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Wohnmobiltour durch Nordfrankreich Teil 10: Utah Beach, unser westlichstes Etappenziel

mit dem Wohnmobiltour zum Utah Beach in Frankreich

Au revoir, le chien! A bientôt, la vache! Wir verabschieden uns vom malerischen Bauernhof und der Calvados und Cidre Destillerie. Auf geht’s hoch zum Küstenabschnitt Utah Beach im Département Manche. Dies soll die westlichste Etappe unserer Wohnmobiltour durch Nordfrankreich sein. Anschließend werden wir uns gemütlich auf den Rückweg in Richtung der Somme Region und Pas de Calais machen. Dort warten ja auch noch einige schöne Etappenziele auf uns, an denen wir auf dem Hinweg nicht gehalten haben.

mit dem Wohnmobil auf der Tour de France Strecke unterwegs

Touristische Highlights: Tour de France und 2. Weltkrieg

Wir durchfahren in der Haute Normandie viele kleine Orte, in denen bunte Plakate sowie oben an Laternen aufgehängte Fahrräder an die Tour de France 2016 erinnern, die auch hier entlang führte. Auch einige kleine Museen zum Thema des 2. Weltkriegs machen hier auf sich aufmerksam. Bereits im Supermarkt, wo wir uns eben mit Lebensmitteln fürs Abendessen eingedeckt hatten, türmten sich Hunderte von Flyern in einem Display, die sich alle um ein Thema drehen: Krieg. Am Ende des Beitrags habe ich einige Museen aufgeführt.

Wir rollen auf die lange Bucht, dem ehemaligen Atlantikwall, zu. Eine wenig befahrene Promenadenstraße mit schmalem Gehweg säumt die Küstenmauer. Zwischen den Dünen befinden sich hier nur vereinzelte Häuser mit Blick aufs Meer. Es ist eher ländlich ruhig hier.

Invasion im 2. Weltkrieg am Utah Beach

72 Jahre vor unserer Ankunft war es hier allerdings nicht so ruhig und idyllisch. Am berühmten D-Day, den 6. Juni 1944, kamen um kurz nach Mitternacht die ersten amerikanischen Soldaten in Frankreich an und leiteten damit eine der größten Militäroperationen der Geschichte ein, von der damals niemand sicher sein konnte, dass sie gelingen würde. Wir alle kennen die dramatischen Szenen, die sich hier an der normannischen Küste abspielten aus Filmen, wie etwa „Der Soldat James Ryan“. All das geht mir im Kopf herum, als wir am Gold und Omaha Beach vorbei und dann auf Utah Beach zu rollen.

An der Küstenlinie erinnern noch zahlreiche Bunker, Denkmäler sowie im Landesinneren mehrere Soldatenfriedhöfe und an die 30 Museen an die erfolgreiche Invasion vor 72 Jahren. Wenn das alles nicht wäre, würden wir uns das Blutvergießen, das hier stattgefunden hat, noch viel weniger vorstellen können. Die Sonne lacht als gäbe es kein Gestern und der Himmel ist von einem leuchtenden Blau, dass es in den Augen brennt. Badewetter!

mit dem Wohnmobil zum Campingplatz Le Comoran in Frankreich, Utah Beach

Campingplatz Le Cormoran

Circa 110 Kilometer von unserer letzten Etappe entfernt kommen wir in Ravenoville an. Gegenüber der Inseln „Iles St. Marcouf“ biegen wir bei der US-amerikanischen, der französischen, britischen und anderen Länderfahnen zum Campingplatz Le Cormoran links ein.

Zwischen Palmen und Hecken stellen wir uns wieder quer. „Bonjour“. Links von uns steht ein französisches Paar mit ihrem Wohnmobil. „Hello“. Rechts von uns campieren zwei Söhne und ihr Vater aus England. Freundlich werden wir von unseren Nachbarn zurück gegrüßt. Der Campingplatz ist trotz seiner Symmetrie ganz hübsch angelegt und sehr grün.

Es gibt eine Bar und nebenan einen kleinen Supermarkt, der morgens frische Baguettes, Brot und Croissants und sogar die Süddeutsche Zeitung verkauft. Ansonsten hält er auch einige weitere Alltagslebensmittel bereit, mehr aber auch nicht.
Zur Freude der Kinder gibt es Tretautos sowie drei große Hüpfburgen und zwei Trampoline. Außerdem Billard Golf, einen Fitness Parcours, einen überdachten Pool sowie ein Freiluftschwimmbecken. Irgendwo müssen sich noch eine Sauna sowie ein Tennisplatz befinden. Die für die Region typischen Mobile Homes stehen hier auch herum. Außerdem werden Aqua Fitness und Bastel- und seltsamerweise Sportschießkurse mit Luftdruckgewehren angeboten. Auf letzteres verzichten wir gerne. Das Sanitärgebäude ist sehr sauber und es gibt auch eine Badewanne für Babies und Kleinkinder.

Ziegengehege auf dem Campingplatz Le Comoran in Frankreich, Utah Beach

Tierische Nachbarn

„Mäh!“ Was begrüßt uns denn nun? Hinter unserem Stellplatz, nur knapp 30 Zentimeter hinter der Hecke, befindet sich ein Ziegengehege. Daneben gibt es noch eine Pferdekoppel, die allerdings von lauter Pferdeäpfeln nur so strotzt. Natürlich werden die kleinen Ziegen ersten einmal von unseren Kindern ausgiebig mit Gras verköstigt während wir die Badetasche klar machen. Die Kinder haben sich einen Sprung in den überdachten Pool oder ins Freiluftschwimmbecken mehr als verdient.

Windpocken Alarm?

Unsere Kleine hat sich nach unserer Diagnose entweder in Berlin oder kurz darauf auf dem hessischen Campingplatz wohl leider mit Windpocken angesteckt. Obwohl sie dagegen geimpft ist, gibt es keinen hundertprozentigen Impfschutz, sagt uns die Sprechstundenhilfe der Berliner Kinderärztin am Telefon. Aber die Kleine ist trotz der vielen Blässchen gut drauf. Sie darf allerdings nicht mit in den Pool, weil wir vermeiden möchten, dass sie andere Kinder oder Schwangere ansteckt.

Muscheln sammelm am Utah Beach

Am Utah Beach unterwegs

Nach der Erfrischung relaxen wir auf den Liegen am Pool. Jeder ein Eis in der Hand. Irgendwann wird es in der Sonne zu heiß und wir gehen am Strand spazieren. Er ist über und über mit großen Muscheln bedeckt. Die Sammeltasche füllt sich im Nu. Ich teste das Meerwasser. Es ist vorne angenehm warm, aber leider von vielen angeschwemmten Algenpflanzen durchsetzt. Nach ein paar Schwimmzügen sind die Algen weg und es wird kühler. Leider ist das Meer sehr trüb, weil so viel Sand darin aufgewirbelt wurde. Das ist mir immer suspekt. Ich möchte lieber sehen, was sich um mich herum bewegt. Also wieder raus ans Land.

historische Geländewagen am Utah Beach, Nordfrankreich

Während wir am Sandstrand einen Fuß vor den andern setzen und uns auf die Überreste eines deutschen Bunker sind zu bewegen, wird mir ganz anders zumute. Tut mir leid, wenn ich schon wieder so grüblerisch daher komme. Aber so bin ich nun mal. Denn genau hier, wo wir uns jetzt die Sonne auf den Kopf scheinen lassen und unsere Kinder fröhlich Muscheln auflesen, ist das Blut von tausenden Soldaten geflossen, um den Vormarsch der Nazis im Westen zu stoppen. Es klebt trotzdem kein Blut an unseren nackten Fußsohlen. Nur Muschelkalk. Die Meereswellen plätschern so unschuldig, als wäre hier nie ein Schuss gefallen. Nun stehen schräg hinter dem Bunker zwei Original Jeeps aus dem 2. Weltkrieg, die man inklusive einem Fahrer für eine historische Normandie Tour stunden- oder tageweise mieten kann. Das kostet allerdings eine Stange Geld.

Hüpfburg Campingplatz Le Cormoran, Nordfrankreich

Unser buntes Abendprogramm: Von den Ziegen bis zum französischen Elvis

Zum Abendessen verspeisen wir ein halbes Kilogramm Crevettes (Garnelen). Danach bereiten unsere Töchter zuerst den Ziegen ein grasiges Festmahl bevor sie auf den verschiedenen kostenfreien Hüpfburgen und Trampolinen hüpfen bis ihnen schwindlig wird. Wir müssen sie von den Trampolinen unter lauten Protest zerren damit auch mal die anderen Kinder dran kommen. Ansonsten würden sie wahrscheinlich bis zur Schließung des Campingplatzes noch dort hüpfen wie Flummis.

mit dem Wohnmobil durch Nordfrankreich, Utah Beach bei Sonnenuntergang

Wir laufen vom Campingplatz aus die 20 Meter bis zum Meer, dass sich aufgrund der Ebbe weit zurück gezogen hat. Wir springen von Sandbank zu Sandbank bis wir das Meer doch noch erwischen. Erst als die Sonne hinter dem Campingplatz verschwindet, gehen wir zurück.

französisches Elvis Double auf dem Campingplatz Le Cormoran, Frankreich

In der Campingplatz Bar ist ein französischer Elvis gerade dabei sich warm zu singen. Er sieht in seinem weißen und mit goldenen Strasssteinen bestickten Anzug samt goldenen Gürtel so intergalaktisch aus, dass unsere Kleine wie angewurzelt in seiner Nähe stehen bleibt und ihn einfach nur anstarrt. Nur schwer kommt sie in den Groove. Die Band in Saint-Valery-sur-Somme war anscheinend mehr ihr Ding. Wir hören Elvis Double noch lange bevor wir in den Schlaf finden.

Damit sich unsere kränkelnde Tochter von ihren Windpocken etwas erholen kann, bleiben wir noch eine weitere Nacht auf dem Campingplatz. Das salzige Meerwasser und die trockene Luft tun ihrer Haut gut.

Die Kriegsmuseen in der Umgebung besichtigen wir nicht. Wir genießen einfach das grandiose Wetter, nachdem wir ja auch einige durchwachsene Tage hatten, joggen am Strand und bauen dort mit unseren Kindern Torten mit Sandfüllung und einem sagenhaften Muscheltopping. Abends spielen wir Boule wie echte Franzosen. Endlich kommen die schweren silbernen Kugeln mal zum Einsatz, die wir bei jeder Wohnmobiltour mit dabei haben.

unterwegs im Département Manche

Adressen und weitere Informationen

Campingplatz Le Cormoran

50480 Ravenoville-Plage
www.lecormoran.com
lecormoran@wanadoo.fr
Tel: +33 (0)2 33 41 33 94

Freizeit & Museen

Normandy Jeep Tours
Tel: +33 (0)6 76 16 95 20

Utah Beach Museen du Debarquement
50480 Sainte Marie du Mont
www.utah-beach.com
musee@utah-beach.com

Öffnungszeiten
Oktober bis Mai: 10 bis 18 Uhr
Juni bis September: 9.30 bis 19 Uhr
Vom 1. bis 25. Dezember geschlossen.
Letzter Einlass ist eine Stunde vor Schließung.

Musée Mémorial d’Omaha Beach
„Les Moulins“ Avenue de la Liberation
14710 Saint-Laurent-sur-Mer
www.musee-memorial-omaha.com
musee-memorial-omaha@wanadoo.fr
Tel: +33 (0)2 31 21 97 44

Öffnungszeiten
Februar: 10 bis 17 Uhr
März: 10 bis 18 Uhr
April/Mai: 9.30 bis 18.30 Uhr
Juni: 9.30 bis 19 Uhr
Juli/ August: 9.30 bis 19.30 Uhr
September: 9.30 bis 18.30 Uhr
Oktober/November: 9.30 bis 18 Uhr

Normandy Tank Museum A10 Airfield
La Fourchette Avenue du Cotentin
50500 Catz
www.normandy-tank-museum.fr
contact@normandy-tank-museum.fr
Tel: +33 (0)2 33 44 39 45

Hangar d’Ecausseville
www.aerobase.fr
contact@aerobase.fr

Centre Historique des Parachutistes du Jour-J
(D-Day Experience + Dead Man’s Corner Museum)
2 Village de l’Amont
50500 Saint-Côme-du-Mont
www.paratrooper-museum.org
communication.carentin.101@orange.fr

Öffnungszeiten
1. Oktober bis 31. März: 10 bis 18 Uhr
1. April bis 30. September: 9.30 bis 19 Uhr

Reise- und Etappenführer für Wohnmobilreisen

„Mit dem Wohnmobil durch die Normandie“ (Womo-Reihe), Taschenbuch, 1. Juli 2013

„DuMont direkt Reiseführer Normandie“, Taschenbuch, 25. Juni 2015

„Mit dem Wohnmobil nach Nordfrankreich“ (Womo-Reihe), Taschenbuch, 3. Feburuar 2014

„Tourenführer Frankreichs Norden mit dem Wohnmobil“, Broschiert, 23. Februar 2012

ADAC Campingführer Südeuropa mit herausnehmbarer Planungskarte

ADAC Stellplatzführer Deutschland/Europa mit zwei herausnehmbaren Planungskarten

Etappenführer France Passion

Wohnmobiltour durch Nordfrankreich Teil 11: Hafenstadt Honfleur in der Normandie

der leuchtturm in honfleur, frankreich

„Get high by the beach, get high. All I wanna do is get by by the beach“. Ich kann Lana del Reys Wunsch an diesem normannischen Küstenabschnitt wirklich sehr gut nachvollziehen. Aber unsere vierköpfige Karawane auf Rädern zieht mal wieder weiter. Ach ja. Schön war’s hier, Baby. Seufz. Bis zur letzten Minute, um 12 Uhr ist Check-out, joggen wir noch am Strand und planschen im Pool mit der Großen. Aber wir müssen uns langsam auf den Rückweg Richtung Heimat machen, wenn wir zwischendurch noch Zeit fürs Sightseeing haben wollen. Und da gibt es noch vieles, was uns in Nordfrankreich interessiert. Trotzdem sind wir des ständigen Aufbrechens langsam müde geworden. Ankommen hingegen ist was anderes.

Wir machen uns abfahrbereit. Das bedeutet leider nicht nur Anschnallen, sondern dass eine ganze To do Liste abgeklappert werden muss:

Haben die Kinder etwas zu trinken für die Fahrt?
Liegt der Nuckel für die Kleine in ihrer Reichweite?
Hat die Windel der Zweijährigen einen Geruchscheck durchlaufen und besteht akuter Handlungsbedarf?
Muss die Sechsjährige noch einmal auf die Toilette (meistens ja)?
Ist die Thermoskanne mit frischem Kaffee gefüllt?
Befinden sich Energydrinks im Kühlschrank?
Sind die Kinderautositze befestigt?
Sind Tische und Stühle in der Topbox verschwunden?
Ist die Markise eingefahren?
Liegen draußen noch Spielzeuge, Handtücher oder Badehosen herum?
Hängt die Wäscheleine noch an irgendeinem Baum?
Ist der Müll entsorgt?
Muss das Chemie-WC geleert werden?
Ist alles, was im Wohnmobil bei der Fahrt durch die Gegend fliegen könnte, verstaut?
Ist das Gas abgedreht und das Stromkabel abgezogen?
Ist der Kühlschrank von 220 auf 12 Volt umgeschaltet?
Sind alle Fenster und Türen im Wohnmobil verriegelt, damit sie während der Fahrt nicht auffliegen?
Wohin fahren wir überhaupt? Welches Ziel geben wir ins Navigationsgerät ein?
Wer sind wir und wenn ja wie viele????

Obwohl wir schon ein eingespieltes Team sind, vergessen wir doch immer irgendetwas. Aber das allerwichtigste haben wir immer dabei: Reiselust und (meistens) gute Laune!

Unsere heutige Eingabe ins Navigationsgerät lautet: Honfleur. Noch so ein Ort, der sich wie ein Parfumname anhört. Laut des uns beratenden Reiseführers ist dieses normannische Fischerörtchen an der „Côte de la Manche“ ein Muss! Er ist von anderen beliebten Städten gut erreichbar: denn er liegt 200 Kilometer von Paris, 180 Kilometer vom Mont Saint-Michel (den wir leider in diesem Urlaub nicht mehr anfahren konnten), 90 Kilometer von Arromanches, 80 Kilometer von Bayeux und 78 Kilometer von Rouen entfernt. Das bedeutet sicherlich, dass wir nicht die einzigen dort sein werden.

Auf geht’s also zum südlichen Ufer der Seinemündung, wo sich der 9.000 Einwohner Ort angesiedelt hat. Nach kaum 200 Kilometern sind wir auch schon da. Es ist immer noch warm und sonnig als wir mit dem Wohnmobil am pittoresken „Vieux Port“ (der Alte Hafen) von Honfleur am frühen Nachmittag vorbei fahren. Es gibt in Honfleur nur einen Campingplatz und den steuern wir an. Er liegt am Ortsrand an einem alten Leuchtturm nach dem der Platz benannt wurde.

campingplatz le phare in honfleur, frankreich

Campingplatz du Phare

Parallel zur Küstenstraße, in der einen Richtung circa 10 Minuten Fußweg vom Strand „Plage du Butin“ und in die andere Richtung circa 5 Minuten Fußweg vom Stadtzentrum entfernt, ist der Campingplatz ideal für einen Kurztrip nach Honfleur. Er ist recht klein und grün. Für längere Aufenthalte und auch für den Preis von um die 30 Euro pro Nacht bietet der Platz aber zu wenig Komfort.

Das Gebäude, in dem die Duschen untergebracht sind (in Frankreich sind übrigens meistens Männer und Frauen gemischt), stinkt zum Himmel. In den Toiletten gibt es kein Klopapier. Der Spielplatz für Kinder kann als solcher eigentlich gar nicht bezeichnet werden. Er besteht lediglich aus einer Wippe, c’est tout. Er liegt wie eingangs erwähnt an der Straße und ist deshalb entsprechend laut.

Für unsere Zwecke ist der Campingplatz du Phare dennoch in Ordnung. Wir möchten ja am nächsten Tag wieder weiter östlich fahren um so der Heimat peut à peut näher zu kommen. Deshalb bauen wir auch keinen Tisch draußen auf.

maison satie in honfleur

Das Maison Satie / Erik Satie Haus

Vom Campingplatz laufen wir rechts am alten Leuchtturm vorbei und den Boulevard Charles V. Richtung Honfleur Stadtzentrum. Mittelalterliche Häusschen, eines hübscher und teilweise schiefer als das andere, stehen dicht an dicht. Trés charmant.

Vor 18 Jahren eröffnet, feiert das kleine verwinkelte Haus in diesem Jahr den 150. Geburtstag des Vaters der Minimal Music Erik Satie, dessen Musik (z.B. les Gymnopédies, les Gnossiennes, Morceau en formes de poire, Parade) spätestens durch seine Zusammenarbeit mit Debussy weltweit bekannt wurde. Viel weniger bekannt (zumindest uns) ist allerdings, dass er auch ein Schriftsteller und Maler war. Er arbeitete mit Künstlern wie Picasso, Braque, Cocteau sowie René Clair zusammen und beeinflusste wiederum Komponisten wie Debussy, Ravel und Stravinsky in ihrem Schaffen.

Das Haus, in dem der Künstler geboren wurde, ist kein Museum, wie man es gewohnt ist. Wer eine klassische Ausstellung erwartet hat, dürfte bei einem Besuch des skurrilen Maison Satie entsprechend enttäuscht werden.

der alte hafen in honfleur, frankreich

Von einem englischsprachigen (alternativ französischen) Audioguide begleitet, werden wir schon im ersten Raum von einer riesigen Birne hell hell angeleuchtet (Anspielung auf Saties Stück „Drei Stücken in Birnenform“) in ein anderes Universum, das Universum Satie, entführt. Musikalische Untermalungen und Zitate des Künstlers aus den Kopfhörern mischen sich mit Videoinstallationen und beweglichen Ausstellungsstücken. Ganz oben überrascht uns in einem ausgebauten und vollständig weiß gestrichenen Dachstuhl ein automatisch spielender Konzertflügel.

Wer sich einmal vollkommen vom Reisealltag abkoppeln und sich auf Abstraktes einlassen möchte, kommt in diesem Haus auf seine Kosten. Aufgrund der Begleitung unserer Kinder konnten wir uns auf den Audioguide natürlich schwer konzentrieren und hatten leider zu wenig von der aufwendig gestalteten Ausstellung der etwas anderen Art.

der alte hafen in honfleur, frankreich

Vieux Port, der alte Hafen

Nachdem wir uns die hübschen Antiquitätenläden auf dem Boulevard Charles V. angesehen haben, entdecken wir eine Apotheke in der wir Salbe gegen den Juckreiz und ein Puder zum Austrocknen der mutmaßlichen Windpocken unserer Zweijährigen kaufen.

Anschließend laufen wir am Sitz des früheren königlichen Statthalters, der Lieutenance, vorbei und kommen wir zum alten Hafen. Segelboote schaukeln in einer sanften Brise. Auf der anderen Seite, Jetée de l’Est, müsste das sein, dreht sich ein Riesenrad. Auch hier ist also eine Art Rummel. Aber glücklicherweise besteht dieser hier aus einem stilvollen historisch anmutenden Karussell. Das ist ein Muss für unsere Mädchen. Nach ein paar Umdrehungen kommt wieder der geräuschvolle Abschied, der nur von einer Eiskugel für unsere Kinder abgemildert werden kann. So tropfend und kleckernd können wir nicht in das Musée de la Marine, welches in der Kirche St-Étienne untergebracht ist. Also schauen wir statt dem Marinemuseum lieber dem Treiben von einer Brücke aus zu.

mit dem wohnmobil nach honfleur, frankreich

Sind die Häuser hier echt oder ist Disney World von Paris aus nach Honfleur expandiert, fragen wir uns. Rund um den im 17. Jahrhundert erbauten Hafen drängeln sich vor allem an der Rue Santa Catherine sehr schmale, teilweise mit bis zu acht Stockwerken recht hohe und mit Schiefer verkleidete, Fischerhäuser. Sie sehen in ihrer antiken Gesamtheit in Kombination mit den vielen Restaurants im Erdgeschoss fast schon künstlich aus. Und wirklich, an einer der dunklen Häuserfassaden wurden rot gerahmte Fenster aufgemalt. Ich frage mich, wie es in diesem in Wirklichkeit fensterlosen Haus von Innen wohl aussehen mag, falls was man überhaupt was sehen kann.

mit dem wohnmobil nach honfleur, antiquitätengeschäft, frankreich
Wir spazieren die Rue de Dauphin und ihren köstlich aussehenden Delikatessengeschäften entlang (in denen wir uns eindecken), bis wir zu einem sehr hübschen Papierwarenladen gelangen, wo ich am liebsten alles kaufen würde und dann wegen der Qual der Wahl ohne etwas zu erstehen das Geschäft verlasse.

Qu’est-ce que c’est, was ist das? Schräg gegenüber auf dem Platz „Place Berthelot“ steht etwas, was so ähnlich aussieht die alte Markthalle in Étretat, von der ich schon berichtete. Das müssen wir uns näher angucken. Es ist zum Glück keine Tourifalle-Markthalle. Wir betreten nichts weniger als die zweischiffige Kirche Ste-Catherine. Ein von Schiffszimmerleuten (das Thema „Schiff“ war also gar nicht so weit entfernt) 1468 vollkommen aus Holz geschaffenen Bauwerk mit wunderbaren geschnitzten Votivschiffen. Innen ist sie angenehm warm und es herrscht auch dank der Beleuchtung eine so friedliche und angenehme Atmosphäre, wie ich sie in den einschüchternd hohen gotischen Kirchen Frankreichs fast nie wahrnehmen kann. Hier würden wir gerne mal zu Weihnachten einem Krippenspiel beiwohnen.

karussel am hafen in honfleur, frankreich

Adressen und weitere Informationen

Campingplatz

Campingplatz Le Phare
Boulevard Charles V
14600 Honfleur
www.normandie-sur-mer.fr
contact@oasis-camping.fr
Tel: +33 (0)2 31 89 10 26
Geöffnet von April bis September

Freizeit

Maison Satie
67, Boulevard Charles V.
14600 Honfleur
www.musees-honfleur.fr
musee.eugeneboudin@wanadoo.fr

Öffnungszeiten
Täglich bis auf Dienstag geöffnet
1. Mai bis 30. September: 10 bis 19 Uhr
1. Oktober bis 30. April: 11 bis 18 Uhr
Ab Januar für sechs Wochen geschlossen

Eintrittspreise: 12 Euro inkl. Audioguide, begleitende Kinder unter 10 Jahren zahlen keinen Eintritt

Musée de la Marine
Quai Saint-Etienne
14600 Honfleur
www.musees-honfleur.fr/musee-de-la-marine

Öffnungszeiten
Mitte Februar bis März, Oktober bis Mitte November: Dienstag bis Sonntag 14.30 bis 17.30, Samstag und Sonntag zusätzlich 10 bis 12 Uhr, April bis September: Dienstag bis Sonntag 10 bis 12 Uhr und 14 bis 18.30 Uhr

Eintrittspreise: 3,50 Euro

Kirche Ste-Catherine
Place Berthelot

Öffnungszeiten
Täglich 10 bis 12 Uhr, 14 bis 18 Uhr

Die Besichtigung der Kirche ist nicht kostenpflichtig, aber der Turm ist mit 2 Euro eintrittspflichtig und hat gesonderte Öffnungszeiten

 

Reise- und Etappenführer für Wohnmobilreisen

„Mit dem Wohnmobil durch die Normandie“ (Womo-Reihe), Taschenbuch, 1. Juli 2013

„DuMont direkt Reiseführer Normandie“, Taschenbuch, 25. Juni 2015

„Mit dem Wohnmobil nach Nordfrankreich“ (Womo-Reihe), Taschenbuch, 3. Feburuar 2014

„Tourenführer Frankreichs Norden mit dem Wohnmobil“, Broschiert, 23. Februar 2012

ADAC Campingführer Südeuropa mit herausnehmbarer Planungskarte

ADAC Stellplatzführer Deutschland/Europa mit zwei herausnehmbaren Planungskarten

Etappenführer France Passion

Wohnmobiltour durch Nordfrankreich Teil 12: Unter bunten Lampenschirmen in Amiens unterwegs

mit dem Wohnmobill in der Normandie, Honfleur Strand Plage du Butin
Normandie, Honfleur, Strand Plage du Butin

Gähn, raschel. Bonjour, Normandie! Ich bin die Erste der Familie, die aufwacht und ziehe mich so leise, wie es in einem Wohnmobil möglich ist, um. Das Wetter in der Küstenflussstadt Honfleur ist genauso blendend wie am Vortag und ich nutze die angenehmen morgendlichen Temperaturen, um an dem vom Campingplatz Le Phare nahe gelegenen Strand „Plage du Butin“ zu joggen. Die Ebbe hat den Strand bis auf einige ausgedehnte flache Salzwasserlachen plank gezogen und ich hüpfe umher um keine nassen Laufschuhe zu bekommen. Der Ausblick vom Plage du Butin geht auf die Ölraffinerien von Le Havre oder das, was ich dafür halte. Die weißen Raffenerietürme zeichnen sich am diesigen Horizont ab. Das ist kein gewöhnlicher Anblick. Aber sooo schlimm ist es auch wieder nicht. Eben ungewöhnlich für mich. Der Strand „Plage de Vasouy“ am westlichen Ortsrand von Honfleur, unterhalb der Côte de Grâce, ist sicherlich schöner. Aber weiter weg von unserem Campingplatz Le Phare.

Mit dem Wohnmobil über die Pont de Normandie, in Frankreich bei Le Havre
Mit dem Wohnmobil über die Seine, Pont de Normandie, bei Le Havre

Nach einer Dusche im müffelnden Campingplatz-Badehaus frühstücken wir schnell im Wohnmobil, arbeiten unsere To-Do-Abfahrtsliste ab und tuckern weiter nordöstlich in Richtung Le Havre. Wir passieren zum zweiten Mal auf unserer Nordfrankreich-Tour die spektakuläre 856 Meter lange Schrägseilbrücke über den Seine-Fluss. Allerdings nun gehts es mit uns in die östliche Richtung. Am Ende der Brücke begrüßen uns stumm einige bewaffnete und sonnenbebrillte Soldaten. Frankreich scheint wachsam zu sein. Wir ahnen weshalb. Von unserem Urlaub haben uns die Geschehnisse in Frankreich der ersten Jahreshälfte nicht abgebracht. Im Gegenteil!

Die 170.000 Havrais zählende Stadt Le Havre lassen wir links an der Küste liegen. Dies bedeutet keineswegs, dass die Hafenstadt uns nichts zu bieten hätte, immerhin genießt sie Weltkulturerbestatus. Mich würde schon sehr interessieren, wie die Stadt nach den schweren Zerstörungen des 2. Weltkriegs durch ein Team von 60 Architekten zwischen 1945 und 1954 wieder aufgebaut wurde. Aber es hilft nichts. Wir müssen schlicht und ergreifend Strecke machen, Baby. Doch wir haben eine tolle Zwischenetappe ausgewählt. Unsere nächste Station heißt: Amiens!

Amiens, die Hauptstadt der Picardie

Unsere Wetter App zeigt sportliche 34 Grad Celsius für Amiens an. Wir sind entsprechend verschwitzt und froh, als wir endlich einen Parkplatz (mit Parkuhr) für unser Wohnmobil in der Nähe des „Musicaa Auditorium Dutilleux“ finden und springen hinaus auf den Gehsteig. Obwohl heute eher Badewetter ist, gehen wir über das glühend heiße Pflaster von Amiens. Nicht umsonst wird die – Asterix und Obelix Fans bitte aufgepasst – ehemals gallisch-römische Siedlung als eine der ältesten und kunsthistorisch wertvollsten Städte Frankreichs bezeichnet.

Place de Gambetta in Amiens
Place de Gambetta in Amiens, Sommer 2016

Haben wir eine an der Lampe?

Nach einer kleinen Shoppingattacke im klimatisierten Concept Store mit dem unfranzösisch klingenden Namen „Wanderlust“ sowie in einem wiederum sehr französischen Kinderbekleidungsgeschäft, das ich ansonsten nur durch Onlinebestellungen erreiche, laufen wir mit Tüten bepackt am schmucken Hôtel de Ville, vorbei zum Place de Gambetta. Haben wir jetzt Halluzinationen vor lauter Hitze bekommen? Der Platz ist geschmückt mit dutzenden überdimensionierten bunt gemusterten Lampenschirmen, die an mehreren parallel verlaufenden Schnüren von einer Hausseite zur anderen baumeln. Das lockert den ansonsten sehr geradlinigen Platz ungemein auf. Ein wirklich einladender öffentlicher Raum, der ansonsten von den üblichen verdächtigen Geschäften umgeben ist. Und das Konzept scheint zu funktionieren. In dieser Open-Air-Wohnzimmerathmosphäre braten jüngere wie ältere Anwohner in bunten Sonnenliegen und Kinder spielen im Springbrunnen. Das ist verboten, aber bei dem Wetter meckert kein Gendarm. Das ist ein Bild von Amiens, das ich lange und gut in Erinnerung behalten werde, spüre ich.

Kathedrale Notre-Dame in Amiens
Kathedrale Notre-Dame in Amiens

Abkühlung in Kathedrale Notre-Dame

Nach so viel Lockerheit muss das Kontrastprogramm her. Nebenan werden wir von der Tourismusinfo mit einem Stadtplan versorgt, so dass wir den Weg zu einer der größten Kathedralen Frankreichs, die, welch Überraschung, wieder mal „Notre-Dame“ heißt, gut finden. Die 145 Meter lange und 70 Meter breite Inkarnation feinster gotischer Architektur und Bildhauerkunst ist auch ohne Stadtplan nicht zu übersehen, als wir kurze Zeit später von der Rue Dusevel auf dem „Place Notre-Dame“ stehen und unsere Köpfe staunend in den Nacken legen. Jetzt eine Abkühlung gefällig? Ouiiiiii! Wir betreten das höchste Kirchenschiff Frankreichs und erholen uns von der spätsommerlichen Hitze. Hier ist keine Klimaanlage nötig. Dieses Mitglied des elitären UNESCO-Weltkulturerbe-Clubs ist luftig genug gebaut.

Die Kinder sind bei ihrem Versuch auf dem heiligen kühlen schwarz-weißen Steinfußboden ein Wettrennen zu veranstalten kaum zu bändigen. Die bunten Glasfenster und Rosetten zaubern kitschige Lichtspiele auf die Kirchenwände. Unsere Tochter darf sogar eine Kerze für eine Heilige entzünden. Ich bin von der Architektur der Kathedrale schon sehr beeindruckt. Um die anderen Besucher in ihrer religiösen oder architektonischen Andacht jedoch nicht zu stören, verlassen wir den Sakralbau mit den Kindern bald wieder.

Saint-Leu in Amiens, Klein-Venedig
Saint-Leu in Amiens, Klein-Venedig

Klein-Venedig mitten in Amiens

Die Hitze nimmt uns wieder in ihre klebrigen Arme. Die Kinder möchten ein Eis haben. Wir auch. Ganz in der Nähe der Kathedrale Notre-Dame bewegen wir uns durch das so genannte Klein Venedig des Nordens, Saint-Leu genannt. Und wirklich, der Vergleich der Tourismuswerber kommt mit ein wenig Phantasie schon hin. Kleine Kanäle durchziehen das alte Amiens. Doch viele der eigentlich hübschen Häuser sind verlassen und herunter gekommenen. Aus einem wächst ein Bäumchen aus der Fassade. Schade, dass nicht mehr daraus gemacht wird. Oder ist das vielleicht besser so? Der Tourismus ist hier auf jeden Fall nicht sonderlich auffällig, wie in so manchem Küstenort der Normandie. In anderen Städten Europas wären die Häuser sicherlich schon längst bis zum Get no saniert und dann zu horrenden Preisen an Zugezogene verhökert. Auch in Amiens sehen wir einige „Zu verkaufen“ Schilder in den Fenstern. Es wird also nicht mehr lange dauern…

Zwar halten wir jeder mittlerweile ein Wassereis in den Händen, aber es ist und bleibt für eine Stadtbesichtigung mit Kindern zu heiß. Wir stellen also das Jules Verne Haus und das wunderbare Museum der Picardie für heute hinten an und begeben uns auf den Rückweg. Wir müssen schließlich noch einen Stellplatz für unser Wohnmobil finden. Morgen ist ja auch noch ein Tag für Amiens und seine Sehenswürdigkeiten, n’est-ce-pas?

Auf dem Weg zum Wohnmobil decken wir uns in der Rue Dumeril im Supermarkt Carrefour mit Zutaten fürs unser Abendessen ein und stoßen in der Nähe unseres Parkplatzes wir auf eine Art Baumarkt, wo wir vergebens nach einem möglichst klein zusammen legbaren Campingstuhl suchen. Seit unserem Aufenthalt auf dem Campingplatz Sarl Camping du Casino bei Oye-Plage (Wohnmobil-Tour durch Nordkrankreich Teil 5) fehlt uns bereits eine Sitzgelegenheit. Statt mit einem Stuhl kommen wir jedoch mit einem Tablett (genau das, was unsere Tochter in Berlin vor einiger Zeit versehentlich zertreten hat) und bunten französischen Laguiole Buttermessern heraus.

Kathedrale Notre-Dame in Amiens

Unser Stellplatz auf dem Campingplatz „Parc des Cygnes“

In der Nähe des Friedhofs La Madeleine, auf dem der Schriftsteller Jules Vernes begraben ist, finden wir den Campingplatz „Parc des Cygnes“. Er ist fast leer, obwohl er noch neu und modern aussieht und viel Grün bietet. Schattige Plätze sind leider trotzdem rar. Am Ende unserer Suche finden wir eine halbwegs schattige Wiese, die wir fast für uns alleine haben. Wir packen Tisch und Stühle sowie den Gasgrill aus, weil uns hier nach ankommen ist.

Ich gehe mit unserer Jüngsten erst einmal den Mix aus Sonnencreme und Schweiss abduschen. Ihre Windpocken brauchen dringend etwas Pflege. Anschließend wird sie gegen den Juckreiz weiß gepudert und revanchiert sich auch gleich bei uns. Wir sehen aus, als wären wir in eine Bäckerei eingebrochen.

Nachdem die Kinder im Wohnmobil schlummern, bleiben wir noch lange draußen in der lauen Sommernacht sitzen und genießen den entspannten Tagesausgang im Grünen.

Wohnmobil an der Zufahrt zur Seine-Brückee
Man beachte die Skiausrüstung auf dem Dach mitten im Sommer

Adressen und weitere Informationen

Campingplatz Parc des Cygnes
111 Avenue des Cygnes
80080 Amiens
www.parcdescygnes.com

Place Gambetta
80000 Amiens
Frankreich
www.google.com/maps/place/Place+Gambetta,+80000+Amiens,+Frankreich

Kathedrale Notre-Dame

www.amiens-tourisme.com

Wanderlust Concept Store

www.wanderlust-conceptstore.com

Friedhof La Madeleine
480 rue St-Maurice
80000 Amiens

Musée De Picardie
48 Rue de la République
80000 Amiens
www.amiens.fr

Maison de Jules Verne
2 Rue Charles Dubois, 80000 Amiens
www.amiens.fr/maisonjulesverne

Reise- und Etappenführer für Wohnmobilreisen

„Mit dem Wohnmobil durch die Normandie“ (Womo-Reihe), Taschenbuch, 1. Juli 2013

„DuMont direkt Reiseführer Normandie“, Taschenbuch, 25. Juni 2015

„Mit dem Wohnmobil nach Nordfrankreich“ (Womo-Reihe), Taschenbuch, 3. Feburuar 2014

„Tourenführer Frankreichs Norden mit dem Wohnmobil“, Broschiert, 23. Februar 2012

ADAC Campingführer Südeuropa mit herausnehmbarer Planungskarte

ADAC Stellplatzführer Deutschland/Europa mit zwei herausnehmbaren Planungskarten

Etappenführer France Passion

Wohnmobiltour durch Nordfrankreich Teil 13: Zum Mittelpunkt der Erde in Amiens und dann abtauchen in Dunkerque

Besuch des Jules Verne Museum, Amiens, Frankreich
Besuch des Jules Verne Museum, Amiens, Frankreich

Nach dem Frühstück der am Vortag bestellten Baguettes und Rosinenbrötchen, folgt ein schnelles und eingeübtes Einpacken unseres mobilen Hab und Guts auf den Campingplatz Parc des Cygnes in Amiens. Was uns zur Eile am frühen morgen antreibt? Wir möchten heute den Besuch des „Maison à la Tour“, wie das Jules Verne Museum wegen seines markanten Turms auch genannt wird, nachholen.

Unterseeboot-Modell im Jules Verne Museum, Amiens, Frankreich
Unterseeboot-Modell im Jules Verne Museum, Amiens, Frankreich

Eine Reise in die Vergangenheit und Zukunft zugleich, das Jules Verne Museum in Amiens

Wie die drei von der Tankstelle begrüßen uns die Monsieurs schüchtern aber freundlich, als wir an den Infotresen herantreten, um Eintrittskarten für das Jules Verne Museum zu kaufen. Die drei sehen aus wie Forscher, die sich versehentlich an den falschen Tisch gesetzt haben. Das macht gleich einen authentischen und sympathischen Eindruck auf uns. Nach unserem Besuch des Maison Erik Satie in Honfleur, von dem ich bereits berichtete, sind wir nicht sicher, was uns heute nun erwartet. Wir wissen nur, dass Jules Verne von 1881 bis 1900 in diesem Haus gelebt und hier viele seiner weltberühmten Reiseerzählungen verfasst hat. Statt einem Audioguide bekommen wir einen deutschsprachigen selbst gebastelten Hefter gereicht, dass uns die einzelnen Räumlichkeiten des Hauses erklärt. Die Aufbereitung des Hefters ist rührend und zugleich informativ. Es sind nur wenige andere Besucher zugegen, so dass wir das aus dem 19. Jahrhundert stammende luxuriöse Herrenhaus nahezu für uns alleine genießen.

Modell von Kapitän Nemos Unterseeboot, die Nautilus im Jules Verne Museum
Modell von Kapitän Nemos Unterseeboot, die Nautilus im Jules Verne Museum

Bereits im Wintergarten des Hauses entdecken wir ein zwei Meter langes Modell des Unterseeboots Nautilus, welches vielen aus dem Roman „Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer“ bekannt sein dürfte. Durch seitliche Fenster können wir in das liebevoll möblierte Innere von Kapitän Nemos Zuhause schauen.

Buchtitel von Jules Verne
Buchtitel von Jules Verne

Wir betreten mehrere Salons, die teilweise mit dem original erhaltenen Mobiliar und Geschirr von Jules Verne so ausgestattet sind, dass sie wie so intim wirken, als wenn sie eben erst von ihren Bewohnern verlassen worden wären. Das hat allerdings den Nachteil, dass wir die ganze Zeit auf der Hut sein müssen, damit unsere Kinder nichts umreißen.

 

Das erste Stockwerk ist der Arbeit des fleissigen Schreibers Jules Verne gewidmet. Hier befinden sich der Nachbau des Vernschen Verlegerbüros Hetzel mitsamt den aufwendigst gestalteten Buchtiteln sowie Plakaten und sein winziges Arbeitszimmer in dem er täglich von 5 Uhr morgens an für einige Stunden an seinen Büchern schrieb. Respekt.

auf dem Dachboden gibt es für unsere Kinder einiges zu entdecken
auf dem Dachboden gibt es für unsere Kinder einiges zu entdecken

Besonders spannend für unsere Sechsjährige sind der holzgetäfelte Bootsraum im zweiten Stockwerk (Verne ist viel auf den Meeren gereist und hat auf seinem mobilen Schreibtisch gearbeitet) sowie der abgedunkelte Dachboden mit den von der Decke hängenden fantastischen Modellen von U-Booten und Luftschiffen. Wir sind sehr froh, diese vernsche Zeitreise unternommen zu haben.

 

mit dem wohnmobil durch Nordfrankreich Strand von Dunkerque
mit dem Wohnmobil durch Nordfrankreich, Strand bei Dunkerque, im Sommer 2016

Camping mit Einhörnern in Dunkerque

Unsere reale Reise geht nun auch weiter. Kühlschrank und Tank aufgefüllt, Türen dicht gemacht und weiter rollen wir gen südliche Nordsee. Die nächste Etappe heißt Dunkerque. Manch einem kommen beim Lesen des Stadtnamens vielleicht unheilvolle Erinnerungen aus dem Geschichtsunterricht hoch. Ja, in Dunkerque (deutsch Dünkirchen) tobte 1940 eine furchtbare kriegerische Auseinandersetzung bei der die Stadt nahezu zerstört wurde. Die französischen und britischen Truppen wurden von der Wehrmacht so arg eingekesselt, dass sie nach Großbritannien evakuiert werden mussten.

Die Hafenstadt Dunkerque liegt ganz im Nordosten Frankreichs, nur zehn Kilometer von der belgischen Grenze entfernt und befindet sich unweit von Bray-Dunes-Plages, wo wir den ausführlich beschriebenen unglücksseligen Unfall mit dem Wohnmobil zu Beginn des Urlaubs hatten. Wir sind auf unserer Rücktour gen Berlin demnach ein gutes Stück weiter in Richtung Heimat gekommen als wir Dunkerque am Nachmittag erreichen.

Strand bei Dunkerque
Strand bei Dunkerque

Unser Stellplatz auf dem Campingplatz Municipal de la Licorne

Wir suchen zuerst den städtischen Campingplatz von Dunkerque auf. Er ist nicht besonders schön. Aber für ihn sprechen zwei unumstößliche Argumente: die Lage, der Preis und wenn wir unsere Tochter fragen, auch der Name!  „Licorne“ heißt übersetzt Einhorn. Und dieses edle Fabelwesen steht aktuell bei ihr hoch im Kurs.
Der Campingplatz schmiegt sich an die Dünen „Parc du Vent“, die wiederum am Strand „Malo-les-Bains“ liegen. Zwischen Dünen und Strand spazieren Familien auf einer Promenade auf und ab. Für preiswerte 21 Euro die Nacht bekommen wir einen Eck-Stellplatz nicht weit vom Strandzugangstor, das man nur mit einem Zahlencode von Innen wie Außen öffnen kann. Das ist einer der günstigsten Campingplätze unserer Reise. In Frankreich haben wir manchmal das dreifache dieses Preises bezahlen dürfen um mit unserem mobilen Heim für eine Nacht stehen zu können. Für exklusivere Lagen wird sogar auch mal gerne ein Hundert Euroschein pro Nacht berechnet.

Und was sehen unsere geweiteten Augen auf dem Campingplatz? Das erste Mal seit langem deutsche Autokennzeichen. Sogar ein Berliner Campingbus ist dabei. Wir fühlen uns allerdings nicht eingekesselt. Es gibt auch viele belgische Dauercamper um uns herum und natürlich jede Menge französische Familien.

Bray-Dunes: der nördlichste französisch-belgische Strand
Bray-Dunes: der nördlichste französisch-belgische Strand

Es ist immer noch sehr warm, so dass die Kinder mit uns Abkühlung im Meer suchen, sobald alle Wohnmobil technischen Details der Ankunft gelöst sind. Wir laufen scheinbar ewig ins Meer hinein, ohne dass es merklich tiefer wird. Das findet unsere Kleine aber gut. Alles planscht und freut sich. Surfer, Segler und Stand Up Padler sind in der Ferne auszumachen. Der Strand ist ansonsten angenehm besucht, was mich aufgrund seiner Qualitäten überrascht. Der Sand ist außerdem so sauber und fein, wie ich es selten erlebt habe. Allerdings gibt es im Gegensatz zum Utah Beach hier kaum Muscheln zu finden. Aber gut, die haben wir dort bereits zur genüge gesammelt. Erst als die Flut die Wellen immer stärker gen Land drückt, haben die Kinder genug vom Meer und wir kehren zum Campingplatz zurück.

 

Maison à la Tour in Amiens
Maison à la Tour in Amiens

Adressen und weitere Informationen

 

Maison des Jules Verne
2, Rue Charles Dubios
80000 Amiens

maisondejuleverne.amiens.fr

Camping Municipal de la Licorne
1005 Boulevard de la Europa
59240 Dunkerque

www.campingdelalicorne.com

contact@campingdelalicorne.com

Reise- und Etappenführer für Wohnmobilreisen

„Mit dem Wohnmobil nach Nordfrankreich“ (Womo-Reihe), Taschenbuch, 3. Feburuar 2014

„Tourenführer Frankreichs Norden mit dem Wohnmobil“, Broschiert, 23. Februar 2012

Etappenführer France Passion

ADAC Campingführer Südeuropa

ADAC Stellplatzführer Deutschland/Europa

Wohnmobiltour durch Nordfrankreich Teil 14: Kulturradtour mit Kindern durch Dunkerque

Joggen am Strand bei Dünkirchen

Der entspannte Nachmittag am Meer bei Dünkirchen beziehungsweise Dunkerque hat uns so gut gefallen, so dass wir spontan beschließen, heute noch eine Nacht dranzuhängen. Warum sollten wir den Luxus des Campings nicht genießen und von Tag zu Tag entscheiden, wo wir wie lange bleiben möchten? Unser sensationell günstige Stellplatz auf dem Einhorn-Campingplatz ist glücklicherweise noch frei.

Der Sonnenschirm schlägt Purzelbäume

Vor dem Frühstück jogge ich dem Strand vom Malo-les-Bains bis zu den prachtvollen Villen aus Gründerzeit und Jugendstil hinüber. Kleine bunte Strandhäuschen schlummern in der morgendlichen Stille. Die Ebbe hat bereits eingesetzt. Knallgelbe Bojen liegen auf dem Trockenen.

Nach dem Frühstücksbaguette bepacken wir uns mit einer Ladung Handtücher, einem sonnengelben Sonnenschirm und einer Ausrüstung für allerlei Strandsportgedöns und entladen alles auf der für uns perfekten Stelle dieses riesigen Strandes auf dem gefühlt 500 qm pro Person Platz sind. Es ist etwas windig und der Sonnenschirm schlägt Purzelbäume, wird aber dafür umso tiefer eingebuddelt. Strandtennisbälle fliegen umher. Unsere kleine Tochter und ihr Papa liefern sich ein Match.

Nachmittags satteln wir unsere Fahrräder vom Wohnmobil ab und fahren die Strandpromenade in westliche Richtung von Malo-les-Bains. Heute findet hier am Strand ein Volksfest statt. Alles tanzt, singt, isst, trinkt und feiert. Wir fahren vorsichtige Kurven um die Menschen herum. Am Place du Casino bemerken wir die starken Sicherheitsvorkehrungen. Alle Autos aus der Parallelstraße zum Strand, also die hinter der ersten Häuserzeile der schönen Villen, sind bereits fort oder werden gerade abgeschleppt. Militärfahrzeuge fahren Patrouille. Wir passieren die Straßenkontrollen für Fußgänger und Radfahrer. Pas de problème. Wir schreiben das Jahr 2016. Ein bisher sehr schmerzhaftes Jahr für Frankreich sowie für das gesamte Europa. Wir haben großes Verständnis für diese Maßnahmen.

LAAC in Dunkerque, „Circus“ des niederländischen Künstlers Karel Apel
LAAC in Dunkerque, „Circus“ des niederländischen Künstlers Karel Apel

Show me your darlings, LAAC

Es geht weiter zum nördlich des Stadtzentrums gelegenen LAAC, Lieu d’Artset Action Contemporaire, also ins Zentrum für zeitgenössische Kunst und Aktion, zu schlendern.  Allein schon das Gebäude aus den frühen 80er Jahren ist sehenswert. Es leuchtet uns dank seiner weißen Keramik- und Glasfassade freundlich, einladend und offen entgegen. Eine interessante Kombination, wie ich finde. Um das Gebäude herum ist ein Skulpturenpark angelegt. Der riesige scheinbar wild durcheinander gewürfelte Haufen von Schiffsankern des französisch-US-amerikanischen Objektkünstlers Aman gefällt mir in dieser Nordseeumgebung besonders gut.

 LAAC, Lieu d’Artset Action Contemporaire, Dünkirchen, Dunkerque
LAAC, Lieu d’Artset Action Contemporaire in Dunkerque

Direkt vor dem Haupteingang baden Enten in einem künstlich angelegten Teich in dem ebenfalls Kunstobjekte ihre Heimat gefunden haben. Eine hübsche Oase der Ruhe. Eine kurze Brücke führt hinein ins Museum. Im LAAC selbst ist besuchertechnisch nicht viel los. Wir haben also genug Raum und Zeit um uns ungestört die internationalen Schätze des Hauses aus der 1950 bis 1980er Jahre anzusehen. Im Erdgeschoss, das gleichzeitig als Forum mit zahlreichen Kissen geschmückten Sitzreihen dient, steht ein Boot aus Holz befüllt mit stapelweise prallen bunt gemusterten Kissen, umgeben von einem Meer aus braunen Glasflaschen.

gelegenen LAAC, Lieu d’Artset Action Contemporaire, Dünkirchen, Dunkerque
LAAC, Lieu d’Artset Action Contemporaire in Dunkerque

Im ersten Obergeschoss laufen unsere Mädels begeistert um die Skulpturensammlung mit dem Titel „Circus“ des niederländischen Künstlers Karel Apel herum. Bunte Affen und Elefanten gibt es zu entdecken. Wir müssen sie im Zaum halten damit sie die Skulpturen nicht vor lauter Begeisterung hinauf klettern. Aber besonders faszinierend erscheint ihnen die Skulptur eines Menschen, der von Pflanzen überwuchert ist. Nachdenklich schleichen sie darum herum. Den bunten Trabant von Philippe Hollevout finden sie sehr lustig. Im zweiten Obergeschoss befinden sich zahlreiche Bilder und auch Fotobücher. Darunter auch eines in dem Fotos von Dunkerque während und nach des zweiten Weltkriegs zu sehen sind. Traurig. Insgesamt ist das LAAC dennoch ein lohnenswerter Besuch für uns.

Feuerschiff in Dünkirchen, Bateau Feu, Dunkerque
Feuerschiff am Hafenbecken, Bassin de Commerce, Quai de Citadelle, in Dunkerque

Zur Besuch bei Anne und Sandettie

Unser Ausflug ist mit dem Besuch des LAAC noch nicht zu Ende. Wir wollen sehen, wie Dunkerque heute aussieht und was nach den wahnsinnigen kriegerischen Zerstörungen noch übrig geblieben ist. Wir radeln durch eine mäßig charmante Wohngegend in die City und dann geht es auch schon weiter zum Hafenbecken nahe des Stadtzentrums. Dabei begegnen wir dem Rest der einstigen Befestigungsanlage, dem Turm des Lügners „Tour du Leughenaer“ und erreichen kurz darauf das Hafenbecken namens Bassin de Commerce. Hier am Quai de Citadelle liegen u. a. das weiße eindrucksvolle 92 Meter lange Dreimaster-Segelschiff Duchesse Anne und das Feuerschiff „Bateau Feu“ namens Sandettie.

Im Gebäude des Hafenmuseums, dem Musée Portuaire, einst ein Tabaklager, kaufen wir uns Tickets zur Besichtigung der beiden sehr auffällig gegensätzlichen Schiffe. Wir haben schließlich nicht nur Interesse an Wohnmobilen, sondern auch an Schiffen. Sobald es welche zu besichtigen gibt, sind wir dabei.

Dreimaster-Segelschulschiff Duchesse Anne in Dunkerque
Dreimaster-Segelschulschiff Duchesse Anne in Dunkerque

Im ehemaligen deutschen Segelschulschiff mit dem heutigen Namen Duchesse Anne sind wir fast die einzigen Gäste. Eine freundliche Mitarbeiterin des Museums überreicht uns eine Karte mit einer kleinen Rallye für Kinder, die wir an Bord unternehmen können. Die Kajüten des später als Reparationsleistung nach Frankreich überführten und liebevoll sanierten Schiffs haben wir ganz für uns allein. Ein Nickerchen gefällig? Wir staunen über die kurzen Betten und machen es uns in der Offiziersmesse und in den Hängematten unter Deck gemütlich.

Feuerschiff „Bateau Feu“ Sandettie
Feuerschiff „Bateau Feu“ Sandettie

Das knallrote fast 50 Meter lange Feuerschiff mit den großen weißen Lettern „Sandettie“ an der Seite und dem Lampenhaus finden wir sogar noch spannender. Dieses letzte im Dienst befindliche mit acht Mann besetzte Feuerschiff Frankreichs wurde 1947 in Le Havre gebaut und war bis 1989 auf der Dyck-Bank und der Sandettie-Bank eingesetzt. Eine 100 Tonnen schwere Hauptankerkette hält es im Hafen von Dunkerque an Ort und Stelle. Unter Deck ist alles mit viel Liebe zum Detail derart hergerichtet, so dass es wirkt, als wenn das Schiff gerade erst aus einem mutigen Einsatz zurück gekehrt ist.

Sightseeing

Gerne wären wir noch durch das Museée Portuaire und dort gerade laufende Ausstellung über Bananen gelaufen. Allerdings bin ich total unterzuckert und lechze nach einer herzhaften Stärkung. Deshalb steigen wir auf unsere Räder und machen uns auf die Suche nach einem familienfreundlichen Bistro. Dabei kommen wir am Place Jean-Bart mit dem Denkmal des Kaperkapitäns des 17. Jahrhunderts und am nationalen Kulturdenkmal, dem fast 60 Meter hohen Belfried von Dünkirchen, auch Belfried als Saint-Eloi bekannt, vorbei. Darin soll es unten ein Tourismusbüro und oben eine Aussichtsplattform sowie ein Glockenspiel geben. Dieses einst im 13. Jahrhundert als Wachturm errichtete Bauwerk ist neben dem bereits erwähnten Tour die Leughenaer und dem sehr repräsentativen neoflämischen Rathaus das einzige ältere Gebäude weit und breit. Drum herum puzzeln sich  weniger geglückte Neubauten mit einigen Läden der üblichen Markenketten sowie einige Restaurants zusammen. Es ist insgesamt sehr ruhig hier. Fast alle der 68.000 Einwohner scheinen sich gerade am Strand zu vergnügen.

LAAC, Lieu d’Artset Action Contemporaire, Zentrum für zeitgenössische Kunst und Aktion
LAAC, Lieu d’Artset Action Contemporaire, Zentrum für zeitgenössische Kunst und Aktion

We are watching you

Wir vier haben heute deftigen Appetit auf solche ungesunden Speisen wie Pizza, Steak und Pommes und finden dann endlich ein einfaches Lokal mit ein paar Tischen draußen. Die „Wall Street Pizzeria“ sieht zwar etwas fragwürdig aus, aber laut der Online Bewertungen soll die Pizza dort gut sein. Meine Pizza wird in der Mitte von einem Wachtelei gekrönt, damit es wenigstens einen Hauch französisch schmeckt. Während unsere hungrigen Leiber ihren Bedürfnissen nachkommen, trudeln nach und nach weitere Touristen ein. Im Lokal drinnen sitzen die Anwohner, wie ich beim Gang zu den WCs bemerke. Je mehr Gäste draußen sitzen und auf das Trottoir krümmeln, desto mehr Silbermöwen umzingeln uns. Und ich meine damit keine niedlichen kleinen Möwen, sondern riesige Viecher mit einer Größe stattlichen 50 Zentimetern.

hungrige Silbermöwenvor der Wall Street Pizzeria in Dunkerque
hungrige Silbermöwenvor der Wall Street Pizzeria in Dunkerque

Sie beobachten uns, beziehungsweise vielmehr unsere Speisen, auf ihre ureigene typische grimmige Möwenart aus verschiedenen Perspektiven. Eine Möwe balanciert auf dem Dachsims des Restaurants, eine weitere harrt gegenüber auf einem anderen Häuserdach der Dinge. Eine dritte lauert auf einem Straßenschild. Die fedrigen Bodentruppen umzingeln unseren Tisch in immer enger werdenden Abständen. Die totale Möwenüberwachung. Sicherlich noch exakter als jede Kamera und schneller in der Reaktion als die Polizei. Eine Möwenmutter spaziert mit ihrem Jungen nebenan ganz selbstbewusst ins Subway Lokal hinein. Alle Gäste lachen sich kaputt, wir inklusive. Diese Möwen sind fast so frech wie unsere Berliner Spatzen. Ein paar ausgewachsene Füchse aus unserer Heimat hätten hier eine prima Herausforderung.

Camping Municipal de la Licorne, Malo-les-Bains bei Dunkerque an der französischen Nordseeküste
Camping Municipal de la Licorne, Malo-les-Bains, bei Dunkerque an der französischen Nordseeküste

Nachdem wir das Promenadenfest in umgekehrte Richtung passiert und die Kinder im Alkoven schlummern, klettern wir aufs Dach unseres Wohnmobils. Das Knallen und Flackern am Abendhimmel lockt uns. Und wir erleben ein fulminantes nicht enden wollendes Feuerwerk. Immer wenn wir schon fast am Hinunterklettern waren, erscheint erneut ein Glitzern und Funkeln über der Nordsee. Was für ein bewegender Abschluss für unseren letzten Abend in Frankreich. Vielen vielen Dank für Eure Gastfreundschaft, liebe Französinnen und liebe Franzosen. Wir kommen sehr gerne wieder zu Euch.

Dreimaster Duchesse Anne in Dünkirchen, Dunkerque
Dreimaster Duchesse Anne in Dünkirchen, Dunkerque

Adressen in Dunkerque/ Dünkirchen

Lieu d’Artset Action Contemporaire (LAAC), Zentrum für zeitgenössische Kunst und Aktion
302 Avenue des Bordées
59140 Dunkerque
Frankreich
www.musees-dunkerque.eu

Hafenmuseum Musée Portuaire, Duchesse Anne und Feuerschiff
Quai de la Citadelle
59140 Dunkerque
Frankreich
www.museeportuaire.com

Touristeninformationszentrum von Dunkerque/ Dünkirchen
Office de Tourisme et des Congrès de Dunkerque Dunes de Flandre
Le Beffroi
Rue de l’Amiral Ronarc’h
59140 Dunkerque
Frankreich

Bistro Wall Street Pub
2 Rue nationale
59140 Dunkerque
Frankreich

Camping Municipal de la Licorne
1005 Boulevard de la Europa
59240 Dunkerque

www.campingdelalicorne.com

contact@campingdelalicorne.com

Reise- und Etappenführer für Wohnmobilreise

„Mit dem Wohnmobil nach Nordfrankreich“ (Womo-Reihe), Taschenbuch, 3. Feburuar 2014

„Tourenführer Frankreichs Norden mit dem Wohnmobil“, Broschiert, 23. Februar 2012

Etappenführer France Passion

ADAC Campingführer Südeuropa

ADAC Stellplatzführer Deutschland/Europa