis hin zum Schneeregen alles dabei war. Es war in Schweden auch noch nicht alles geöffnet, was den geneigten Touristen interessiert. Dennoch würden wir diese Reise durch Schonen, Småland und Dänemark immer wieder so unternehmen. Auch die Überfahrt mit der ScandlinesHybridfähre von Rostock nach Gedser war ein entspanntes Reiseerlebnis. Wir haben so viele Eindrücke insbesondere von der Landschaft gesammelt, so dass wir sie immer noch in unseren Köpfen und Herzen tragen.
Unsere Etappen- und Ausflugsziele in Südschweden und Dänemark
Aber zunächst immer der Reihe nach. Bevor Ihr Euch den ausführlichen chronologischen Reisebericht durchlest oder Euch nur die Kapitel rauspickt, die für Euch interessant sind, kommt hier ein Überblick der Etappen- und Ausflugsziele unserer elftägigen Reise:
– Start: Berlin
– Rostock, Fährhafen in Deutschland
– Gedser, Fährhafen in Dänemark
– über die Öresundbrücke nach Schweden
– Malmö (Schonen/ Skåne), Schweden
– Lund (Schonen/ Skåne), Schweden
– Åhus (Schonen/ Skåne), Schweden
– Öland (Insel), Schweden
– Kalmar (Småland), Schweden
– Fagersand (Småland), Schweden
– Västervik (Småland), Schweden
– Vimmerby (Småland), Schweden
– Vättersee (Småland), Schweden
– Habo (Småland), Schweden
– Tingsryd (Småland), Schweden
– Kopenhagen, Dänemark
– Rostock, Fährhafen in Deutschland
– Rückfahrtsziel: Berlin
Tag 1: Von Berlin über Dänemark nach Schweden (423 gefahrene Kilometer)
Standort morgens: Berlin Kilometerstand morgens: 86.155 Standort abends: bei Malmö, Schweden Kilometerstand abends: 86.578
Alle angeschnallt? We are ready to take off! Die Kinder, mein Mann und ich sitzen im Wohnmobil. Es ist Osterferienbeginn und wir fahren auf unsere erste Wohnmobilreise in diesem Jahr. Alle Fächer sind gefüllt mit Kleidung, Lebensmitteln, Getränken, Reiseführern, Malutensilien, Spielsachen und vielen anderen mehr oder weniger nützlichen Krimskrams. Juhu, unser Roadtrip nach Südschweden kann nun, nach allen Vorbereitungen und Recherchen, endlich beginnen. Alles ist bestens, wir starten sogar nur mit 15 Minuten Verspätung vor unserer Haustür. Doch noch in unserer Stadtstraße bekommen wir beim Blick in den Reisepass eines unserer Kinder bekommen wir einen Schreck. Der Reisepass ist seit zwei Monaten abgelaufen. Oh weia, hoffentlich lassen uns die Schweden rein. Noch während der Fahrt vereinbare ich mit meinem Smartphone einen Termin beim Einwohnermeldeamt damit wir für die nächste Reise besser vorbereitet sind.
Die Fährfahrt mit der Scandlines-Hybridfähre von Rostock nach Gedser
Unser erstes Etappenziel für heute ist der Fährhafen in Rostock. Ohne jeglichen Stau, aber mit einem abgefallenen und notdürftig mit einem Tapeband an der Decke festgeklebten Rückspiegel, kommen wir vormittags um 11.30 Uhr in Rockstock an. Um 13 Uhr legt die Fähre erst ab. Der Check-in ist bis zu 15 Minuten vor Abfahrt für gebuchte Fahrzeuge möglich. Es bleibt uns also genug Zeit, um den Rückspiegel wieder richtig zu befestigen. Unsere Fährtickets haben wir bereits circa drei Wochen vorher online gebucht. Die Buchungsbestätigung zeigen wir beim Check-In im Hafen vor. Um 12:30 Uhr rollen wir auf unsere zugewiesene Spur für Wohnmobile. Die Autoschlange ist weitaus länger als die für Wohnmobile. Glück gehabt. Wir steigen mit Kind und Kegel aus, um uns am Hafen etwas umzusehen und einen Blick auf die anlegende Hybridfähre zu werfen. Nun geht alles ganz schnell. Wir steigen wieder ein und die Scandlines Fähre nimmt unser Wohnmobil in ihrem 460 Pkw fassenden Bauch auf. Wir packen die nötigsten Dinge und gehen sofort an Deck, um dort die Abfahrt aus dem Hafen von Rostock zu erleben. Es ist ganz schön windig hier oben. Es ist eine Hybridfähre, also eine Fähre, die traditionellen Dieselantrieb mit Batteriebetrieb verbindet. Das ist umweltfreundlicher und sauberer.
Nachdem wir den Menschen am Strand von Rostock zum Abschied gewunken haben, gehen wir unter Deck und suchen uns einen freien Tisch mit Blick auf die Ostsee. Die Fähre schnurrt ganz leise über die Ostsee, so dass wir kaum spüren, dass sie sich vorwärts bewegt. Nur ganz selten schwankt das Schiff ein ganz klein wenig. Unsere Kinder dürfen sich eine Süßigkeitentüte mit riesigen bunten Bonbons füllen und amüsieren sich in der Kinderspiel- und tobeecke. Dort läuft zudem die Dschungelbuch-Serie, was unsere Kinder natürlich freut. Bei Bedarf steht sogar eine kostenfrei nutzbare Mikrowelle bereit, um Babybrei aufzuwärmen. Auch im Spielbereich ist alles sehr sauber, friedlich und entspannt. Es gibt WCs mit Wickeltischen, was für unsere Kleine natürlich absolut wichtig ist. Die Süßigkeiten sind kaum aufgefuttert, ertönt bereits der Gong und wir kehren zu unserem Wohnmobil zurück. Die Fährfahrt von 1 Stunde und 45 Minuten ist auch schon vorbei. Ich finde es schade, dass wir schon da sind. Denn ich mag diese Art zu reisen sehr gerne. Beim der Fortbewegung aufs Meer blicken zu können, entspannt und entschleunigt mich so ungemein.
Über die Öresundbrücke von Dänemark nach Schweden
Velkommen til Dammark! Kurze Zeit später rollen wir im Hafen von Gedser von Deck und berühren mit den Wohnmobilreifen das erste Mal dänischen Boden. Unsere Pässe werden nicht stichprobenhaft kontrolliert, was uns erleichtert. Am späten Nachmittag fahren wir am Flughafen von Kopenhagen vorbei, durchfahren einen drei Kilometer langenUnterwassertunnel und überqueren anschließend die Öresundbrücke nach Schweden. Es ist schon ein erhebendes Gefühl diese wirklich spektakuläre Brücke zu überqueren. Sie erinnert mich an unsere Nordfrankreichtour im Sommer 2016 als wir die Brücke von Le Havre überquerten. Die im Jahr 2000 eröffnete 7,8 Kilometer lange Öresundbrücke ist nämlich die längste Auto- und Eisenbahnbrücke mit einer Schrägseilkonstruktion der Welt, wie ich im Netz herausfinde. Die Maut beträgt für die einfache Fahrt 50 Euro. Unser Wohnmobil fällt zum Glück noch in die Preiskategorie Pkw bis zu sechs Meter. Pkw von sechs bis neun Meter Länge oder Pkw mit Anhänger bzw. Wohnwagen zahlen 100 Euro pro Strecke.
Unser Campingplatz bei Malmö
Välkommen till Sverige! Kaum durch Dänemark gefahren und schon berühren unsere Wohnmobilreifen das erste Mal schwedischen Boden. So viele Premieren an einem Tag, ob unser Gefährt so viel Aufregung wohl aushält? Viel Zeit um mir darüber Gedanken zu machen, wie das Gefühlsleben unseres Wohnmobils aussehen könnte, habe ich nicht. Denn erinnern wir uns? Na, wer hat am Anfang des Beitrags aufgepasst? Genau, wir Rabeneltern haben es nicht gecheckt, dass unser Kind mit einem ungültigen Kinderreisepass unterwegs ist. Das Glück ist aber mit den Dummen. Unsere Pässe möchte hier auch niemand sehen. Wir werden lediglich gefragt, wo das Ziel unserer Reise ist und dürfen passieren. Kurze Zeit und einige mich an Spanien erinnernde Kreisverkehre (anscheinend haben beide Länder eine Vorliebe für Kreisverkehre, die mich völlig Kirre machen) später, halten wir auf einem Campingplatz in der Nähe von Malmö in der Provinz Skane (Schonen). Bis 1658 gehörte die Provinz Schonen noch zu Dänemark, falls es irgendjemanden im World Wide Web noch interessieren sollte.
Auf dem Campingplatz der Kette First Camp ist nicht viel los. Die Rezeption ist unbesetzt. An der Tür klebt ein Zettel mit dem Hinweis auf eine Telefonnummer, die wir doch bitte anrufen mögen. Super, das erinnert mich an eine Schnitzeljagd oder an einen Escaperoom. Diese Escaperoom-Spiele mache ich mit den anderen Waldkita-Mamas ab und an ganz gerne. In diesem Fall verhält es sich allerdings genau umgekehrt. Wir möchten ja rein und nicht raus. Egal, ist ja mal ein neuer spielerischer Ansatz. Vielleicht eine neue Geschäftsidee für einen Inscape Room? Und es wird sogar noch spannender! Über die angerufene Securitydienstnummer erhalten wir einen Code für einen Chipkarten–Safe. Code eingegeben und schon springt ein Schließfach auf und eine Chipkarte liegt für uns bereit. Damit können wir die Schranke an der Einfahrt zum Campingplatz öffnen und die Sanitärbereiche ebenso. Geschafft, es funktioniert.
Zur Belohnung bekommen wir einen Stellplatz direkt am Spielplatz. Noch zwei andere Kinder aus Potsdam hangeln sich von Stange zu Stange. Nachdem sich unsere Kinder auf diesem riesigen Spielgerät, das an ein Schiff erinnert, ausgetobt haben, laufen wir über eine breite Grünfläche zum Meer. Es ist nämlich etwas trostlos hier unter diesem weiten windigen grauen Himmel und den kargen Bäumen. Leider sind hier viele Tretminen in Form von Hundekot auf der Wiese versteckt und wir sind die ganze Zeit damit beschäftigt aufzupassen nicht hineinzutreten. Das Prinzip kennen wir aus Berlin bereits gut. Am Meer angekommen, blicken wir vermutlich von einem alten Bunkerdach über die dunkelgraue Ostsee bis hin zur geschwungenen Öresundbrücke. Wow, sind wir heute weit gekommen!
Tag 2: Unterwegs in Schonen (129 gefahrene Kilometer)
Da unsere Campingplatz-Chipkarten offenbar nicht aufgeladen oder wie einfach zu blöd sind und wir an der erst ab 10 Uhr morgens besetzten Rezeption niemanden fragen können, müssen wir kalt duschen. Das ist echt hart, weil es draußen auch schon ziemlich kühl ist. Die Sanitärbereiche sind auch nicht umbedingt im besten Zustand. Hoffentlich bekommen die Betreiber das bis zum Start der Hauptsaison noch besser hin.
Nach dem Frühstück checken wir an der nun besetzen Rezeption aus (die Rezeptionsdame fragt uns, ob wir nun die Karte fürs warme Duschen aufladen möchten, hahahah) und fahren mit dem Wohnmobil nach Malmö.
Da wir mit dem Wohnmobil nicht direkt ins Stadtzentrum von Malmö reinfahren möchten, finden wir am Öresund, in der Nähe eines Parks, einen kostenfreien großen Parkplatz. Bis zum Stadtzentrum ist es von hier aus zwei Kilometer. Doch der Weg entlang der Küste ist wie ein schöner Spaziergang. Finden wir Eltern. Unsere Kinder leider nicht. Zum Glück wird das Wetter immer besser, je näher wir dem Stadtzentrum rücken. Wir kommen nicht nur der Sonne, sondern auch Schwedens höchstem Gebäude, dem 190 Meter hohen Turning Torso immer näher. Doch wir gehen nicht in den Stadtteil Västra Hamnen, in dem das Hochhaus steht, sondern biegen südlich davon ab Richtung Zentrum. Unser Ziel ist das Malmöhus Slott, das über einen Brücke erreichbar ist. Um dieses Schloss herum schnattern viele Entchen im breiten Festungsgraben, die aber auch gerne mal einen Ausflug auf den Bürgersteig machen und ganz anders aussehen als bei uns in Berlin. Das Schloss, ein Ensemble aus verschiedenen Backsteingebäuden, war einst eine Trutzburg, in der Hexenprozesse stattfanden und die 1870 einen verheerenden Brand geradeso überstand. Heute beherbergt die Festung das Moderna Museet Malmö. Sehr hübsch und sehenswert!
Wir spazieren zunächst übergehen kopfsteingepflasterten Lilla Torg Platz um den sich viele alte liebliche Fachwerkhäuser mit Cafés und Restaurants schmiegen. Dann geht es weiter über den Stortorget, dem weiten Hauptplatz. Auf diesem Platz begrüßt uns hoch zu Ross niemand weniger als Karl X. Gustav, ein schwedischer Held, der Schonen von den Dänen zurückgewann. An diesem repräsentativen Ort befinden sich auch das Rathaus, das älteste Bürgerhaus der Stadt, das Kockska Huster sowie der Sitz des Regierungspräsidenten.
In der 300.000 Einwohner zählenden und damit drittgrößten Stadt Schwedens begegnen uns viele englisch und deutsch sprechende Passanten. Einige machen auf uns eher den Eindruck, dass sie hier leben als nur Urlaub zu machen. Obwohl heute Sonntag ist, öffnen die meisten Geschäfte um 12:00 Uhr. Praktisch, denn wir haben die Socken für unsere Tochter zu Hause vergessen. Meine Tochter und ich stürzen ins in die Einkaufsstraße Södergatan. Die Shopping Alarmsirene meines Mannes springt an. Er begleitet uns lieber, um das Ausmaß der Einkäufe besser kontrollieren zu können.
Auf dem Weg zurück (wir haben neben den Socken wirklich nur noch eine Leggings und ein T-Shirt erstanden) zum Wohnmobil überqueren wir die zentrale Bushaltestelle der Stadt und betreten den dicht bewachsenen alten Friedhof von Malmö. Tausende von blau-lila Blümchen wecken hier meine Frühlingsgefühle. Der Friedhof erinnert mehr an einen schönen Park und ist gut besucht.
Westlich vom Friedhof liegt übrigens der bekannte Platz Gustav Adolfs Torg, den wir allerdings leider nicht besuchen. Noch weiter westlich grenzt der Friedhof an den Kanal und den weitläufigen und idyllischen Kungsparken sowie den Slottsparken, die wir beide durchqueren und an dessen Nordseite wieder das Schloss Malmöhus steht. Es liegt also alles ganz dicht beieinander hier in Malmö.
Studentenstadt Lund
Gleich neben nebenan von Malmö, also 30 bis 40 Kilometer entfernt, wartet Lund auf uns. Diese Stadt mit ihrem berühmten Dom, dem Dom zu Lund, wurde mir empfohlen. Also möchte ich mir das mal ansehen, dieses Lund, das einst zu Dänemark gehörte und dessen wichtigste Stadt war. Die Kinder haben keine Lust drauf. Die Kleine schläft sogar. Mein liebster Mann ist ein Schatz und lässt mich alleine einmal durch das Stadtzentrum ziehen und wartet mit den Kindern im Wohnmobil, auf dem Martenstorget Platz mitten in der City.
Die Sonne knallt mittlerweile richtig, das Licht blendet mich so, dass ich eine Sonnenbrille brauche. Es ist sehr befreiend so ohne Kinder durch die gemütliche Universitätsstadt zu laufen. Das Tempo selbst zu bestimmen. Die Studenten sitzen mit hochgerollten T-Shirtärmeln draußen vor den Cafés. Es gibt ein paar hübsche Läden, doch bei dem Wetter möchte ich lieber draußen bleiben. In einem Baum baumeln dutzende bunte große Blumentöpfe und Gießkannen. Wie haben sie die da nur hinauf bekommen? Schnell habe ich den imposanten romanischen Dom (1145 fertig gestellt) gefunden, an dessen Außenmauern sich die Leute sonnen und unterhalten. Ich schleiche mich in den Dom. Drinnen ist es viel heller und freundlicher als ich von außen vermutete. Gleich rechts neben dem Haupteingang befindet sich eine sehenswerte astronomische Uhr. Auf dem Rückweg schaue ich noch kurz in der Kunsthalle, der Kunsthall, vorbei. Der Eintritt ist kostenfrei und drinnen überrascht mich eine tolle Ausstellung namens „We have a dream“ (läuft noch bis zum 7.4.17) in der schwarz-weiss Fotografien über Menschen zu sehen sind, die sich für bestimmte Themen stark machen. Danach werfe ich noch einen Blick in das kleinen schräg gegenüber der Kunsthalle stehenden schmalen Backsteinhäuschen namens Krognoshuset in dem sich auf mehreren niedrigen Etagen Galerieräume befinden.
Åhus und der Nachmittag am Meer
Wir verlassen die transnationale Öresundregion und fahren circa 84 Kilometer quer durch Schweden, um nach Åhus an der Ostküste zu kommen. Bei Åhus biegen wir mitten im Kiefernwald in einen Campingplatz ein. Wir hätten es uns heute früh in Malmö eigentlich sparen können für diesen Ort telefonisch sowie per Onlineüberweisung einen Stellplatz zu reservieren, denn auch hier ist so gut wie gar nichts los. Die Rezeption ist auch hier unbesetzt. Um uns herum stehen fast ausschließlich Dauercamper-Wohnwagen, die derzeit unbewohnt sind. Doch der Platz ist idyllisch.
Wir wollen zum Meer und schnallen unsere Räder ab. Ein kurzes Stück die Straße entlang geradelt und schon sind wir am weißen Sandstrand. Erfreulicherweise hat hier, neben einem noch geschlossenen Strandhotel bereits ein einsamer Eisladen geöffnet. Der Kontrast zum gestrigen Spaziergang zum Öresund könnte kaum größer ausfallen: Eis in der Waffel, kaum hörbares Meeresrauschen, weißer Sandstrand, Sonnenschein, kein Windhauch, Kinder, die in Unterhosen durchs Wasser springen, eine Feuerstelle an der Rauch aufsteigt. Es ist ein Traum. Wir schlendern ganz gemütlich an den kleinen bunten Fischerhütten entlang. Hinter dem Strand sehen wir einen Kletterpark, der momentan noch nicht geöffnet zu sein scheint.
Wieder zurück bei unserem Wohnmobil. Das frühabendliche Sonnenlicht bricht durch die Kiefern. Wir breiten draußen auf der Wiese unsere Picknickdecke aus, stellen den Gasgrill raus und machen uns ein leckeres Abendessen. Meine Güte, haben wir heute viel schönes gesehen und es ist doch erst der erste richtige Urlaubstag in Schweden.
Die Landschaft wird endlich hügeliger entlang der E22 nördlich in Richtung Kalmar. Moosbewachsene Felsbrocken liegen übereinander gepurzelt. Es gibt hier auf dem Land keine Windräder wie wir es in Deutschland gewohnt sind, denn die Schweden erzeugen offenbar ausreichend Energie durch Wasserkraft. Beim Durchfahren der Ortschaften müssen wir gut aufpassen, denn in jedem Ort wartet ein Blitzer auf fotogene Karossen. Der Liter Diesel kostet übrigens derzeit 14 schwedische Kronen, also umgerechnete 1,45 Euro, an den stellenweise nur wenigen Tankstellen.
Nach weiteren 230 gefahrenen Kilometern, von denen wir nach Kalmar sechs Kilometer auf der stellenweise 40 Meter über dem Kalmarsund liegenden Ölandbrücke zurückgelegt haben, kommen wir in Borgholm, der so genannten Inselhauptstadt von Öland, an. Das 130 Kilometer lange und nur 16 Kilometer lange Öland liegt südlich von Gotland und darf sich Schwedens zweitgrößte Insel nennen. Jetzt im April präsentiert sich uns die Ostseeinsel, bis auf die circa 25.000 Einwohner, fast menschenleer. Ebenso wie Gotland soll Öland im Sommer knackevoll sein, verrät uns der Reiseführer.
Campingplatz „Kapelludden“ auf Öland
Borgholm wiederum liegt ungefähr in der Inselmitte an der Westseite, wo milderes Klima als an der Ostseite herrscht. In Borgholm-Town füllen wir im ICA Supermarkt unsere Vorräte auf. Der Campingplatz mit dem lustigen Namen „Kapelludden“ gehört ausnahmsweise mal nicht zur First Camp Gruppe. Und hier sind wir wirklich die aller aller einzigsten und aller aller ersten Campinggäste! Dabei ist der Campingplatz wirklich der Knaller und die junge Mitarbeiterin ausgesprochen freundlich und hilfsbereit. Wir bekommen einen Stellplatz mit Panoramablick auf den Kalmarsund. Es gibt ein Spaß- und Schwimmbad mit Sauna und Fitnessclub sowie ein nagelnagelneues schickes Sanitärgebäude mit vier Küchen und einem zur See hin verglasten Speiseraum.
Burg Borgholm
Die Sonne scheint noch immer und wir wollen uns bewegen. Also radeln wir an den schmucken Strandvillen von Borgholm vorbei bis zur nahe gelegenen Burg von Borgholm und schließen unten am Berg unsere Räder an. Die barocke Burg diente einst als Befestigungsanlage und im 14. Jahrhundert kurz als Wohnsitz der Herzöge von Öland bis 1361 der Dänenkönig Waldemar Atterdag sie eroberte. Oben angekommen, erinnert mich die Ruine eher an einen megagroßen Bunker. Kaum vorstellbar, dass hier im Sommer Stars und Sternchen Konzerte veranstalten. Leider sind wir um 15 Uhr für eine Besichtigung der Sehenswürdigkeit zu spät dran. Die Burg schließt zwar erst um 16 Uhr, aber eine Stunde vorher ist kein Einlass mehr möglich. Tja, schade (für die Kasse, in der bestimmt heute nur sehr wenig Kronen gelandet sind).
Wir waren ausnahmsweise so schlau und haben eine große Fleecedecke mitgenommen und genau auf diese legen wir uns am Fuße der Burg. Und dort halten wir nach einem leckeren Picknick einen wohl verdienten Nachmittagsschlaf bis die Mitarbeiterin im ansonsten menschenleeren Besucherzentrum ihre Stunde rum gebracht hat und nach Hause fährt. Frisch und erholt radeln wir weiter durch den hübschen kleinen Wald bis zum Sollidenslott (Schloss Soliden), der schönen Sommerresidenz der schwedischen Königsfamilie. Leider können wir den sehenswerten Schlosspark heute auch nicht besichtigen und das Café Kaffetorpet ist leider auch geschlossen. Aber dafür gibt es vor dem Schlosstor einen netten kleinen öffentlichen Spielplatz für unsere Kinder. Zwei andere schwedische Familien sind auch hier und laden uns spontan auf eine Runde Eis ein, dass sie in einer Familienpackung mit dabei haben.
Abends genießen wir den luxuriösen Platz im Campingplatzkochstudio und nutzen den Backofen um die Tiefkühlpizza für die Kinder zu erwärmen. Mal abgesehen davon, dass man dort nur schwerlich eine Pizza machen kann, ist dort einfach bequemer als in der kleinen Wohnmobilküche alles zuzubereiten. Außerdem waschen und trocknen wir unsere Kleidung. Wir wissen ja nicht, wann wir dazu wieder die Gelegenheit haben werden.
Tag 4: Inselleben auf Öland
Standort morgens: Borgholm, Insel Öland, Schweden Kilometerstand morgens: 86.980 Standort abends: Borgholm, Insel Öland, Schweden Kilometerstand abends: 87.100 (wegen Hin- und Rückfahrt nach Trollskogen)
Der Zauberwald Trollskogen an der Nordspitze von Ölend
65 Kilometer nördlich von von Borgholm, an der nördlichsten Spitze von Öland befindet sich das märchenhafte Naturschutzgebiet Trollskogen, was auf deutsch Zauberwald bedeutet. Zwischen den bizarr geformten Bäumen und Rieseneichen sollen Trolle leben… Wie niedlich ist das denn, bitte sehr? Klar wie Kloßbrühe, dass wir dort mit dem Wohnmobil hinfahren. Ohne auf dem Campingplatz auszuchecken, versteht sich, denn es gefällt uns hier einfach zu gut. Außerdem liegt am Strand des Naturschutzgebiets ein Schiffswrack! Dieses Schiff namens Swiks war in seinem früheren Leben ein stolzer Schoner, ein Dreimaster, der vor 91 Jahren vor Öland kenterte und an Land gespült wurde und sich seitdem hier ausruht. Aber zunächst der Ruhe nach:
Startpunkt der Wanderung
Startpunkt unserer Wanderung durch den Zauberwald ist ein Parkplatz. Dort gibt es ein altes Wartehäuschen sowie Eisenbahnschienen, von denen ich mir kaum vorstellen kann, dass sie noch in Betrieb sind sowie ein sehr sauberes WC damit auch ja niemand den Trollen aus Versehen auf den Kopf pinkelt. Gegenüber stehen ein gutes Dutzend kleine rote Holzhütten, die über die Flora und Fauna des Naturschutzgebiets informieren. Es gibt auch deutschsprachige Flyer zum mitnehmen. Kurz vor diesen niedlichen Hütten befindet sich auch das Eingangsgatter für insgesamt drei verschiedene ausgeschilderte Routen durch das Naturschutzgebiet. Für Familien mit Kinderwagen sowie an Rollstuhlfahrer ist auch gedacht, denn für sie gibt es einen ein Kilometer kurzen Weg, der durchgängig gut befestigt und breiter angelegt ist. Die zweite Route ist zwei Kilometer lang und bietet einen Einblick in die Flora des Waldes. Wir sind kinderwagenlos und bewegungsfreudig und entscheiden uns für den 4,5 Kilometer langen anfangs geteerten Rundwanderweg, der uns vorbei an uralten Eichen durch den Wald bis zur Küste führt wird.
Eine Installation von im Wald gesammelten Müll (von Schuhen bis zum Fernsehgerät ist alles dabei) kurz nach dem Eingangsbereich erinnert jeden Besucher daran, hier nichts zurückzulassen. Wirklich schockierend, was die Menschen so alles achtlos in den Wald werfen. Das schmutzige Ergebnis erinnert mich an die leider erfolgreiche Müllsammelaktion der Waldkitakinder bei uns im Tegeler Forst.
„Har du sett Bett troll?“ Hast Du einen Troll gesehen? Gleich am Anfang stimmt uns ein Informationsschild über das Aussehen und die Eigenheiten von Trollen auf. Also aufgepasst, vielleicht sehen wir ja einen? Unsere Tochter ist nach wenigen Metern bereits der Überzeugung, einen Troll entdeckt zu haben. Leider sind meine Augen nicht mehr gut genug um ihn zu sehen.
Das Schiffswrack
Die Wegkreuzungen sind beschildert, so dass wir uns nicht verlaufen können. Als wir die alte Swiss, das „Vraket“ Schiffswrack am Strand erreichen, kuscheln wir uns an ihren warmen holzigen Bauch und machen ein Picknick. Die Sonne scheint, scheint, scheint! Das Meer funkelt und plötzlich komme ich mir vor, als wenn wir irgendwo in Südeuropa Urlaub machen würden. Unsere Kleine fröhnt ihrer Lieblingsbeschäftigung, nämlich Kieselsteine ins Wasser zu werfen. Natürlich müssen unsere Kinder einen großen Stein als Andenken an diesen Ort mitnehmen, der wie der Kopf einer Schildkröte aussieht. Tragen muss ich ihn aber. Wozu haben die Kinder mich denn sonst mit in den Urlaub genommen?
Jagdmauern, Tirolleiche, Teergrube, Långer Erik
Wir kehren wieder zurück auf den schmalen Wanderpfad im Wald. Je weiter nördlich wir kommen, desto yogamäßiger sehen die Bäume aus. Einer verdrehter als der nächste. Zwischendurch tauchen „Jaktmuren“ zu deutsche Jagdmauern auf. Das sind Reste alter Steinmauern, die einst quer über die schmalste Stelle der nördlichen Landzunge Ödlands verliefen und wahrscheinlich der königlichen Treibjagd auf Hirsche und Wildschweine gedient haben. Heute gehören sie zum gesetzliche geschützten Kulturerbe der Insel, wie uns das Informationsschild verrät. Von solchen Schildern kommen bald noch mehr auf uns zu. Also wenn ich im folgenden mit Fachwissen glänze, dann gebe ich nur das wieder, was auf diesen spannenden Tafeln auch auf deutsch geschrieben steht.
Wir sehen zwar keine Trolle mehr, dafür stoßen wir auf eine beeindruckende rund 900 Jahre alte Trolleiche, die früher als Orientierungspunkt für die Seeleute diente und auf keinen Fall beklettert werden möchte. Macht nix, die Yogabäume am Wegesrand bieten ausreichend Gelegenheit zum Klettern.
Ganz im Norden erreichen wir eine Lichtung mit ein paar roten Holzhäusern am Ende, die von eine flache, aber dafür wild umwucherte Hecke und ein Holztor umgeben sind. es sieht sehr sehr schön aus. Aber es scheint niemand da zu sein. Links am Zugang der Lichtung ist eine alte Teergrube ausgeschildert, die früher zum Herstellen von Teer zwecks Imprägnierung der Holzschiffe gebraucht wurde. Schräg dahinter befindet sich ein altes halb verfallener Schuppen in dem ein altes Fahrrad vor sich hin rostet. Wir gehen links an dem ummauerten Grundstück vorbei bis wir wieder am Meer sind. Dort steht ein roter Holzschuppen. Von hier aus genießen wir den Blick auf den nördlichsten Leuchtturm der Insel, den 32 Meter hohen Lången Erik. Er ist der kleine Bruder des an der Südspitze stehenden Lången Jans. Erik wurde im Jahre 1845 aus Kalkstein erbaut und war wie sein großer Bruder ständig in Gebrauch. Heute soll dort nur noch ein kleines Licht am Balkon, anstelle des charakteristischen Lichts im Turm, hängen.
Von der Inselspitze aus beginnt unser Rückweg an der Westseite. Hier entdecken wir bald Reste alter Wehrgänge aus dem Mittelalter als sich in der Bucht ein wichtiger Flottenstützpunkt befand. Große, archäologisch noch nicht untersuchte Steingräber vermutlich aus der jüngeren Eisenzeit, sorgen für ein wenig Thrill auf unserer Wanderung. Doch so richtig märchenhaft wird es, als wir die alte Sage auf einem Informationsschild lesen, die besagt, dass an einer noch immer gut sichtbaren Vertiefung im Wald einst die letzte Ruhestätte eines gestrandeten Schiffs gewesen sei. Auf dem Grund der Senke befindet sich ein Brunnen, dessen Wasser übermenschliche Kräfte haben soll. Kurze Zeit später kommen wir an einem militärisch aussehenden (Waffen?)Lagerhaus vorbei.
Danach folgende von Kühen (die sich genau wie Trolle anscheinend hier gut tarnen) beweidete Meeresstrandwiesen mit Picknicktischen und Meerblick. Im Sommer ist hier bestimmt kein Plätzchen mehr frei. Wir hingegen haben seit dem Schiffswrack keine Menschenseele mehr getroffen.
Unsere Kinder haben definitiv keinen Schluck aus dem Märchenbrunnen genommen, denn sie werden langsam schlapp und müssen mit Fruchtgummis am Leben gehalten werden. Kurz vor Ende der Rundtour stoßen wir auf einen Holzweg mit Geländer, der vermutlich der Kinderwagen- und Rollstuhlfahrerweg ist. Nachdem wir wieder bequem in unserem Wohnmobil sitzen, merken auch wir, dass wir etwas erschöpft sind und freuen uns, dass unser am morgen in die Thermoskanne gefüllter Kaffee noch immer warm genug zum Trinken ist.
GrößteWindmühleNordeuropas
Auf dem Weg zurück nach Borgholm machen wir einen kurzen Abstecher nach Sandvik, zur größtenWindmühleNordeuropas. Öland war früher übersät mit Holzwindmühlen. Heute stehen von ihnen noch 400 auf der Insel, einige liebevoll restauriert. Wenn wir im Sommer hergekommen wären, dann hätten wir uns auf Öland so manche Attraktion, wie zum Beispiel die archäologische Stätte Eketorp angeschaut. Aber das meiste hat jetzt in der Vorsaison noch zu.
Badehus
Statt Sightseeing machen wir das, was sich unsere Kinder schon lange wünschen. Wir gehen ins Badehus, ins Schwimmbad unseres Campingplatzes Kapelludden. Die Kinder planschen im Nichtschwimmerbecken. Beziehungsweise die Kleine plumpst, unabsichtlich am Beckenrand sitzend beim beabsichtigten Versuch ihre große Schwester mit einem kleinen Eimer nass zu spritzen, ins Schwimmbecken. Das hat zur Folge, dass sie von nun an nur noch auf einer großen roten Gummimatte sitzend über die Wasseroberfläche geschoben werden möchte. Das Babybecken, dem unser Kleinkind mit seinen fast drei Jahren eigentlich schon entwachsen sein sollte, hat heute leider geschlossen. Keine Ahnung, ob das an der Vorsaison liegen mag. Wir Eltern bibbern im kniehohen Wasser des Nichtschwimmerbeckens und wechseln uns bei der Kinderbetreuung ab, so dass jeder mal in den Genuss der kostenfreien Sauna kommen kann.
Abends zieht der Geruch von unserem frisch gebratenen Fisch durch die vier menschenleeren Campingplatzküchen und durch das moderne Esszimmer mit Blick auf die Meereswiese und den Öresund. Mittlerweile sind noch noch fünf andere Wohnmobile auf dem Campingplatz angekommen. Aber die Insassen sind entweder bereits satt oder essen gegangen. Wir sehen sie nicht.
Tag 5: Unterwegs im nordöstlichen Teil von Småland (240 gefahrene Kilometer)
Nach dem gestrigen so wunderbar sonnigen Tag fing es bereits in der Nacht an zu schauern, so dass wir die draußen aufgehängten Badesachen wieder einräumen mussten. Das war wirklich sehr erfrischend im Schlafanzug. Beim Auschecken bezahlen wir circa 50 Euro für die zwei Nächte, Strom und Schwimmbad. Die Waschmaschine und den Trockner brauchen wir freundlicherweise nicht zu bezahlen. Tack så mycket, vielen Dank!
Schloss Kalmar
Auf Öland wird der kleine Wohnmobilkühlschrank und der große Tank wieder aufgefüllt und los geht es zurück zur Öresundbrücke in die Provinz der 5.000 Seen, Småland. Direkt am Fuße der Brücke erwartet und Kalmar (bedeutet auf deutsch Steingrund). Hier wollen wir uns eines der spektakulärsten Schlösser Schwedens ansehen.
Gleich um die Ecke vom Slott finden wir auch eine Parkplatz. bereits von außen beeindruckt die robuste Befestigungsanlage und die Kanonengeschütze jeden Eindringling. Wir trauen uns trotzdem und überqueren wagemutig die rekonstruierte Holzbrücke und gelangen über den Schlosshof zum Eingang und dem Museumsshop.
Dort wo vor circa sechs Jahrhunderten der schwedische König Erik von Pommern schlief, aß, regierte, betete und bestimmt illustre Feste feierte, unternehmen wir jetzt einen Rundgang auf eigene Faust. Wie der König selbst haben seine Möbel schon lange das Zeitliche gesegnet. In den vergangenen Jahrhunderten wurde das Schloss nämlich für solch praktischen Dinge wie als Warenlager, Getreidespeicher und sogar als Gefängnis und als Schnapsbrennerei genutzt. Heute strahlt aber fast alles wieder im alten Glanz. Besonders das Königsgemach mit den bunten Holztäfelungen an den Decken und Wänden beeindruckt mich. Die Kinder finden den Grauen Saal spannender, denn hier steht eine laaaaange Tafel, vollbeladen mit Tellern, Gläsern und Speisen (aus Plastik) sowie ein Schwan und anderes Getier. Gruselig wird es im Frauengefängnis.
Im Sommer (wie sollte es in Schweden auch anders sein) werden im Schloss übrigens Kinderaktivitäten angeboten, bei denen sie sich in Prinzessinnen und als Ritter verwandeln können. Aber im April ist davon leider nichts zu sehen. Aber immerhin lustwandeln die Mitarbeiterinnen des Schlosses in vornehmer Robe durch die Gemächer.
Campingplatz Långsjön in Småland
Den gleich am Schloss gelegenen Stadtpark klemmen wir uns, da es nieselt und wir wieder on the Road möchten. Nach Kalmar fahren wir weiter nordwestlich nach Småland zum Campingplatz Långsjön. Eine freundliche Schweizerin, nein wirklich eine Schweizerin und keine Schwedin, empfängt uns an der Rezeption. Hier werden wir zum ersten Mal auf die Karte „Camping Key Europe“ angesprochen, die man für manchen Campingplatz braucht und die umgerechnet circa 16 Euro kostet. Sie ist auch online bestellbar, wenn man sie nicht von dort kaufen möchte.
Karin und ihre zwei Kollegen hat es vor ein paar Jahren ins schöne Småland verschlagen. Der familiäre und schön angelegte Campingplatz mit 42 Stellplätzen mit Stromanschlüssen, einem Zeltplatz und acht Holzhütten (auf schwedisch Saugas), einem neuen Sanitärhaus, Bootsanlegesteg, Kanu- und Angelverleih sowie Restaurant liegt an einer Schnellstraße und ist daher gut erreichbar und nicht zu übersehen. Der Nachteil ist leider, dass auf der Straße die Volvos recht fix unterwegs sind. Dafür hat man einen tollen Blick auf den direkt dahinter liegenden See Langsjön nachdem der Platz benannt ist.
Ausflugsziele rund um Fagersand
Hinter unserem Stellplatz beginnt ein felsiger Wald in dem zahlreiche Elche leben sollen. Doch leider ist es sehr unwahrscheinlich, dass wir einen von ihnen zu Gesicht bekommen. Neben der Campingplatzeinfahrt befindet sich die Eisenbahnstation Fasersand, die momentan, wie sollte es in der Vorsaison anders sein, nicht angefahren wird. Im Sommer fährt hier die nostalgische Schmalspurbahn „Smalsparet“ zwischen Hultsfred und Västervik (71 Kilometer Entfernung) vorbei. Der nahe gelegene Elchpark hat diesen Monat leider auch noch zu. Also unternehmen wir einen kleinen Waldspaziergang, der größtenteils auf einer Schotterstraße stattfindet. Es wurde anscheinend gerade frisch gerodet, so dass es etwas karg aussieht, aber dafür schön harzig duftet. Mitten im Wald entdecken wir auf einer Anhöhe zwei Holzbänke, deren Tisch vermodert auf dem Boden liegt. Wir stapfen über das weiche Moos hinüber und machen eine Rast. Es geht auch gut ohne Tisch. Die zwei Feenpuppen, die sich unsere große Tochter an der Rezeption unter allerlei Spielzeug ausleihen durfte, haben hier das perfekte Setting gefunden und fliegen nun über den hellgrünen Moosteppich.
Unser Abendessen können wir auch auf diesem Campingplatz in einem neuen gemütlichen Servicehäuschen zubereiten. Es gibt neben einem Induktionsherd auch einen Kühlschrank, eine Kaffeemaschine sowie Töpfe, Pfannen, Geschirr, Besteck und Gläser. Super, somit brauchen wir nicht alles aus dem Wohnmobil mit rüber nehmen. Eine andere schwedische Familie ist mittlerweile auf dem Campingplatz eingetroffen, bleibt aber den Abend über ihm Wohnwagen.
Abendspaziergang zum Langsjön-See
Weil wir leider die Hälfte unserer getragenen Wäsche auf Öland vergessen hatten zu waschen, holen wir das hier nach. In der Zeit in der sich die Wäschetrommel dreht, machen wir einen Abendspaziergang zum Langsjön-See. Hier schlummert ein Restaurant mit Veranda seinen Vorsaisonschlaf. Außerdem gibt es einen Bootssteg und eine Badebucht. Still liegt der 17 Kilometer lange See vor uns. Im Sommer ist es hier bestimmt toll zum Baden und Fischen. Eine Insel mitten im See schaut verheißungsvoll zu uns hinüber. Sie erinnert an Lommetuva, die Insel auf der Pippi, Thomas und Annika Schiffbruch erleiden und mehrere Tage ohne Schnupftabak schmachten. Doch leider ist es viel zu kalt, um an Baden zu denken. Ich hätte große Lust vom Angebot des Campingplatzes Gebrauch zu machen, uns mit Proviant aus dem Campingplatzshop einzudecken, ein Kanu und Angelzubehör für die im See lebenden Hechte und Barsche auszuleihen und mit der Familie ein Abenteuer wie Pippi & Co zu erleben. Aber es wird nun dunkel und unsere Kleine hat sich an den Felsen müde geklettert.
Unser Wetterglück scheint uns endgültig nicht mehr hold zu sein. Abends prasselt der schwedische Regen erneut aufs Wohnmobildach. Drinnen ist es umso gemütlicher. Oben im Alkoven unter der warmen Bettdecke liegend, lese ich den Kindern die schönsten Geschichten von „Bullerbü bis Lönneberga“ vor. Was soll man auch anderes in Småland, der Heimat von Astrid Lindgren, vorlesen? Und zwar nicht nur von dem starken rothaarigen Mädchen, sondern auch von Ronja Räubertochter, Carlson vom Dach, Kalle Blomquist und wie die Helden alle heißen… Ich bestelle bereits in Gedanken alle Bücher in unserem Bücherladen von denen ich hier nur abschnittsweise Kapitel in die Ohren meiner Kinder träufele.
Tag 6: Südliches Småland (197 gefahrene Kilometer)
Unsere am Abend zuvor gewaschene und draußen aufgehangene Wäsche ist aufgrund des nächtlichen Regens klitschnass. Also Chipkarte an der Rezeption aufladen und ab mit den T-Shirts und Schlüppern in den Campingplatztrockner. Bis die Wäsche fertig ist, machen wir eine Spritztour in die nahe gelegene Schärenstadt Västervik. Die Stadt an der Smålandküste wurde im 17. Jahrhundert von den Dänen völlig zerstört. Mann, Mann, Mann, diese Schweden und Dänen haben sich aber wirklich lange gebraucht um ein freundschaftliches Verhältnis aufzubauen. Wir parken am Hafen und laufen die kurze Straße Båtmansgatan hinauf. Pittoreske Seemannshäuser, eines hübscher als das andere. Wir laufen weiter an einer urigen Bäckerei vorbei in eine Einkaufsstraße und bummeln durch die hübschen Einrichtungsgeschäfte der Stadt bis es wieder zurück zum Wohnmobil geht.
Zurück am Campingplatz Långsjön packen wir die feucht warme Wäsche ein und checken aus. Zum Abschied schenkt uns Karin vom Campingplatz eine Tüte Zimtbrötchen für die Kinder. Sehr lieb!
Hey Astrid Lindgren, hollihollahohollahopsasa!
Wir rollen in Vimmerby ein, das in der Nebensaison beinahe so beschaulich wirkt, wie zu Astrid Anna Emilia Lindgrens Zeiten. Im Geburtsort der weltberühmten Schriftstellerin, die hier als zweites von insgesamt vier Kindern des Pfarrhofpächters Samuel August Und Hanna Ericsson am 14.11.1907 das schwedische Licht der Welt erblickte, befinden sich eine der Lieblingsattraktionen Schwedens: der Freizeitpark Astrid Lindgrens Värld beziehungsweise Welt, der ab Mai seine Tore öffnet.
Für uns ist im April das Museum Astrid Lindgrens Näs geöffnet. Das Kulturzentrum wurde 2007 von niemand geringerem als der Kronprinzessin Victoria eingeweiht und befindet sich auf dem Bauernhof auf dem Astrid Lindgren aufwuchs, fleissig mithalf und in Limonadenbaum herumkletterte. Die eine Hälfte meiner Familie hält auf dem Parkplatz einen Mittagsschlaf während meine große Tochter und ich jeweils von einem Audioguide für Erwachsene und einem für Kinder durch die Dauerausstellung begleitet werden. Kinder unter 16 Jahren zahlen übrigens keine Krone für den Eintritt. Erwachsene werden mit 170 Kronen zur Kasse gebeten.
Gleich am Eingang führt ein Film ins Thema ein. Anschließend lädt eine überdimensionale Küchenbank, auf der man sich wie Klein-Astrid beim Märchenlauschen fühlen darf, zum Verweilen ein. Das allerheiligste bekommen wir unter Glas zu sehen: Das Originalmanuskript von Pippi Langstrumpf!
Das Leben der Ausnahmeschriftstellerin wird insgesamt sehr liebevoll, aber dennoch nicht unbedingt selbsterklärend anschaulich gemacht. Manche Installationen bleiben etwas rätselhaft. Meine Tochter ist nicht wirklich begeistert und möchte lieber in den umgebenden Themengarten spielen. Am Ausgang zum Garten liegen Schaffelle und Picknickdecken zum Ausleihen bereit. Doch leider ist es fürs Picknicken heute zu frisch. Dafür gibt es draußen einige Kunsterlebnisse, wie zum Beispiel die sieben begehbaren Wunschkrüge in denen wir Wunsch um Wunsch von Kindern aus aller Welt entziffern und einen Spielgarten mit einem großen Eichhörnchennest aus Robinienästen in das wir sofort hinein klettern.
Astrid Lindgrens Elternhaus, das sie in den 1960 Jahren selbst restaurierte und in dem sie später wohnte, wenn sie aus Stockholm zurück kam, können wir uns heute nur von außen ansehen. Es war wirklich eine sehr gute Idee von ihr, auch das Land drum herum aufzukaufen damit die Stadt nicht die gesamte Natur auffrisst. Ansonsten könnten wir uns heute kaum vorstellen, wie sie einst in diesen traumhaft wilden Wiesen mit ihren Geschwistern und Freunden gespielt hat.
Im weißen repräsentativen Pfarrhof von 1830 gibt es wechselnde Ausstellungen und Kulturveranstaltungen sowie im Obergeschoss eine Forschungsbibliothek. Doch leider bleibt auch diese Tür für uns heute geschlossen. Davor knarzt die aprilhaftkahle, alte, hohle Ulme, die Inspiration für Pippis Limonadenbaum.
Im gelben Haus von 1920 hat Astrid Lindgren bis zu ihrem Umzug nach Stockholm 1926 gelebt. In jungen Jahren unverheiratet schwanger geworden, verließ sie ihr Heimatdorf, um ihrer Familie den Ärger zu ersparen. Die Veranda und die Küche des Hauses sollen stark an die Villa Kunterbunt erinnern. Heute ist das Haus im Besitz der Nachkommen von Astrid Lindgren. Wir streunern weiter über die hübschen Lichtungen und Rasenflächen des Gartens. Ach wie schade, dass es noch so früh im Jahr ist! Ansonsten hätten die Kinder mit uns hier Beeren pflücken uns im Bach planschen dürfen. Hätte, hätte, Fahrradkette, wie meine Cousine in solchen Situationen zu sagen pflegt.
Zum Trost kaufen wir im Shop des Kulturzentrums ein paar schöne Spielsachen für die Mädels ein. Das Besuchercafé nebenan lassen wir lieber sein, da unsere andere Familienhälfte mittlerweile bestimmt bereits aufgewacht ist.
In der Umgebung von Vimmerby kann man übrigens die Dörfer besuchen, die Astrid Lindgren einst für die Orte in ihren Geschichten inspiriert haben sollen. Die Vimmerby-Straße RV 40 in Richtung Jönköping/ Mariannelund fahren, bei Pelarne Links abbiegen und schon ist man in Sevedstorp/ Bullerbyn (Bullerbü). Wer lieber nach Katthult möchte, fährt Richtung Mariannelund und kurz vor dem Ort nach rechts auf die Landstraße Richtung Ydreforts bei Rumskulla ist die Abzweigung.
Am Vättersee
Wir machen keine Lindgren-Hopping mehr, sondern fahren nach Jönköping. Kurze Klugscheisserinfo am Rande: die japanisch klingende Hauptstadt von Småland war früher die Hochburg der Sicherheitsstreichhölzer. Ha, vielleicht kommt die Frage ja mal bei „Wer wird Millionär“.
Glitzernde Seen und tiefe Wälder ziehen links wie rechts an uns vorbei. In den Wäldern von Småland sollen sich an die 30.000 Elche verstecken. Wenigstens ein einziger von ihnen könnte uns doch mal über den Weg laufen, oder?
Auf die Stadt zufahrend breitet sich meerartig der südliche Zipfel des Vättersees vor uns aus. Nach dem Vänern ist der Vättern der zweitgrößte See Schwedens. Aufgrund seiner Tiefe von bis zu 100 Metern und der Speisung aus unterirdischen Quellen ist der See Geheimnis umworben…
An diesem Gigantensee erleben wir uns unseren ersten Campingplatz-Reinfall. Den zuerst von uns angesteuerte Campingplatz „Villa Bjorkhagen SweCamp“ verlassen wir noch bevor wir überhaupt einchecken. Er ist knallvoll, hinter unserem Wohnmobil wummert der Bass einer Autostereoanlage und die Sanitärgebäude befinden sich in uralten Containern. Alter Schwede, ohne uns und tschüss.
Campingplatz „Camping & Stugby Habo“
Wir fahren lieber noch weitere 15 Kilometer nordwestlich zum Campingplatz „Camping & Stugby Habo“, der oberhalb des Vätter liegt. Auf seinen sieben überschaubaren Hektar geht es sehr ruhig zu. Er ist zwar recht unspektakulär angelegt, aber er punktet bei unseren Kindern mit einem großen in den Boden eingelassenen Trampolin, zwei Mini-Spielplätzen und mehreren Campingplatzkatzen, die um das Sanitärgebäude herumtigern.
Nachdem wir unseren Stellplatz gewählt und das Trampolin ausreichend getestet wurde, spazieren wir zum Vätter hinab. Die granitgrauen Wellen unter dem wolkenschweren Himmel rollen uns entgegen. Der Sand in der Badebucht ist vom Regen gesprenkelt. Im dahinter liegenden Hafen warten Hunderte von Motor-und Segelbooten auf ihre Wiederbelebung im Sommer. Ach, ja.
Die Campingplatzküche lassen wir heute sein und Kochen Huhn in Fetig-Satésauce mit Süßkartoffeln in unseren vier Wohnmobilwänden. Die Kinder spielen mit uns selbst ausgedachte Kartenspiele, die stets zugunsten der Jüngsten ausgehe und zocken mit uns Mensch-ärgere-Dich-nicht. Danach dekorieren sie das Wohnmobil in ein Spielzeuggeschäft um. Gegen Barzahlung mit Goldmünzen aus dem Astrid Lindgren Näs kann ich zwischen diversen Puppen, Plüschpferden und entzückenden Glupschis wählen. Ich bekomme sogar eine Quittung. Alles sehr professionell organisiert hier.
Tag 7: Relaxen am See Tiken in Tingsryd (198 gefahrene Kilometer)
In der Nacht zu Karfreitag hat es geregnet. Als wir morgens auf dem Camping Stugby & Habo losfahren wollen, wiehert unser Wohnmobil wie ein altes stures Pferd. Der Gaul mag einfach nicht anspringen. Die Zündanlage ist aufgrund des nasskühlen Wetters zu feucht geworden. Unser Zaubermittel der Stunde heißt WD-40 und ist ein amerikanisches Kriechspray mit dem man fast jedes Problem lösen kann, vom Fliesenreinigen bis zum Lösen von festgefressenen Schrauben. Also Hokuspokus Fidibus, einmal gesprüht und los geht’s. Yiha, unser Roadtrip durch Südschweden geht in die nächste Etappe. Wir machen einen kurzen Abstecher in Habo, um die Habo Kyrka. Eine stolze rote Holzkathedrale, Jahrgang 1723. Weiter nichts dabei, mag man von außen denken. Wer sich hinein traut, ist klar im Vorteil, denn die Decken und Wände sind super schön gestaltet und erzählen sogar von einem handfesten Disput des Malers mit dem eitlen Teufel, der sich von ihm als zu unattraktiv gezeichnet sah und ihn daraufhin verprügelte. Also richtig Action in der Kirche. Die moosbewachsene alte Steinmauer umfasst nicht nur die Basilika , sondern auch einen separaten Glockenturm und einen Friedhof mit vielen Johnssons und Svenssons Gräbern.
Ohne weitere Zicken seitens unseres Gefährts fahren wir unter dem Sonne und Wolke verwehren Himmel Schwedens in südliche Richtung von Jönköping auf die E4, weiter in Richtung Värnamo und dann die Landstraße 27 Richtung Växjö. Wir gleiten an zuckersüßen Schwedenhäusschen vorbei während die Kinder Hörspiele hören bis wir nach fast 200 Kilometern den Ort Tingsryd erreichen. Hier gibt es Infrastruktur wie Supermarkt, Apotheke, Einkaufsstraße, Tankstelle und, Familien mit Kindern jetzt aufgepasst, ein Spaßbad. Das Schwimmbad ist der USP (für Leute ohne BWL- oder Marketingkenntnisse: das heißt Unique Selling Proposition, zu deutsch einzigartige Verkaufsversprechen), weshalb wir dieses Resort auf dem Rückweg nach Dänemark ausgewählt haben.
Wir biegen ins hübsch gelegene Resort Tingsryd ein. So viele Wohnmobile und -wagen wie hier stehen, haben wir den gesamten Urlaub nicht gesehen. Wir ergattern einen der letzten Plätze genau mittig zwischen dem See Tiken und den Sanitärgebäude. Ostern scheinen die Schweden sich dann doch rauszutrauen. Deutsche Urlauber können wir hingegen nicht entdecken.
Nach der Fahrt freuen sich unsere Beine auf Bewegung. Neben dem Wiesengelände des Resorts grasen Pferde auf einer Wiese. Natürlich wollen unsere Kinder dorthin. Da sie sich nicht trauen, die hübschen Tiere zu streicheln, laufen wir dahin, wo wir Eltern es am besten finden. Zum Seeufer und zur Badestelle mit den im Sonnenlicht grell strahlenden Aluminiumbooten. Von hier aus führt eine schmale künstlich erscheinende Landzunge in den See hinein. Weiter am See entlang laufend, kommen wir zum Spielplatz des Campingplatz. Wenn wir bereit wären 90 Euro zu bezahlen, könnten wir an der Rezeption übrigens einen Jacuzzi für uns als Familie privat mieten und dabei den Ausblick auf den See genießen. Aber wir müssen nicht jeden Luxus mitmachen. Stattdessen schaukelt die Kleine dann Papas Hilfe völlig kostenfrei hoch in den blauem Schwedenhimmel während ich mit unserer Großen weiter am See entlang spaziere und ein altes halb versunkenes Ruderboot und einen lädierten Kanadier im Schilf aufstöbere. Buschwindrösschen am Wegesrand. Ein Greifvogel flieht vor uns in einen höher gelegenen Baumwipfel. Der See flirrt silbrig, so dass ich die Augen zusammen kneifen muss. Schade nur, dass uns bald die Straße stört und wir zurückkehren müssen. Unser Fortbewegungsdrang ist noch nicht ausgeschöpft.
Wir schauen uns also bei unseren Wohnmobilnachbarn um, von denen einige Dauercamper zu sein scheinen, wenn wir die richtigen Schlüsse aus Gartenzäunchen mit Schnörkelschrift-schwedische-Sinnspruch-Schildchen schließen. Ist also alles genau wie in Deutschland, so scheint es. Aber etwas ist anders. Die Atmosphäre erinnert hier eher an Halloween als an Ostern. Woran das liegt? An den Hexenpuppen, die draußen an den Zähnen hängen. Das möchte ich gerne genauer wissen und lese folgendes nach: In Schweden ist es ein Osterbrauch, dass sich die Kinder als Hexen verkleiden und von Haustür zu Haustür ziehen, um nach Süßigkeiten zu fragen. Lustig, ein Osterween! Doch Ostersonntag werden wir bereits nach Dänemark fahren und somit müssen wir unsere Süßigkeitenvorrat nicht verteilen.
Unser große Kind hustet seit zwei Tagen und nun beginnt auch mein Rachen zu brennen. Obwohl wir jede Nacht um die neun bis zehn Stunden schlafen, liegen meine Glieder heute morgen bleischwer auf der Matratze. Die Sonne hat sich heute obendrein frei genommen und sich in einen hellgraue Decke eingemummelt. Dasselbe tue ich auch mit meiner Bettdecke. Doch mit dem ersten Augenlidaufschlag unserer Kinder erwacht sofort ihr Gedächtnis und somit ist unser Plan das örtliche Spaßbad zu besuchen nur noch eine Frage von wenigen Stunden. Doch ich sehe es von der positiven Seite: im Schwimmbad ist es sicherlich warm und obendrein müssen wir uns abends nicht mehr im Sanitärhaus für die wenigen Duschen anstellen.
Nach nur zwei Kilometern Fahrtweg und ein paar Kronen für Eintritt (60 Kronen für Erwachsene, Kinder 45 Kronen, Kleinkinder frei) und zwei Garderobenschrankvorhängeschlösser für je 50 Kronen (wer so etwas zufällig auf Reisen mit dabei hat, spart sich die Ausgabe) weniger im Portemonnaie, stehen wir mit lauter schwedischen Familien im Spaßbad. Das Schwimmbad ist insgesamt etwas schäbig. Doch das stört unsere beiden Wassergeistinnen nicht. Und überhaupt, ich hör mal auf zu meckern. In Berlin ist es ja auch nicht viel sauberer.
Als erstes hüpfen wir in den sprudelnd heißen Jacuzzi. Herrlich! Dass das trotzdem ein Fehler war, merken wir als wir ins normale Schwimmbecken mit Strömungskanal und Wassergrotte hüpfen. Brrr, das Wasser hier ist dagegen nämlich frisch. Lange bleiben wir nicht und retten uns in warme Babybecken im einem separaten Raum. Danach sausen wir die Wasserrutsche hinunter bis mir schwindlig wird. Für die Sauna, die es auch hier, jeweils eine neben der Damen- und Herrensauna, gibt, bleibt für uns keine Zeit. Der Jacuzzi ruft wieder.
Autofriedhof Bilkyrkogården Kyrkö Mosse
Nach dem Schwimmbad schläft die Kleine bereits nach 500 Metern ein. Da sie beim Ankommen leider aufzuwachen pflegt, machen wir dass wir weiter kommen und fahren statt ins Resort zu einer der skurrilsten Orte, die wir je besucht haben. In Ryd, nur 23 Kilometer vom Ort Tingsryd entfernt, erwartet uns eine außergewöhnliche Mülldeponie mitten in einem waldigen Sumpfgebiet. Warum wir uns solch eine Umweltsauerei freiwillig anschauen, geneigte/r Leser/-in? Es handelt sich hier um eine unter dem Namen „Bilkyrkogården Kyrkö Mosse“ bekannte Schrottsammlung von alten Autos. Ein Autofriedhof sozusagen. Neben einem kleinen Parkplatz mit einem selbst gebastelten Hinweisschild führen Autoreifen einen kleinen Weg in den Wald hinein. Wir brauchen nicht weit zu gehen und schon treffen wir die ersten rostigen Karossen, die Mitte des 20. Jahrhunderts noch elegant über Schwedens Straßen gerollt sein müssen. Dazwischen liegt auch mal ein rostiges Fahrrad oder ein altes Fass. In den kleinen Bächen muss sich allerhand giftiges Zeug sammeln.
Der ehemalige Torfstecher Åke Danielsson beziehungsweise ‚Åke på Myren‘ sammelte Limousinen, Kombis, Busse und Transporter, um sie zu recyclen und ihre Einzelteile zu verkaufen. Mitten im Wald baute er sich eine Werkstatt und ein Wohnhäußchen, die beide noch stehen (mehr schlecht als recht). Bald war er für seine Autoteile bekannt.
Nachdem er alt und krank wurde, wollte die Gemeinde die Autowracks aus dem Wald entfernen lassen. Doch ein paar Fans von Åke und der Museumsleiter aus Växjö erkannten die Anziehungskraft dieser Sammlung und schafften es den Autofriedhof gegen viel Widerstand unter Schutz zu stellen. Heute können wir die auseinander fallenden Autos kostenfrei und auf eigene Gefahr besichtigen. Die Schweden halten noch weitere Überraschungen für uns bereit. Auf dem Rückweg entdecken wir auf einem See einen riesigen Hai. Aber keine Angst, in Schweden gibt es keine Haie im freien Gewässer. Es handelt sich natürlich nur um einen grauen Felsen auf dem ein Haigesicht mit einem riesigen aufgerissen Maul und vielen spitzen Zähnen.
Spieleabend im Wohnmobil
Schwere nasse Flocken schweben über dem Resort. Deshalb machen wir es uns nach dem Autofriedhofbesuch im Wohnmobil mit der Gasheizung und dem Standlüfter gemütlich. Endlich können wir mit unserer Großen alle Spiele durchspielen, die unser Spielefach bereit hält. Der Schwarze Peter solange weitergereicht bis wir die Wutanfälle unserer Tochter nicht mehr aushalten, wenn sie den Schornsteinfeger als Letzte in der Hand hält. Gemeinsames Puzzeln sorgt wieder für Harmonie. Derweil ziehen lustig bunt angezogene Schweden an unserem Wohnmobil zur 70er Jahre Party mit Pizzabuffet des Resorts vorbei. Trotz des beginnenden Schneefalls sind einige empfindlich dünn angezogen. Die schwedischen Familienväter zeigen sich vom Wetter ebenso unbeeindruckt und feuern ihre Kugelgrillgeräte draußen an. Brrrr, wir bleiben lieber drinnen und beobachten das bunte Treiben. Morgen früh wollen wir zurück nach Dänemark fahren. Einen super Campingplatz haben wir dort schon vorgestern für uns reserviert. Wir freuen uns schon darauf, auch wenn es schade ist, dass unser Aufenthalt in Schweden dann vorbei sein wird.
Tag 9: Ab nach Kopenhagen-Dänemark (470 gefahrene Kilometer)
Unsere Goldkinder wecken uns um 7.30 Uhr mit den ersten Ostergrüßen von ihrem Alkovenbalkon. Schnapp, das Fensterrollo neben unserem Bett geht hoch und ich schaue hinaus. Aus dem feierlichen Anlass, dass wir heute Ostersonntag haben, hat Småland eine dünne weiße Tischdecke über die Landschaft ausgebreitet. Dicke Schneetropfen klatschen vom dem Birkenzweigen auf dem Boden. Der schwedische April macht wirklich was er will! Der Heizlüfter pustet warme Luft ins Wohnmobil und mein Mann setzt den Teekessel auf. Tack sa mycket mi älskling (vielen Dank mein Schatz!). Zur Feier des Tages bringt mein Mann auch noch frische Brötchen aus dem Ressortshop mit. Das kann ja nur ein leckeres Osterfrühstück werden (sobald unser Bett verschwunden und damit Platz für den Esstisch ist).
Doch bevor wir die Umbauten starten, dürfen wir Eltern die von unseren Kindern in der Waldkita beziehungsweise im Hort gebastelten und nun im Alkoven versteckten Osternester suchen. Der Osterhase unserer Kinder ist mit uns in Dänemark verabredet und deshalb starten wir unseren Wohnmobilschlitten.
Die Fahrt durch die leicht verschneite Landschaft unter einem hellblauen Himmel mit Zuckerwattewolken ist so kitschig wie schön! Ich hätte vorher nicht gedacht, dass ich mich über einen Wintereinbruch zu Ostern nochmal freuen würde. Ich am allerwenigsten, denn ansonsten hätte ich unsere Wintermäntel und -schuhe anstelle der Softshelljacke und Gummistiefel mitgenommen.
Die Kleine Meerjungfrau
In Kopenhagen angekommen, besuche ich mit unserer Großen eine weltberühmte 125 Zentimeter kleine Frau, die bereits seit 95 Jahren an der Uferpromenade in der Nähe der Hafenanlage auf einem Felsen sitzt. Die Lille Havrue (dänischer Name der kleinen Meerjungfrau) zieht zahlreiche Touristen an, so dass ich warten muss, bis ich ein Foto von ihr ganz allein machen kann. Gemäß des heutigen Ostersonntags hat ihr jemand ein Osterei ganz frech in den bronzenem Schoß gelegt. Der Osterhase vergisst auch wirklich niemanden!
Die Kleine Meerjungfrau tut mir schon ein wenig leid. Hat sie doch schon im bekannten gleichnamigen Märchen des dänischen Schriftstellers Hans Christian Andersen mit einer nicht erwiderten Liebe zu einem Menschen ein schweres Los gezogen. Und nun wurde sie als Statue bereits noch geköpft, beschmiert und ins Hafenbecken gestürzt. Und als ob das nicht ausreichen würde, wird sie heute von allen Seiten begafft. Doch viel Zeit um sie weiter zu bemitleiden bleibt mir nicht. Parken ist in der Umgebung kaum möglich, so dass mein Mann mit der Kleinen im Wohnmobil halb legal auf einem Platz steht und auf uns wartet. Auf dem Weg zum Wohnmobil spazieren wir im Stechschritt zur nächsten schönen Frau im Form einer Engelsstatue, der Huitfeldt-Spalte. Sie ist umgebenen von im schönsten zartrosa blühenden Bäumen. Drum herum wird auf der Wiese gepicknickt. Vom Park aus kann man mit etwas mehr Zeit ausgestattet weiter zum nahegelegenen Kastell spazieren.
Statt mehr Sightseeing zu betreiben, widmen wir uns den praktischen Dingen des Lebens. Auf dem weiteren Weg zum Campingplatz ziehen wir uns am Bankautomaten dänische Kronen und spüren beim Einkauf (der nur dazu dient Kleingeld für das Busticket zu bekommen) in einem 7/11 Shop gleich den preislichen Unterschied zu Deutschland. Für eine Flasche Wasser und einen Energydrink bezahlen wir umgerechnet 8 Euro!
Der Campingplatz Charlottenlund Fort
Wenn wir vor etwa 200 Jahren auf dem Fort von Charlottenlund, sieben bis acht Kilometer nördlich vom Kopenhagener Stadtzentrum, einen Platz für unser mobiles Heim ausgewählt hätten, wären uns vermutlich Kanonenkugeln um die Ohren und Reifen geflogen. Zum Glück haben wir den Vorteil im 21. Jahrhundert zu leben, so dass zwischen den Dänen und Schweden keine kriegerischen Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft im Ostseeraum mehr toben.
Beeindruckend ist das Fort, auf dem sich der Campingplatz befindet, allemal immer noch. Direkt am Strand gelegen und durch einen breiten Wassergraben vom übrigen begrünten Schutzwall, unter dem sich heute die Duschen, eine große Küche sowie ein Fernsehraum befinden, getrennt. Nur zwei Zugänge führen über das Wasser zum Campingplatz. Seitlich des Schutzwalls sind noch immer Kanonengeschütze auf die Ostsee gerichtet. Keine sehr pazifistische Umgebung um ein Osterfest zu feiern, aber in dieser friedlichen Atmosphäre fallen die paar Kanönchen nicht weiter ins Gewicht. Wir verstecken trotzdem die Osternester und kleine Geschenke, die ich noch in Vimmerby erstanden hatte. An Lottas Teddy, der eigentlich ein Schwein ist und an Herrn Nielson, den süßen Affen von Pippi Langstrumpf kam ich einfach nicht vorbei. Sie wollten unbedingt mit auf unseren Roadtrip und nach Berlin. Wie könnte ich da nein sagen?
Spaziergang durch die Kopenhagener Stadtteile Christianshavn und den Freistaat Christiania
Mit dem Bus 1A, der direkt an der Straße Strand Vejen am Campingplatz hält, fahren wir ins Kopenhagener Stadtzentrum. Das Wetter ist uns wieder wohl gesonnen und wir würdigen dies mit einem Spaziergang zum Schloss Christiansborg. Das Schloss ist in seiner Form einmalig, weil sich in diesem Gebäude die Vierfaltigkeit aus Exekutive (Ministerpräsident), Legislative (Parlament), Judikative (Oberstes Gericht) und König (königliche Empfangsräume) befindet.
Es geht weiter über den Schlossplatz an der alten Börse vorbei. Die alte Börse ist nicht ganz ohne, denn auf einem Turm des 127 Meter langen Gebäudes thront ein 56 Meter hoher mit vier ineinander verschlungene Drachenschwänzen ausgestatteter Drachenreiter. Doch als Touristen, die bereits einen schwedischen Trollwald durchschritten haben, lassen wir uns von diesem Anblick nicht vergraulen und spazieren weiter über eine große Seilzugbrücke zur Vor-Frelsas Kirche. Leider sind wir knapp zu spät vor Ort um sie zu besteigen. Also schlendern wir durchs hippe Christianshavn zum Freistadt Christiania. Das seit 1971 besetzte Gebiet einer ehemaligen Armeekaserne wird von den Behörden als autonome Gemeinde nur geduldet und ist bekannt dafür, dass es keine richtigen Gesetze hat (es darf allerdings nicht fotografiert werden), in Eigenregie geregelt wird und Cannabis sowie Haschisch hier verkauft werden. In der 34 Hektar großen alternativen Siedlung gibt es mit dem Nemoland eine eigene Brauerei, eine Müllabfuhr (das schönste Müllauto überhaupt), eine Art Baumarkt, Imbiss- und Ethno-Nippesstände und sogar einen Aktienhandel, bei dem mit der Volksaktie nur eine Aktie gehandelt wird. Es soll hier auch einen Reiterhof geben, den wir leider nicht ausmachen können. Vielleicht ist es zu kalt für die Vierbeiner.
Uns begegnen in Christiania vor allem viele junge Männer mit kleinen roten Augen, die sich um die ebenso roten Ölfässer tummeln an denen das duftende Kraut verkauft wird. Um die Verkaufsstände etwas aufzuhübschen wurden Blumentöpfe mit Narzissen per Klebeband an den Fässern befestigt. Eine merkwürdige Gestalt mit umangeleinten Kampfhund steht mitten auf einer Wegkreuzung und beobachtet das Geschehen. Wir machen mit den Kindern auf den Schultern die Biege zurück in den beschaulichen Villenort Charlottenlund.
Tag 10 Unterwegs in Kopenhagen (0 gefahrene Kilometer per Wohnmobil)
Standort morgens: Charlottenlund, bei Kopenhagen, Dänemark Kilometerstand morgens: 87.735 Standort abends: Charlottenlund, bei Kopenhagen, Dänemark Kilometerstand abends: 87.735
Durchwachsenes Wetter erwartet uns in Kopenhagen an diesem Ostermontagmorgen. Wir ziehen entsprechend viele Kleidungsstücke übereinander und packen Proviant ein. Zuerst geht es mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Vor Frelsers Kirche mit ihrem 36 Meter hohen schwarz-goldenen Korkenzieherturm. Nach dem Eintrittsticketkauf für 35 dänische Kronen pro Person laufen wir im Uhrzeigersinn 250, von mir nicht gezählten sondern nachgelesenen, inneren Treppenstufen hinauf. Der Aufstieg gleicht einem Entenmarsch, da wir beileibe nicht die einzigen sind, die sich das antun. Der Kirchturm ist berühmt für seine aberwitzige Außentreppe zu der wir gleich kommen. Doch zuerst müssen wir uns im Inneren an die Holzverkleidung drücken damit der Gegenverkehr hinab steigen kann. Diese Expedition ist nichts für Menschen mit Platzangst, so viel steht fest. Beim weiteren Aufstieg im Turm müssen sich große Personen ducken damit sie sich den Kopf nicht an einem der Holzbalken anschlagen. Die Warnsignallampe für die Kirchturmglocke bleibt glücklicherweise dunkel. Im Kirchturm wohnt übrigens ein Engel. In einer der Zwischenetagen sehen wir sein ungemachtes Bett und seine Engelflügel. Wo mag der Engel ohne Flügel nur sein? Vielleicht ist er kurz rüber in den Freistaat Christiania gelaufen um sich Grad zu besorgen.
Endlich betreten wir die Außenplattform des Kirchturms. Leider ist sie etwas abschüssig und es ist ganz schön frisch und windig, so dass wir uns etwas unwohl dort oben fühlen und lieber machen, dass wir die Außentreppe hochgehen. Aufgeben ist nicht, der Aufstieg muss sich doch gelohnt haben. Nach circa 150 weiteren Treppenstufen an der frischen Luft mit einem grandiosen Ausblick auf Kopenhagen bis zum Hafen gelangen wir zur Turmspitze. Und jetzt kommt die Überraschung und das, was die Barockkirche zu einer der Top-Sehenswürdigkeiten Kopenhagens macht: die Außentreppe mit ihrem hübschen vergoldeten Eisengeländer verjüngt sich nach oben hin immer mehr. Das heißt, sie schmiegt sich in immer enger werdenden Zirkeln an die Kirchturmspitze, bis man nicht mehr hindurch passt und sie ganz oben, knapp unterhalb der Figur, einfach aufhört. Der Wind zerrt dort oben an unseren Kapuzen und die Kinder wollen verständlicherweise runter. Die Mühe hat sich aufgrund des Ausblicks über die Kaufmannsstadt meiner Meinung nach gelohnt!
Am Boden der Tatsachen angekommen, wollen wir uns auch mal das Innere der Kirche anschauen. Weil gerade kein Gottesdienst stattfindet dürfen wir hinein.
Das hier am Eingang ein Zoo in Form von zwei holzgeschnitzten Elefanten auf uns warten würde, überrascht uns. Die beiden Dickhäuter haben schwer zu tragen. Eine dreistöckige Orgel mit circa 4.000 Pfeifen steht auf ihrem Rücken. Gegenüber ist der Altar über dem sich ein trauriger Jesus von zwei Engeln trösten lässt.
Eine Seefahrt, die ist lustig
Unser nächstes Abenteuer beginnt auf der Insel Islands Brygge (Kopenhagen besteht aus mehreren Inseln), direkt neben der Brücke Langebro am Harbour Bath. Im Internet hatten wir gestern Abend bei Go Boat ein kleines Motorboot reserviert. Hier am Harbour Bath ist die Abholstation unseres kleinen blauen Bötchens. Die 10 Minuten, die uns noch vor der vereinbarten Zeit noch bleiben, durchstöbere ich im Turbogang ein paar Flohmarktstände nach Handschuhen und bin erfolgreich. Neben dem Flohmarkt sind mobile Saunen aufgestellt in der jemand schwitzend aufs Wasser guckt. Doch fürs Saunieren bleibt nun leider wirklich keine Zeit mehr.
Wir sind heute die bisher einzigen Kunden von Go Boat, wie uns die beiden netten jungen Burschen an der Rezeption erzählen. Wir können also so viele graue Filzdecken und Rettungswesten an Board nehmen wie wir möchten. Einen Boots- oder Autoführerschein sind nicht notwendig um sich ein Motorboot auszuleihen. Für 399 dänische Kronen gehört das mit 500 Watt ausgestattete Elektromotorboot nun für 60 Minuten uns allein.
Wir sind alle vier ganz aufgeregt als die Tour beginnt. Der Wind fegt erstmal unsere Wasserkarte ins Wasser. Aber wir schaffen es sie zu bergen, ohne selbst über Bord zu gehen. Bei einer Geschwindigkeit von fünf bis sechs Kilometer pro Stunde fahren wir ganz gemütlich die Kanäle ab. Für die Kinder gibt es eine Schatzkarte auf der sie die Aufkleber mit den Sehenswürdigkeiten und den Brücken auf die dafür passenden Positionen kleben können. Leider bleibt diese Aufgabe an mir hängen, weil die Kinder mehr Augen für ihre Umwelt haben als für diese Schatzkarte. Das Wasser ist so klar, dass wir an manchen Stellen den Grund sehen können. Manchmal kommen ein paar Kanus oder kleine private Motorboote an uns vorbei geschippert.
Nach circa 40 Minuten sind wir an vielen Attraktionen der Stadt wie dem Schloss Christiansborg, der an einen schwarzen Diamanten erinnernden Nationalbibliothek, der originellen Kajak-Bar mit Tonnensauna, der vom Drachenreiter besetzten alten Börse, dem schicken Restaurant The Standard, den alten Papierhallen in denen jetzt ein Streetfood Markt beheimatet ist (erkennbar aus den großen schwarzen Holzrobben vorne an der Ecke zum Wasser hin) und vielen mehr vorbei gegondelt. Danach geht es mit uns weiter durch die Kanäle von Christianshavn mit vielen schnuckligen Hausbooten, in deren Bullaugen wir nun bequem hineinblicken können. Die Brücken sind bis auf ein paar wenige Ausnahmen sehr niedrig und wir imitieren stimmlich eine Schiffshupe. Zum Schluss gesellt sich noch ein Schwan zu uns, der unsere letzten Brot- und Kekskrümmer verputzt. Wir dümpeln noch ein wenig versonnen umher, bis wir das Boot nach fast einer Stunde Fahrzeit wohlbehalten und mit trockener Kleidung zurück zum Anleger fahren.
National Aquarium Dänemark, der blaue Planet
Trotz der vielen Filzdecken sind wir ganz schön durchgefroren und überlegen, welche Optionen zum Aufwärmen uns zur Verfügung stehen. Wir sind vom Picknick an Bord noch satt, deshalb fällt der Restaurantbesuch aus. Die Geschäfte und auch die meisten Museen haben heute am Ostermontag geschlossen. Doch das noch ziemlich neue Aquarium „Der blaue Planet“ von Kopenhagen hat heute geöffnet! Das passt ja auch ganz gut zu unserem vorherigen Motorboottrip, finden wir. Wir bleiben also im Element Wasser. Also nix wie hin zur nächsten Busshuttle-Station am Kopenhagener Hauptbahnhof. Dabei kommen wir am berühmten Tivoli Vergnügungspark vorbei, der heute ebenfalls offen steht. Aber das ist ja nun mal wieder eine Outdoorgeschichte. Im Hop-on-hop-off-Bus kaufen wir die Eintrittstickets fürs Aquarium und zuckeln einmal quer durch die Stadt. Wir ruckeln am Rathaus, der spacigen königlichen Nationaloper (vom bekannten skandinavischen Architekten Henning Larsen entworfen) auf der Insel Holmen und einem Neubaugebiet vorbei, bis wir endlich am Öresund, der schmalen Meeresstraße zwischen Schweden und Dänemark ankommen. Der Bus entlässt uns direkt vor dem Aquarium, das wie ein großer grau-silbriger Walfisch aussieht. Aus der Vogelperspektive (das können also nur die Flugzeugpassagiere über unseren Köpfen beurteilen) soll es an eine gigantische Meeresströmung erinnern.
Wir machen das wir ins warme kommen. Das 2013 eröffnete Aquarium namens „Blauer Planet“ gilt als das größte Nordeuropas. Wir dürfen also gespannt sein. Wahrhaftig haben die als Außenverkleidung dienenden 1, 2 Millimeter dicken Aluminiumplatten in Punkto Wärmedämmung ganze Arbeit geleistet, so dass uns beim Betreten des Aquariums schlagartig warm wird. Unsere Softshelljacken und Taschen lassen wir in einem Schließfach verschwinden. Herrlich, wie frei wir uns so dünn bekleidet nun bewegen können. Die Kinder sind schon ganz hibbelig und wollen auf Entdeckungstour gehen.
Nordatlantische Meereswelt
Wir starten im kreisrunden Foyer in die erste der drei Abteilungen. Hier wird die nordatlantische Meereswelt gezeigt. Besonders schön ist das Fühlbecken mit Seesternen und Krebsen. Ganz behutsam streichen wir über einen lilafarbenen Seestern, der so knallig aussieht, als wäre er unecht. Weiter geht’s zum großen Becken vor dem wir die Unter- und Oberwasserwelt der Faröer Inseln begutachten.
Amazonien
Ohne extra dafür stundenlange Flugreise unternehmen zu müssen, biegen wir in denn nächsten Strudelarm des Aquariums ein und stehen mitten in der Tier- und Pflanzenwelt Amazoniens. Große Schmetterlinge und bunte Vögel fliegen durch den feucht wabernden Nebel über unseren Köpfen hinweg. In dieser Regenwaldhalle plätschert ein Wasserfall in das WG-Becken, das von einem Schwarm gut gefütterter friedvoller Piranhas und zweier Anakondapärchen bewohnt wird.
Tunnel
Anschließend entspannen wir uns auf einer Bank sitzend im 16 Meter langen Tunnelgang während Hammerhaie und Rochen elegant über unsere erschöpften Häupter gleiten. Dadurch dass auch der Boden teilweise verglast ist und akustische Effekte zum Einsatz kommen, fühlen wir uns als wenn wir mitten im Fischgetümmel stecken. Das einzig störende sind die Touristen, die mit ihren Smartphones mit ihren Verwandten per Videokonferenz skypend umher laufen.
Ozeanbecken
Das größte Aquarium des Hauses, das Ozeanbecken, ist mit dem Tunnelbecken verbunden, so dass die Haie, Muränen und Rochen bequem um die Korallenecke biegen können um uns Menschenwesen zu betrachten. Wir Eltern könnten auf den Treppenstufen in diesem in dunkelblauen Licht getauchten Saal sofort wegdösen, so schön beruhigend ist es den Unterwasserlebewesen bei ihren niemals endenden Runden hinter der 70 Tonnen schweren Glaswand zu zu sehen. Unsere Mädels laufen derweil begeistert vor dieser 16 Meter breiten und acht Meter hohen Glaswand umher, als wenn sie einen Wettlauf mit den Rochen veranstalten möchten.
Leider verpassen wir bei all dem Gigantismus den teuersten Fisch des Aquariums, den Fetzenfisch also known as Seedrachen. Dieser kleine an ein Seepferdchen erinnernde australische Fisch kostet 4.000 Euro.
U-Achterbahn
Um nach diesem ereignisreichen Tag wieder fit zu werden, tanken wir im Restaurant des Hauses „Eatery Øst“ mit Kaffee auf bevor wir uns auf den Weg zur U-Bahnstation der Linie M2 machen. Der 600 Meter lange Weg zur Kastrup Station wird uns nicht langweilig. Am Wegesrand überraschen lustige blaue Aluminiumparkbänke des Künstlers Jeppe Heim, die unseren Kindern als Rutschen dienen.
Im vier bis sechs Minutentakt rollt eine fahrerlose U-Bahn im Bahnhof ein. Anders als bei uns in Deutschland trennen Glaswände den Bahnsteig von der Bahngleisen, die sich an den passenden Stellen öffnen, damit wir die U-Bahn betreten können. Das ist wirklich sehr kinderfreundlich. Natürlich steigen wir ganz vorne ein damit wir ein optimales Achterbahngefühl aus dem Frontfenster haben.
Als wir am Abend mit den Kindern unsere Tageserlebnisse durchgehen und das Thema eigenes Motorboot aufkommt, teilt unsere große Tochter mit, dass sie lieber Ei Hausboot hätte. Die fast Dreijährige möchte hingeben ein Motorboot, aber nur dann, wenn sie es steuert darf. Alles klar.
Tag 11: Die Heimreise nach Berlin (731 gefahrene Kilometer ohne Seeweg)
Standort morgens: Charlottenlund, bei Kopenhagen, Dänemark Kilometerstand morgens: 87.735 Standort abends: Berlin Kilometerstand abends: 88.129
Wikingerschiffsmuseum in Roskilde
Heute geht es nach Hause und wir nehmen alle gewohnte Abreisemaßnahmen vor. Unsere Fähre in Gedser legt erst um 15 Uhr ab, so dass wir auf dem Weg zum Hafen noch einen spontanen Schlenker uns circa 30 Kilometer von Kopenhagen entfernte Roskilde unternehmen. Nein, wir gehen hier nicht zu einem Musikfestival, sondern zu einem Wikingerschiffsmuseum. Wie unhöflich wäre eine Reise nach Skandinavien ohne den Wikingern einen Gastbesuch abzustatten? Außerdem strahlt die Sonne heute wieder und wir haben noch gar keine Lust heimzufahren.
Neben aufgebockten Segel- und Motorbooten parken wir unser Wohnmobil auf dem beschaulichen Hafenparkplatz direkt vor dem Museumseingang. Wer nun eine Ausstellung der Fundstücke und nichts weiter erwartet hat, der wird positiv von der Lebendigkeit des Museums überrascht sein.
Das Museumsareal besteht aus Werkstätten in einfachen Holzhäusern, einer Bootswerft, einer modernen Ausstellungshalle und mehren Schonern im Museumshafen, mit denen man täglich ab 1. Mai bis 30. September hinaus auf den Roskilde Fjord segeln kann (Kinder ab vier Jahren).
Über eine Hängeseilbrücke erreichen wir den Betonausstellungsbau, der zur See hin komplett verglast ist. Vor diesem maritimen Hintergrund kommen darin die fünf originalen Wikingerschiffe sehr gut zur Geltung. Während auf der linken Hallenseite ein Film (auch in deutscher Sprache) über die Wikinger und die Bauweise der Schiffe gezeigt wird, gibt es auf der rechten Seite eine Werkstatt in der Kinder Wikingerschiffe malen und sich mit Wikingerfashion verkleiden und sich damit auf Booten fotografieren lassen (alles kostenfrei) können. Keine Frage, dass unsere Mädels das ausprobieren.
Fährfahrt mit Scandlines von Gedser nach Rostock
Zur Sicherheit rollen wir eine Stunde vor der Abfahrt am Hafenterminal von Gedser ein. Der freundliche Herr am Terminal weist uns die Spur 10 zu, wo wir an zweiter Position stehen können. Die Wartezeit vertreiben wir uns mit den Kindern an der frischen Luft und halten nach der Fähre Ausschau. Am Hafen können wir, dem dortigen WiFi sei dank, noch ein paar Urlaubsfotos verschicken. Nach kurzer Zeit geht es in den Fährenbauch und dann hoch aufs Deck zwei, wo wir es uns am Fenster auf Loungesesseln bequem machen. Während die Kinder sich im Spielbereich austoben, wechseln mein Mann und ich uns mit dem Außendeckbesuch ab. Draußen herrscht Sonnenschein, so dass wir uns auf den lustigen orangenen, weißen oder grauen Sesseln sonnen und so entspannt den Resturlaub an Bord ausklingen lassen können.
Nach etwas weniger als 90 Minuten genieße ich draußen die Einfahrt in den Rostocker Hafen während mein Mann und die Kinder schon zum Wohnmobil vorgegangen sind.