Oh mein Gott, ich weiß nicht mehr, wann ich das letze Mal so laut und lange geschrien und gejauchzt habe. Der Adrenalinkick katapultiert uns mit 4,7 G (Beschleunigungsmaßeinheit) innerhalb von 2,5 Sekunden in eine ganz neue Atmosphäre. Meine Tochter, ihre Freundin und ich begrüßen das Geschehen lautstark, während der Mann (nicht meiner) neben mir keinen Pieps von sich gibt. Wahrscheinlich ist sein Testosteron in Schockstarre verfallen, während unsere weiblichen Östrogene jubilieren. Wir rasen mit 100 Kilometer pro Stunde durch die Lüfte und leider ist es deshalb auch viel zu schnell vorbei. Würden wir nicht 30 Minuten anstehen müssen, würden wir es gleich wieder tun. Das Himmelfahrtskommando in Form einer Katapultachterbahn trägt den passenden Namen Desert Race und befindet sich in einem ansonsten sehr harmonischen Landstrich in Deutschland: im Heide Park Soltau mitten in der Lüneburger Heide.
Meine Tochter, ihre Freundin und mein Mann hatten bereits ihren ersten Adrenalinkick auf Europas höchster Holzachterbahn namens Colossos. Allein schon das Material Holz in Verbindung mit dem Superlativ „höchste“ finde ich beunruhigend. Deshalb bin ich nicht gram, dass unsere zweitgeborene Tochter noch zu jung für diese 60 Meter hohe Attraktion ist und nur mein Mann mit den großen Mädels Kopf und Kragen riskiert. So habe ich eine entspannte Ausrede, weshalb ich leider nicht mit in den Waggon steigen kann. Stattdessen darf ich mit unserer Jüngsten in den Themenbereich „Drachenzähmen – Die Insel“ abtauchen und mich dort etwas entschleunigen. Uns beiden gefällt das Flugmanöver in einer der acht bunten Gondeln von „Hicks Himmelstürmer“ sehr gut und wir kommen uns fast wie echte Drachenreiterinnen vor. Es ist ein bisschen so wie Kettenkarussell, nur dass wir bei liegen anstatt zu sitzen. Ein Glück ist es wieder sonnig und unsere Kleidung ist nach unserer etwas feuchten Wildwasserfahrt wieder trocken. Ansonsten wäre es in den luftigen Höhen etwas frisch für uns geworden.
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Orientierung im Freizeit- und Vergnügungspark
Es ist für uns kurz nach dem Betreten des 850.000 Quadratmeter großen Freizeit- und Vergnügungsparks gar nicht leicht, uns für eine der Attraktionen zu entscheiden. Deshalb laufen wir erst einmal entgegen des Uhrzeigersinns durch Deutschland zweitgrößten Vergnügungsparks und suchen uns dann aus, worauf wir Lust haben. Anhand der Heide Park App können wir nachschauen, mit wie viel Wartezeit wir bei welcher Attraktion rechnen müssen. Wer keine Lust auf Warten und etwas mehr Geld locker machen möchte, kann zusätzlich zum Eintrittsticket, das 40€ pro Person kostet, einen von fünf verschiedenen so genannten Express Butler Pässen kaufen, die die Wartezeit verkürzen.
Zusätzlich zur Wartezeit regulieren die Alters- und Größenbeschränkungen unsere Auswahl an Attraktionen etwas. Deshalb beginnen wir zunächst mit den Angeboten, die wir alle zusammen wahrnehmen können. Dazu gehören neben der Wildwasserbahn, gleich rechterhand des Eingangsbereichs, das Peppa Pig Land und das Kettenkarussell La Ola und Breakdance. Letztere sind natürlich Klassiker, die in keinem Vergnügungspark fehlen dürfen.
Zur Freude unserer achtjährigen Tochter gibt es außerdem einen großen Rutschenturm und eine Kinder-Fahrschule namens Wüstenflitzer, wo sie zwar die älteste Fahrerin ist, aber egal. Im Schritttempo drehen die Kiddies gemächlich ihre Runden, während die Eltern neben ihren geliehenen oder mitgebrachten Bollerwagen vom Zaun aus beobachten, wie ihr Nachwuchs sämtliche Vorfahrtsregeln missachtet und im Anschluss trotzdem einen Führerschein mit Lichtbild erhält, wenn man 9€ bezahlt.
Zwischen all dem aufregenden Gesause erholen wir uns auf einer der Parkbänke, die ganz idyllisch umgeben vom viel Grün liegen, in der Sonne und gönnen uns die ein oder andere Portion Pommes Rot-Weiss, obwohl wir schon den ganzen Tag an unseren unendlichen mitgebrachten Proviantboxen knabbern. Wir genießen es, dass es in dem Park immer irgendwo auch etwas schönes angepflanzt ist. Insgesamt kommen also Gross und Klein im Heidepark auf ihre Kosten.
Die Big 7 des Freizeit- und Vergnügungsparks
An den Drive Coaster namens Krake in der so genannten Bucht der Totenkopfpiraten trauen wir uns nicht ran. Zu steil und zu weit oben hängen die drei Sitzreihen über dem Heidepark See bevor sie rasant in die Tiefe und in den Krakenschlund stürzen. Wir müssen jedoch immer wieder automatisch nach oben schauen, wenn die Besucher:innen mehrere Sekunden mit baumelnden Füßen darauf warten in die Senkrechte zu fallen und kurz danach eine Wasserfontäne auslösen. Sieht wirklich spektakulär aus!
Über Scream diskutieren wir ernsthaft. Trauen uns dann aber jedes Mal doch nicht an den 71 Meter hohen Gyro-Drop-Tower ran. Mit nahezu 100 Kilometer pro Stunde hinab in die Tiefe zu fallen, ist ähnlich wie Fallschirmspringen und bringt bestimmt ein verrücktes Glücksgefühl. Aber eigentlich reicht uns der kleine Bruder namens Screamie schon aus, der um einiges kleiner ausfällt. Gerne wären mein Mann und ich in den absoluten Klassiker der Freizeit- und Vergnügungsparks, der Loopingbahn Big Loup, eingestiegen. Doch leider ist dieser derzeit gesperrt. Die beiden anderen Attraktionen der Big 7 heissen Limit, eine spektakuläre Hängeloopingbahn, und Flug der Dämonen, Deutschlands einziger Wingcoaster. Die langen Wartezeiten halten uns jedoch davon ab uns hier den nächsten Adrenalinkick abzuholen. Somit beschränken sich unsere praktischen Adrenalinkick-Erfahrungen, was die Big 7 betrifft, auf Colossus und Desert Race. Immerhin!
Statt uns die Beine bei einen der Big 7 in den Bauch zu stehen, machen wir alle zusammen eine spritzige Mountain-Rafting Tour durch eine Gebirgslandschaft und entspannen danach während einer Monotrailfahrt, die uns einen guten Überblick über den Park verschafft. Bevor unsere Kinder und ich den aufregenden Tag mit ein paar Hinauf-Hinab-Runden auf dem Turm Screamie ausklingen lassen, wollen wir es noch einmal richtig wissen und steigen in die Bobbahn, die uns kräftig durchrüttelt. Zum Abschluss steigen wir gegen 18 Uhr in die Piratenschiffsschaukel, die, so wie alle anderen Fahrgeschäfte nach 18 Uhr, keine neuen Gäste mehr aufnimmt, damit um 19 Uhr der Park seine Pforten schließen kann.
Unser Stellplatz auf dem Campingplatz Böhmeschlucht
Fernab vom Vergnügungstrubel, etwa 30 Minuten Fahrtzeit vom Heidepark Soltau entfernt, bekamen wir einen der letzten reservierbaren Stellplätze für unser Wohnmobil und ein großes Zelt. Der Campingplatz Böhmeschlucht liegt sehr idyllisch in einem Waldgebiet direkt am 71 Kilometer langen Fluss Böhme, in dem man auch Kanu fahren kann, insofern er ausreichend Wasser führt. Fußläufig befindet sich das Dorf Vierde, welches sich aktuell im Rhododendronrausch befindet und eine Straußenfarm als Attraktion sein Eigen nennen kann. Auf dem beschaulichen vier Hektar großen Campingplatz samt drei Seerosenteichen können wir nach dem rasanten Tag sehr schön runterfahren.
Der Inhaber geführte Platz hat für Erwachsene und Kinder jeweils eine eigene Bücherei sowie eine Spielscheune samt Tischtennisplatten, Federballschlägern, Kicker, Roller, Tretautos und Kinderräder. Außerdem gibt es ein Restaurant, Brötchenservice, ein Sanitärgebäude sowie eine Küche mit Backofen und frischen Eiern im Kühlschrank, die man kaufen kann. An manchen Tagen ist Backtag, dann gibt es frisch gebackene Pizzen und Brot vor Ort.
Wer vom Campingplatz nicht so weit wie wir zum Heidepark fahren möchte, kann sich auf einem der näher liegenden Campingplätzen umsehen oder natürlich in einem der originellen Themenzimmer des Heide Park Hotels einmieten. Allerdings muss man schnell sein, um noch einen freien Platz zu ergattern.
Wer noch mehr Tipps für Freizeit- und Vergnügungsparks haben möchte, kann sich gerne meine Beiträge über das Legoland in Günzburg oder den Playmobil Funpark und Karls Erlebnis-Dorf ansehen. Und last but not least habe ich über den sehr hübschen Jardin d’Acclimation berichtet.